Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
überleben. In dieser Hinsicht waren wir wie ... James Bond ... oder Ray Liotta in dem Film Goodfellas.«
Ich falle etwas aus der Rolle, doch mein Gastgeber rettet mich.
»Oder wie die ersten Jünger Jesu.«
»Ja! Genau. Danke, Gutmunduhr. Wir waren wie die Apostel. Wir mussten uns verstecken. Wir mussten vorsichtig sein. Aber wir haben nie gezweifelt. Gott hat uns den Weg gewiesen. Er war das Licht auf unserem Weg durch die dunklen Straßen der Diktatur.«
»Und du warst ein junger Mann aus Amerika?«
»Ahm ... Ja. Ja, genau. Ich war der junge David. David Friendly, ein ... junger Mann aus Vienna in Virginia. Was zum Teufel mich in diesen entlegenen Winkel Europas geführt hat? Ich war ... ich wurde dort als Missionar hingeschickt. Ich ... ich war ... zu Hause war ich ein ziemlich böser Junge, ein Problem-Jugendlicher, wie man sagt. Ein sehr böser Junge. Anstatt meine Hausaufgaben zu machen, habe ich geklaut und Mädchen gefickt.«
Ich fühle, wie das Lächeln auf Gutmunduhrs Gesicht gefriert. Ich muss aufpassen, was ich sage.
»Aber ich habe es immer in der Missionarsstellung gemacht.«
Scheiße. Ich bin immer noch betrunken. Ich erlaube mir sogar, etwas zu lächeln. Die alte Frau in der ersten Reihe schließt für zwei Sekunden ihre Augen.
»Verzeihung. Aber ... aber die Geschichte geht ja noch weiter. Einmal bin ich mit zwei Freunden in die Kirche gegangen. Zum Klauen. Wir sind mit ein paar Kerzenständern, Kelchen und so Kram weggelaufen, und ich war der Letzte, weil ich auch damals schon, wie jetzt, von der etwas kräftigeren Sorte war.«
Ich kann sehen, wie Zickrita auf ihre süße und diskrete Art lacht.
»Meine Freunde waren also schon draußen, als ich auf einmal ein Licht sah und diese unglaubliche Stimme hörte: >Nimm all das Silber, das du tragen kannst, Bruder Judas. Deine Seele wirst du damit nicht vor der Verdammnis retten!< Ich habe mich nicht einmal getraut, mich umzusehen. Nur eine Sekunde angehalten, bevor ich zur Tür rannte und hinaus in die Dunkelheit. Ich bin entkommen, aber den Worten konnte ich nicht entkommen. Sie verfolgten mich. Vielleicht, weil ich nicht wusste, wer sie gesagt... gesprochen hatte. Die Stimme war sehr tief ... eine tiefe Männerstimme, und ich dachte bei mir: Das war die Stimme Gottes. >Deine Seele wirst du damit nicht vor der Verdammnis retten!< Tagelang lasteten diese Worte auf meiner Seele. Bis ich schließlich zurück in die Kirche ging, mit den Kerzenständern ... all dem, was ich gestohlen hatte. Ich legte alles auf eine Bank und wollte gerade wegrennen, als ich wieder diese Stimme hörte. Es war der Priester. Wir redeten lange miteinander. Und ein halbes Jahr später fand ich mich auf den Straßen von Sarajevo wieder und las aus dem Evangelium. Mit einer Taschenlampe.«
Ich lächele. Das hat gesessen. Father Friendly wäre stolz auf mich.
»Halleluja! Mein Bruder im Glauben. Halleluja«, ruft mein isländischer Kollege. »Du bist wie der Apostel Paulus. Du hast dasselbe erlebt wie er. Bist du auch erblindet?«
»Was?«
»Warst du von dem Licht geblendet?«
»Meinst du, in der Kirche? Ja, natürlich. Auf jeden Fall. Ich war total geblendet von dem Licht. Deswegen musste ich ja stehenbleiben.«
Da bekommt Gutmunduhr wieder dieses Rentiergesicht. Offener Mund, glühende Augen. Er sieht mich an, als hätte ich den Atlantischen Ozean bis runter zu den Kanarischen Inseln geteilt, damit sein Volk trockenen Fußes in die Ferien kommt. Er legt mir die Hand auf den Kopf, als ob er mich taufen wollte. Plötzlich spricht er Englisch, als wäre es seine Muttersprache:
»Der Herr segne dich und behüte dich, mein Bruder im Glauben. Halleluja! Amen. Die Kraft und Herrlichkeit des lebendigen Gottes sei mit uns allen. Halleluja! Der Herr segne dich, Father Friendly. Denn du bist auserkoren. Du bist erlöst.« Dann nimmt er seine Hand von meinem kahlen Schädel und sieht in die Kamera. »Denn so steht es geschrieben in der Apostelgeschichte, im neunten Kapitel, über Saulus, diesen normalen Mann aus Tarsus, der Scharfrichter für die römische Besatzungsmacht war und nach Damaskus geschickt wurde, auf dass er die Christen in Fesseln nach Jerusalem bringe. Aber auf seinem Weg, bevor er Damaskus erreicht, ist da auf einmal das großartige Licht des Himmels, und eine Stimme spricht zu ihm: >Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich?< Und Saulus sagt: >Wer bist du?< Und die Stimme sagt: >Ich bin der Herr.< Und der Herr befiehlt ihm aufzuhören, die Christen zu
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