Zehn Jahre nach dem Blitz
Sinn für Adams; er verstand jetzt, worauf seine Arbeit für die Natural World in den dreißig Jahre zurückliegenden Ausgaben hinauslaufen sollten.
Aber, und daß ließ ihn in Einfältigkeit erstarren, es ließ die Gewandtheit seines Verstandes verlöschen, so daß er nur stumpf der Unterredung zwischen Brose und Lindblom folgen konnte, die offensichtlich beide den Zweck des Ganzen verstanden – was man von ihm nicht sagen konnte.
Warum wollte die Estes-Park-Regierung Runcible vernichten? Wessen hatte er sich schuldig gemacht – oder zumindest, welche Bedrohung stellte er für sie dar?
Louis Runcible, der Wohnstätten für die Tanker errichtete, die, in der Erwartung, den Krieg in vollem Gange vorzufinden, an die Oberfläche kamen, nur um festzustellen, daß der Krieg seit Jahren beendet und die Erdoberfläche ein einziger großer Park war, in dem die Villen und Domänen der kleinen Elite standen ... Warum, fragte sich Adams, muß dieser Mann geopfert werden, wo er doch eine so offenkundige lebenswichtige Aufgabe erfüllte? Nicht nur für die Tanker, die heraufkommen und irgendwo leben müssen, sondern auch für uns, die Yance-Leute. Denn – und wir alle wissen es und akzeptieren es – die Tanker, die in Runcibles Wohnanlagen leben, sind Gefangene, und die Wohnanlagen stellen nichts anderes dar als Reservate – oder, wie das modernere Wort dafür lautet, Konzentrationslager. Den unterirdischen Ameisentanks vorzuziehen, aber dennoch Lager, die sie nicht, auch nicht für kurze Zeit, verlassen können – gesetzlich festgelegt. Und wenn es einem Paar oder einer Bande von ihnen gelingt, sich unrechtmäßig davonzuschleichen, ist es General Holts Armee hier in Wes-Dem oder Marschall Harenzanys Armee in Volks-Pakt, jedenfalls aber ein Heer von erprobten, unerschrockenen Bleiernen, die sie aufspüren und zu ihren Schwimmbädern, 3-D-TV und teppichbodenbelegten Wohnsilos zurückbringen.
Laut sagte er: »Lindblom, ich stehe mit dem Rücken zu Brose. Er kann mich also nicht hören. Aber du kannst mich hören. Ich möchte, daß du ihm unauffällig den Rücken zukehrst; komm nicht näher zu mir – dreh dich einfach nur um, so daß du nicht ihm, sondern mir das Gesicht zukehrst. Und dann erklär mir, um Gottes willen, warum.«
Nach einer kurzen Pause hörte er, wie Lindblom sich bewegte. Und dann sagte: »Warum was, Joe?«
»Was haben sie gegen Runcible?«
Lindblom gab zurück: »Wußtest du das nicht?«
Brose rief vom Schreibtisch herüber: »Keiner sieht mir ins Gesicht: bitte drehen Sie sich um, damit wir mit den Entwürfen für das Projekt fortfahren können.«
»Sag es mir«, knirschte Adams zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während er aus dem Bürofenster zu den anderen Agenturgebäuden hinaussah.
»Sie glauben, daß Runcible systematisch einen Ameisentank nach dem anderen informiert«, sagte Lindblom. »Darüber, daß der Krieg vorüber ist. Irgend jemand tut es. Soviel ist bekannt. Webster Foote und seine Außenmitarbeiter haben es in einer Routinebefragung von Tankern herausgefunden, die vor einem Monat an die Oberfläche kamen.«
Mit wachsendem, mißtrauischem Verdruß beklagte sich Brose: »Was geht hier vor? Sie beide unterhalten sich.«
Auf diese Worte hin wandte sich Adams vom Fenster ab und sah Brose ins Gesicht. Auch Lindblom wandte sich wieder zu dem zusammengestückelten Ungeheuer um, das sich auf unerklärliche Weise in den Sessel am Schreibtisch gezwängt hatte. »Wir unterhalten uns nicht«, erklärte Adams. »Wir denken nur nach.«
Lindbloms Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Es zeigte nur leere, steinerne Unverbindlichkeit. Ihm war eine Aufgabe übertragen worden; er hatte die Absicht, sie zu erfüllen. Durch sein Verhalten gab er Adams die Empfehlung, es ihm gleichzutun.
Aber wenn es nun gar nicht Runcible war. Wenn es ein anderer war.
Dann war dieses ganze Projekt, die gefälschten Gegenstände, die Artikel in der Natural World, das »Durchsickernlassen« der Funde, die Klage vor dem Rekonstruktionsrat, die Vernichtung von Runcibles ökonomischem Imperium, seine Einkerkerung, das alles war sinnlos.
Joseph Adams schauderte. Denn, im Gegensatz zu Brose, anders als Verne Lindblom und Robert Hig und alle anderen, die mit dem Projekt zu tun hatten – wurde er das entsetzliche Gefühl nicht los, daß ein schwerer Fehler begangen wurde.
Und sein Gefühl würde dem Projekt keinen Einhalt gebieten.
Nicht im geringsten.
Adams kehrte Brose erneut den Rücken zu und sagte:
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