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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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»Arzt« studiert hat. Ein bulgarisches »Arzt«-Studium qualifiziert einen wohl nur dafür, Tote zu operieren. Wir sehen zu, wie er den Gang runtergeht, das Messer in der Hand, und eher an einen Mörder erinnert als an einen Mediziner. Sein Handwerk scheint er allerdings zu beherrschen. Er führt die Autopsie mit großer Kunstfertigkeit durch; die Schatzsuche ist ein voller Erfolg. Als Dr. Balatov den Littis die Kondome mit dem weißen Gold aushändigt, hören sie auf, um ihren Freund zu trauern. Sein eigener Anteil sind hundert Gramm. Da er nicht gerade ein großer Fan der Farbe Weiß ist, will er mir sofort etwas davon verkaufen, doch ich muss nein sagen.
    Das ist wohl alles Teil meiner Therapie. Tortur stellt mich noch immer auf die Probe. Sonst hätte er mich ja auch im Keller seiner Mutter zwischen Kuckucksuhren und Mobiles untergebracht statt auf dieser Lageretage mit Strip-Trips und Koks aus eigener Schlachtung.
    Nach dem Essen trinken die Polen weiter. Sobald der Wodka sich gegen die Pizzen durchgesetzt hat, fangen sie an, im Zeitlupentempo ein paar Beerdigungslieder aus den Karpaten zu singen. Ich halte die Luft an und gehe zu den Litauern, um mein Messer zurückzuholen. Der Gestank ist überwältigend, aber ich reiße mich zusammen und klopfe an die Tür des Toten. Sie wird schnell geöffnet, wenn auch nur ein wenig. Der Spalt in der Tür ist gerade breit genug, dass ich das Wort »Messer« hindurchsagen kann. Und bemerke, dass das Zimmer voller interessanter Dinge ist. Dann bekomme ich mein Messer und ein paar warnende Worte. Zwei Littis kommen aus der Zelle und sagen mir, dass sie für die Kaunas-Sektion einer mir wohlbekannten Organisation arbeiten, die nicht wünscht, dass ich auch nur ein Wort über dieses blutige Schlamassel verliere. Ich zähle die Muttermale auf ihren Gesichtern (so viele wie Europa Hauptstädte hat) und kann mich gerade noch beherrschen zu fragen, wer ihr Killer ist, wie viele Jobs er schon gemacht hat, wie er mich töten würde usw. Stattdessen versuche ich mich so zu verhalten wie eine französische Touristin, die in ihrem Hotelzimmer in Ägypten Besuch vom Al-Qaida Vergewaltigungskommando bekommt.
    Gegen Mitternacht hängt der Gestank immer noch wie unsichtbarer Nebel auf dem Gang. Ich höre schweres Atmen und ein Geräusch, als würde ein schwerer Koffer über einen sandigen Boden gezogen. Und dann die Treppe hinunter. Ich schaue aus dem großen Fenster und sehe, wie meine baltischen Kollegen ihn in einen schrottigen weißen Lieferwagen wuchten und wegfahren.
    Das ist mein Zeichen.
    Ich warte geduldig, bis unser Hausarzt aufs Klo und die Seven-Elevens ins Bett gegangen sind. Dann hole ich den größten Holzklotz unter meinem Bett hervor. Mit meinem Herz auf Techno schleiche ich den Flur entlang. Ich stelle den Klotz aufrecht neben die Tür des Toten, steige hinauf und klettere über die Wand. Alles geht glatt, bis auf die rot-grün-gelbe Fahne einer Basketball-Mannschaft, in der ich mich verfange, als ich auf der anderen Seite wieder hinunterklettere. Die Zelle ist voller rätselhafter Dinge in Plastiktüten und Pappkartons. Fünf nagelneue Flachbildfernseher stehen in einer Ecke. Ich suche an allen richtigen Orten und finde schon bald eine kleine deutsche Armeepistole, eine Walther P99, in einer gelben Plastiktüte von dem Supermarkt Bonus. Sie hat Ähnlichkeit mit der, die ich vorhin gesehen habe, nur dass diese aussieht, als wäre sie öfter benutzt worden. Es ist ein Modell aus den Neunzigern, Kaliber 9 Millimeter. Das muss erst mal reichen. Mit dieser Pistole in der Hand bin ich endlich wieder ich selbst. Ich bin wieder Toxic. Geladen ist sie auch noch. Zwölf Schuss im Magazin. Genug für zwei Sixpacks.
    Ich muss so außer mir sein vor Freude, dass ich das Polizeiauto nicht bemerke, das auf dem Parkplatz steht. Die Weißmützen sind sogar schon im Haus. Ich höre, wie sie den Flur runterkommen. Auf mich zu.
     

30. SCHMAU WEJIS
    Ich bin Catman. Ich hocke auf der Wand zwischen der Zelle des Toten und der nächsten und halte mich an dem dicken Deckenbalken fest, der meinen Hinterkopf berührt. Aus der Vogelperspektive sehe ich die ganze Etage unter mir. Sechs Zellen auf dieser Seite und sechs weitere auf der anderen. Dazwischen der schmale Flur. Hinten die Küche.
    Ich höre die Polizisten auf dem Flur. Sie sprechen Isländisch untereinander und Englisch mit einem der Polen, der betrunken und offensichtlich gerade aufgewacht ist.
    »Sind Sie Pole?«
    »Ja. Und Sie

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