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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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sollten. Nur zweimal im Jahr bekam er üblicherweise Mail auf diese Adresse: zu seinem Geburtstag und zum Jahreswechsel. Er öffnete die Meldung und las:
     
    Lieber Vic,
    entschuldige, wenn ich dich störe, aber ich muss das einfach loswerden. Vor ein paar Tagen habe ich eine umwerfende Frau zufällig kennen gelernt und morgen (Sonntag) begleitet sie mich bereits auf einer Tour mit deinem fantastischen Boot. Vic, du wirst es nicht glauben, aber ich bin total verknallt wie ein Teenager. Übrigens: die Tubes kommunizieren! Ich hoffe, dir geht es auch gut.
    Nick
     
    Er grinste und brummte in seinen Bart: »Der gute Nick, bis über beide Ohren verliebt.« Das war wirklich neu. Er holte noch eine Flasche aus dem Kühlschrank und legte sich entspannt in seine Hängematte. Von hier oben hatte er freie Sicht auf das spektakuläre Farbenspiel der untergehenden Sonne über seiner Bucht. Nachdenklich schaute er auf die rotweiße ›Emily 2‹ hinunter, die am Ufer geduldig auf die nächste Touristenladung wartete. Nein, er war noch nicht soweit, noch nicht bereit, wieder unbeschwert mit seiner alten Welt zu kommunizieren.
Vics Boot
     
    Irgendwann in der Nacht beschloss Nick, dass er sich geirrt hatte. Ein Gespräch seiner Julie mit ihrem gefürchteten Verfolger durfte nicht sein, also hatte es nicht stattgefunden, und er hakte die Episode ab, ohne sich an der verdrehten Palmström-Logik zu stören. Als er Stunden später im Cockpit von Vics Boot stand, beschäftigten ihn weit angenehmere Gedanken. Vor ihm saß Julie mit so gut wie nichts am Leib im Bug auf der Schiffshülle und ölte sich ein. So sehr er sich anstrengte, er konnte nicht verhindern, dass sein Blick immer wieder auf ihrem geschmeidigen Körper ruhte.
    »Sie könnten sich dabei nützlich machen«, spottete sie, als sie ihn dabei erwischte, wie er sie anstarrte. Sie lag auf dem Bauch und hielt ihm die Flasche mit dem Sonnenschutzmittel entgegen. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, meinen Rücken einzureiben?« Verlegen drehte er das Gas etwas zurück, schaltete den Autopiloten ein und kletterte zu ihr auf die Bughülle. Heiliges Kanonenrohr! Sie hatte ihr Oberteil geöffnet, damit er auch ja jedes Fleckchen einölen konnte. Sie ließ nichts aus, spielte das neuzeitliche Verführungsritual konsequent weiter, das war ihm klar, und doch ließ er sich willig bezirzen. Um seine Unsicherheit zu verbergen, murmelte er naiv:
    »Ich dachte, mit Ihrer Haut brauchen Sie diese Chemie nicht.«
    »Leider doch, nur weniger. Überdies duftet es nicht schlecht.« Sie schaute nach hinten und forderte ihn auf, kräftiger zu reiben. Das Ritual! , schoss es ihm durch den Kopf. Als er fertig war, richtete sie sich auf, setzte sich mit nackten Brüsten neben ihn und fragte beiläufig: »Wo sind wir?«
    »Point Vicente - der Leuchtturm«, stammelte er blöde, während sein Blick an ihren Rundungen klebte. Der scharfe Ton eines Schiffshorns riss ihn aus seiner Starre. Eine zweite Sea Ray kam ihnen entgegen und grüsste beim Passieren. Nick zog sich eilig ins sichere Cockpit zurück und beantwortete den Gruß, wie es sich unter Skippern gehörte.
    »Darf ich auch mal?«, rief sie lachend, winkte jedoch gleich wieder ab, denn sie hielt nichts von solch lautem Imponiergehabe. Inzwischen hatten sie die Palos Verdes Halbinsel umrundet, die schlanke weiße Säule des Point Vicente Leuchtturms hinter sich gelassen und folgten nun gemächlich dem Catalina Channel nach Süden. Ihr Ziel war das Städtchen Avalon auf der kleinen Insel Santa Catalina, etwa vierzig Kilometer vor der Küste von Long Beach. Als es ihr zu heiß wurde, stieg Julie unter das Verdeck zurück und stellte sich ans Ruder. Sie trug beide Teile des Badeanzugs, und Nick konnte wieder freier atmen. »Das ist wohl das Gas«, sagte sie und zog auch schon beide Hebel neben dem Steuerrad nach unten bis die Motoren stoppten. »Ich muss mich mal abkühlen. Was ist, kommen Sie auch ins Wasser?«
    »Das geht nicht gut, einer sollte im Boot bleiben. Passen Sie auf, es dürfte recht frisch sein.« Er wusste, dass die Wassertemperatur hier auch im Hochsommer kaum über zwanzig Grad stieg und verspürte wenig Lust auf ein Bad. Sie prustete, als sie sich von der Schwimmplattform ins Wasser gleiten ließ. »Ich hab's ja gesagt«, grinste er schadenfroh. »Sie haben Glück, dass wir hier mitten im Kanal sind. Näher an der Küste wär's noch wesentlich kälter. Hat mit der Strömung auf dem Schelf zu tun, habe ich gelesen.«
    »Sie sind ja sehr

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