Zehn Dinge, die wir lieber nicht getan haetten
uns abgeholt habt.«
Hudson sah seinen Bruder an und verdrehte die Augen, dann wandte er sich mir zu. »Gib einfach Bescheid, wenn ich dir nach der Schule Starthilfe geben soll«, meinte er.
»Danke. Vielleicht komm ich auf dein Angebot zurück.«
»Jederzeit«, meinte Hudson noch über die Schulter, während er den Flur hinuntereilte.
Ich hab also was drauf, wie? Ich straffte die Schultern und machte mich auf den Weg in mein Klassenzimmer.
AUF DEM WEG ZUR MATHESTUNDE
»Und, wie war die zweite Nacht?«, wollte Marissa wissen, als wir uns nach Englisch trafen und gemeinsam den Flur runtergingen zum Matheunterricht. »Erzähl mir alles.«
»Lustig war’s. Wir haben Spaghetti gekocht. Haben ferngesehen. Sind lang aufgeblieben und haben gequatscht.«
»Oooh, ich bin ja so neidisch«, meinte sie seufzend.
»Na ja, weniger toll ist, dass ich mich am Sonntag nicht aufraffen konnte, meinen Motor ein wenig laufen zu lassen, und jetzt ist die Batterie tot.« Ich riss mich selbst am Riemen, bevor ich noch was von der Spülmittelkatastrophe heute Morgen erzählte, weil es mir ein bisschen peinlich war, dass ich alles versiebte, seit ich bei Vi eingezogen war. »Aber egal, nicht so schlimm. Und bei dir?«
»Ich hab meine Bewerbung für Israel fertig«, meinte sie. »Endlich.«
»Gratuliere!«
Marissa wollte sich für ein Sommerprogramm bewerben, den sogenannten Kinneret-Israel-Trip. Das Großcamp, an dem sie jedes Jahr teilnahm, schickte insgesamt fünfzig Juniors auf eine komplett kostenfreie Reise nach Israel. Aaron, ihr Freund vom Sommercamp, und Shoshanna sowie Britanny, ihre Freundinnen vom Camp, hatten sich ebenfalls beworben.
Ich war eifersüchtig.
Marissas Campfreunde hatten sie den ganzen Sommer über für sich.
»Wann kriegst du denn Bescheid?«, erkundigte ich mich und folgte ihr ins Klassenzimmer. Ein Teil von mir hoffte, sie würde den Platz nicht bekommen. Ein schrecklich selbstsüchtiger Teil von mir, der echt keine gute Freundin war.
»Irgendwann im März«, meinte sie.
»Viel Glück«, sagte ich.
Eine Sekunde später kam Lucy Michaels, auch bekannt als der Spion, der gern Amateurfilmchen drehte, hereingeschlendert
und setzte sich neben uns. »Wie geht’s deinem Auto?«, fragte sie mich mit weit aufgerissenen Augen.
»Äh ...« Woher wusste sie das mit meinem Wagen? »Ganz gut.«
»Echt? Heute Morgen sah es aber ziemlich eingeschneit aus.«
»Stimmt«, entgegnete ich. »War es. Wie konntest du denn mein Auto sehen?«
»Ich wohne ganz in der Nähe von Vi, nur zwei Häuser weiter.«
»Oh.« Das war gar nicht gut.
»Und warum hast du bei Vi übernachtet?«, wollte Lucy wissen. »Du bist ja schon seit Samstag dort.«
Elende Stalkerin ...
»Mein Dad ist nach Ohio gezogen, also wohne ich jetzt da«, erklärte ich. »Bei Vi. Und ihrer Mom.« Sie konnte ja nicht ahnen, dass Vis Mutter gar nicht da war. Das konnte sie einfach nicht wissen.
Lucy warf mir ein berechnendes Grinsen zu. »Höchst interessant.«
Miss Franklin kam ins Zimmer. Sie war ungefähr Anfang dreißig und war eine von diesen jungen, scharfen Lehrerinnen, die immer total süße Outfits anhatte. Alle Jungs standen voll auf sie. »Ihr seid dann hoffentlich alle so weit«, meinte sie und klatschte in die Hände. »Ich werde euch dieses Halbjahr ganz schön auf Trab halten.«
Ich warf Lucy einen verstohlenen Blick zu, denn ich hatte die leise Befürchtung, dass Miss Franklin da nicht die Einzige sein würde.
DIE BEGEGNUNG
Marissa und ich stürmten aus dem Klassenzimmer, ehe Lucy uns folgen konnte. An der Tür entdeckten wir Noah und Corinne, die gerade auf der anderen Seite des Flurs aus Wirtschaft bei Mr Gregory kamen. Mein Magen verkrampfte sich. Jetzt musste ich mir im Matheunterricht gleich immer doppelt Gedanken machen – weil Lucy mich auf Schritt und Tritt beobachtete und weil Corinne an Noah dranhing wie eine Klette. Ich fand es doof, dass wir keinen Unterricht zusammen hatten, und sie hatte wenigstens einen Kurs mit ihm. Als ich sah, wie die beiden gemeinsam über wer weiß was lachten, spannten sich meine Schultern sofort wieder an. Vielleicht war ich ja paranoid wegen nichts und wieder nichts, aber falls man Corinne zufällig ein begehrtes Praktikum irgendwo im nördlichen Sibirien angeboten hätte, wäre ich nicht im Geringsten traurig gewesen. Wenn nur sie und nicht Marissa auf diese Reise nach Israel gehen würde.
»Hey, Noah«, rief Marissa.
Er sah auf und blinzelte, als hätte man ihn mit
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