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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pjhilip K. Dick
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Hauptstromkreis, der sie lenkte, die Uhr, wie sie die Techniker der Kriegszeit, die die Maschine gebaut hatten, genannt hatten, trachtete danach, eine wichtigere Aufgabe als die Erhaltung des Gleichgewichts zu erfüllen.
    Nachdem die Maschine die beweglichen Phasen ihrer Aufgabe erfüllt hatte, die von der Körperwärme und dem Atemrhythmus bestimmt worden waren, unternahm sie jetzt den Versuch, die genaue Lage des schlagenden Herzens des schlafenden Mannes im Bett zu ermitteln.
    Das gelang ihr nach einer Pause von wenigen Minuten; sie verschloß ihr Wahrnehmungssystem, konzentrierte sich auf das schlagende Herz, das sie mit Hilfe ihrer stethoskopischen Sensoren in ihrem Innern aufspürte, und dann trat rasch die nächste Phase in Aktion. Sie konnte jetzt, da das schlagende Herz geortet war, nicht mehr zögern; sie mußte entweder sofort handeln oder gar nicht.
    Aus einer Öffnung im oberen Lid nahm sie einen Zyanidpfeil, der über einen Eigenantrieb verfügte. Mit außerordentlich geringer Geschwindigkeit, so daß Kursänderungen noch im letzten Sekundenbruchteil möglich waren, flog der Pfeil von der aufgerichtete Maschine auf ihr Ziel zu, schwenkte, als ein Zeichen von der Maschine anzeigte, daß eine unwesentliche Kurskorrektur notwendig war, leicht ab – und dann drang die Pfeilspitze in die Brust des schlafenden Mannes.
    Augenblicklich stieß der Pfeil seine Giftladung aus.
    Der Mann starb, ohne noch einmal zu erwachen.
     
    Von einem komplizierten, aber golddrahtfeinen Band an seinem Hals, das eine Vielzahl von elektronischen Röhren und Klappventilen enthielt, ging eine Reihe von Funkimpulsen aus, die ohne zeitliche Verzögerung von größeren Geräten, die unter dem Bett befestigt waren, aufgefangen wurden. Diese größeren Geräte, ausgelöst durch das feingearbeitete Halsband, das augenblicklich auf den Stillstand des Blutkreislaufs und der Herztätigkeit reagiert hatte, sandten nun ihre eigenen Signale aus.
    Ein – hörbarer – Alarm wurde ausgelöst; der ganze Raum hallte von dem Lärm wider. In anderen Teilen der Villa wurden Bleierne aufgescheut und stürmten mit heftigen Bewegungen und in rasender Geschwindigkeit auf das Schlafzimmer zu. Ein weiteres Signal löste einen verschlüsselten Anruf an die Bleiernen aus, die um das Gebäude herum aufgestellt waren; sie fuhren aus ihrer Untätigkeit auf, eilten auf das Gebäude zu und reihten sich unter dem Schlafzimmerfenster an der Wand auf.
    Der Todesalarm des Mannes hatte die fünfzig verschiedenen Bleiernen geweckt, die sein Gefolge umfaßte, und sämtliche Bleiernen liefen, von den Impulsen des größeren Gerätes unter dem Bett geleitet, am Schauplatz des Mordes zusammen.
    Die Maschine stellte nun, da sie den Pfeil verschossen hatte, den Herzstillstand fest; daher erwärmte sie erneut ihre Hülle, ließ sich auf alle vier Räder nieder und wurde quadratisch wie zuvor. Da ihre Aufgabe erledigt war, entfernte sie sich vom Bett.
    Und dann fingen winzige Antennen an ihrer Vorderseite die Funksignale auf, die von dem großen Sender unter dem Bett ausgingen. Und sie wußte, daß sie nicht entkommen konnte.
    Unter dem Fenster, dessen Glasscheibe einem leeren, gähnenden Eingangsloch gewichen war, erklang die Stimme eines Bleiernen vom Typ VI in voller Lautstärke: »Sir, wir wissen, daß Sie sich da drinnen befinden. Versuchen Sie nicht, zu fliehen. Ein Polizeidienstbeauftragter ist auf dem Weg; bitte bleiben Sie, wo Sie sind, bis er hier ist.«
    Auf ihren kleinen Rädern rollte die Maschine von dem Bett fort, auf dem der tote Mann lag; sie bemerkte die Bleiernen hinter der Schlafzimmertür, die im Flur warteten, und die Bleiernen unter dem Fenster, Bleierne überall, generalstabsmäßig aufmarschiert. Sie kehrte in den Raum zurück, der an das Schlafzimmer angrenzte und durch den sie zuerst eingedrungen war. Dort blieb sie stehen, ließ, einer nachträglichen Eingebung folgend, einen Tropfen Blut auf den Teppich fallen – und drehte sich dann in alle Richtungen, bis sich alle Schaltungen, die von der Uhr in ihrem Innern gelenkt wurden, abstellten, da der Hauptstromkreis die Unausweichlichkeit der Lage anerkannte: alle Ausgänge waren versperrt, und keine Bewegung war mehr möglich. Daher setzte klickend die letzte Phase des Schaltsystems ein.
    Nichts blieb, das Ende war erreicht. Ein Schwanken zwischen zwei entgegengesetzten Impulsen – dem Drang, zu fliehen und der Notwendigkeit, sich zu tarnen – war zugunsten des letzteren entschieden; in der

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