Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
über den Horizont erhebt, wie ein dunkler Dildo in den pinkfarbenen Himmel.
Gunnhildur fährt in mein totenstilles Stadtviertel der Möbelläden und Sklavenlager. Sie hält an einem verlassenen Verkehrskreisel in der Nähe meiner Zelle. Ich verspreche, sie anzurufen. Sie antwortet, indem sie ihre Lippen in ihrem Mund verschwinden lässt. Und ähnelt auf einmal ihrer Mutter.
Es ist ungefähr drei Uhr morgens, als ich mein Hotel betrete. Die Seven-Elevens schlafen fest, genau wie ihre schmutzigen Stahlkappenschuhe oben an der Treppe. Vom Ende des Ganges höre ich leise den Fernseher. Balatov ist in der Küche, sitzt an dem Tisch, trägt nichts außer einer ehemals weißen Unterhose und einem Paar schwarzer Socken. Er ist behaart wie ein Gorilla. Man kann kaum erkennen, wo die Socken enden und die Beinbehaarung beginnt. Für eine ordentliche Rasur würde er einen ganzen Lastwagen voller »Rasencreme« brauchen. Im Fernseher tut ein dummer Schauspieler so, als wäre er ein Profikiller, er hält seine Waffe so amateurhaft wie ein Papst eine Rohrzange.
»Scheiß weiß Nacht. Ich will schwarz«, murmelt es zwischen den haarigen Schultern.
Zum ersten Mal, seit ich ihn kennengelernt habe, finde ich ihn nicht mehr ganz unausstehlich. Ich nehme mir ein Bier aus dem Kühlschrank und setze mich zu ihm. Ich brauche einen Freund.
»Was ist mit den Isländerinnen? Magst du die nicht?«, frage ich ihn.
»Is kein Isländerin in Granny Club.« Neuer Freund is beschränkt.
Wir glotzen eine Weile. Es ist einer dieser »Keine Bewegung!«-Filme. Es scheint mir, als hätte jeder zweite Film, der auf diesem Planeten gemacht wird, jemanden wie mich als Hauptfigur oder eine Hauptfigur, die den ganzen Film damit verbringt, jemanden wie mich zu fangen, und es jedes Mal schafft, kurz bevor der Abspann sich wie ein Geist aus dem Grab des Bösen erhebt. Der Mafiakiller ist einer der beliebtesten Helden unserer Zeit. Warum kann ich nicht so leben wie die Schauspieler, die mich darstellen, in einer Villa in Hollywood mit Nobelpreisträger-Pool und Palmen drum herum? Ein paar Hausangestellte streiten sich auf Spanisch in der Küche, und C-Promis mit großen Titten warten vor meiner Tür und betteln um Sex. Scheiße. Das sollte ich haben, statt hier mit einem hässlichen Namen und einer launischen Freundin im Eismeer vor mich hinzudümpeln, als gläubiger Tellerwäscher, der den Polen ein Bier klaut und philosophische Gespräche mit dem Enkel von King Kong führt.
»Immer, wenn ich solche Mafiafilme sehe, habe ich das Gefühl, die sind von irgendwelchen Weicheiern geschrieben, die eine Soja-Latte zu viel getrunken haben. Irgendwelche unrasierten Drehbuchstudenten, die noch nie im Leben eine Pistole gesehen haben.«
»Was is?«
»Ach, nichts.«
Wir wenden uns wieder dem Film zu, und Balatov flucht eine Runde. Der Teil der Welt, aus dem wir kommen, ist die wahre Heimat des Kraftausdrucks. Kroatien hält den Weltrekord im Männerfluchen. Fast hätte ich zurückgeflucht: »Du siehst aus, als hättest du gerade ein Stachelschwein gefickt!« Oder: »Ich habe der Leiche deiner verrotteten Mutter gerade da reingefickt, wo früher mal die linke Titte war.«
»Dein Isländerin is gut«, sagt er.
»Meine Isländerin?«
»Ich sehe euch in Laden«, sagt er mit schleimigem Lächeln und hält einen sehr behaarten Daumen hoch. »Is gut.«
»Was?«
»Ich sehe euch Sex machen in Laden. Is Tochter Priester, oder?« Da haben wir es. Er spioniert mir nach. Er arbeitet doch für das FBI.
»Warum sagst du ihnen nicht Bescheid? Warum verhaftet ihr mich nicht endlich?«
»Was is?«
Nach diesem kurzen Verhör komme ich zu dem Schluss, dass er kein Undercoveragent sein kann. Er ist original-doof. Aber was macht er dann hier? Warum bleibt er in diesen Scheißland mit sonnigen Nächten und Sanskrit-Untertiteln, wenn er es so hasst?
»Ich arbeite Baustelle. Ich bekomme kein Geld. Ich warte Geld.«
Natürlich kann es sein, dass er ein Genie im Sich-dumm-Stellen ist und wirklich undercover arbeitet. Aber dann wäre die Tarnung so perfekt, dass er nie in der Lage wäre, an irgendwelche Informationen zu kommen.
Am Tag danach werde ich von der allsonntäglichen polnischen Morgenandacht aufgeweckt. Messwein und eine Predigt über moderne Sklaverei in der westlichen Welt. Aber das Trinkgelage wird schon bald von einem Aufruhr bei den Litauern übertönt. An ihrem Ende des Ganges tobt ein heftiger Streit, fast eine ganze Stunde lang, bevor einer von ihnen
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