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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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kleinen Laden Ecke Houston und Thompson. Sie bediente mich. Ich gab ihr so viel Trinkgeld, wie ich konnte. Sieben Mal musste ich kommen, bevor Munita mir erlaubte, sie zum Lächeln zu bringen. So viel zu Miss-Manhattan-Matratze. Sieben verschiedene Pizzen musste ich bestellen, bevor ich den Geheimcode ihres Herzens geknackt hatte. Es war schwarze Oliven, rote Zwiebeln und Rucola. Rucola. Noch Monate danach aß ich nur Rucola-Burger und Rucola-Pasta. Es dauerte weitere drei Monate, bis wir uns zum ersten Mal küssten. Es war ein langwieriger Prozess. So musste man sich fühlen, wenn man ein Gesetz durch Senat und Repräsentantenhaus bringen möchte. Eigentlich gar nicht mein Stil.
    Ich verstehe immer noch nicht, warum sie sich mir gegenüber so geziert hat, während die unverheirateten Männer im Trump-Tower nur auf den Fahrstuhlknopf drücken mussten. Alle vier Wochen kletterte sie ein Stockwerk nach oben. Ihre Lehrjahre waren echte Herrenjahre.
    Ich stehe auf einem Platz in der isländischen Hauptstadt um 5:02 Uhr morgens wie ein zum Tode verurteilter Verbrecher, der auf seinen Henker und eine aufgebrachte Volksmenge wartet. Aber niemand ist da. Ich höre nichts außer dem orangefarbenen Müllmonster, das sich langsam die Straße hinunter saugt, und einem einsamen Raben, der von einer kleinen Uhr in der Mitte des Platzes herabkrächzt. Der Wal-Berg auf der anderen Seite der Bucht ist bis zu seinem bläulichen Fuß im Nebel verschwunden. Ich gehe in seine Richtung.
    An der nächsten Straßenecke wartet ein graues Auto auf grün. Eine dickliche Blonde, Tag 16, sitzt am Steuer. Bestimmt auf dem Weg zur Arbeit. Wie oft habe ich an ihrer Stelle gesessen, früh am Morgen an einer roten Ampel gewartet, im Herzen einer mir unbekannten Stadt, kein Auto im Rückspiegel und den alten Willie Nelson in allen Lautsprechern: »To all the girls I've loved before ...«
    Mindestens die Hälfte meiner 66 Morde waren für den Vormittag angesetzt. Der Morgen ist zum Morden da. Niemand rechnet zum Frühstück mit einer Kugel.
    Ich gehe am Meer entlang. Ein Schutzwall aus großen Steinen säumt die Uferlinie und erinnert daran, dass unter der spiegelglatten Wasseroberfläche eine Bestie lauert. Mein verrückter Kollege. Der asphaltierte Fußweg verläuft zwischen den Steinen und einer totenstillen Ausfallstraße. Munitas bläulicher Kopf taucht vor mir auf, schwebt in der Luft wie eine große haarige Spinne. Ich gehe weiter, spreche mit mir selbst und mit ihr. Ich bin gefangen auf der Kühlschrankinsel und habe sonst niemanden zum Reden.
    Meine Nummer 42 war ein glückloser Geschäftsmann aus Winnipeg/Kanada, der Dikan Geld schuldete. Ich musste 45 Stockwerke hochfahren und mich in sein kleines Hotelzimmer einlassen. Als ich hineinkam, machte er gerade irgendwelche Yoga-Übungen auf dem Doppelbett - die Beine hingen in der Luft, sein Arsch war zu mir gedreht. Er sah den Tod nicht kommen, bis ich eine Kugel in seinem After versenkte. Es war zu witzig, um es nicht zu versuchen. Der Krawattenträger starb nicht sofort. Er war einer der wenigen, die leiden mussten. Vierzig Sekunden lang überlegte ich, was zu tun war. Ich wollte auf gar keinen Fall eine zweite Kugel verschwenden. Ich war nur noch zwei Kugeln von meinem dreifachen Sixpack entfernt. Also stand ich einfach da, während er sich krümmte und schließlich seinem Schicksal ins Gesicht sah. Zum Glück schien er meine Situation zu verstehen. Er kooperierte. Ich nahm mir vor, ihn in meiner rührseligen Dankesrede bei der Verleihung der Mafia-Oscars zu erwähnen.
    Unter großen Schmerzen schaffte er es, sich erneut umzudrehen und auf dem blutigen Bett Richtung Nachttisch zu kriechen. Die Kugel ist wohl durch Dickdarm, Magen und Lunge hindurch gegangen, am Hals wieder ausgetreten und dann durch den Krawattenknoten hindurch. Blut spritzte unter seinem Kinn heraus. Ich sprang auf ihn zu, dachte, er hätte eine Waffe in der Schublade. Aber er griff nur nach seinem Portemonnaie und verbrachte seine letzten Atemzüge damit, sich Fotos von seiner Frau und den drei Kindern anzusehen. Vier fröhliche kanadische Gesichter. Die er in dem Blut ertränkte, das aus seiner Nase tropfte. Nachdem er es überstanden hatte, setzte ich mich zu ihm aufs Bett. Eine halbe Stunde saß ich bewegungslos da, dann beschloss ich, aus dem Fenster auf die Sixth Avenue zu springen. Aber ich bekam das scheiß Fenster nicht auf. Moderne Hotels verhindern alte Unsitten.
    Ich dachte natürlich auch daran, einfach meine

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