Zehn zärtliche Kratzbürsten
Zimmer ein fremder Mensch war, aber als Eveliina sie mit Namen rief, fassten sie Mut und flitzten in die Mitte des Raumes. Rauno zählte mindestens zehn der lebhaften kleinen Tierchen. Eveliina hatte das Futter schon vorbereitet: Haferflocken, Käsekrümel, kleingeschnitt e ne Wiener Würstchen. Umsonst bekamen die Mäuse ihre Aben d mahlzeit nicht. Eveliina streifte einen roten Plastikring von ihrem Handgelenk, ließ sich auf die Knie nieder und hielt den Ring zw i schen die Leckerbissen und die Mäuse. Die kleinen Wesen wussten, was von ihnen erwartet wurde. Wie dressierte Zirkuslöwen sprangen sie eines nach dem anderen durch den Ring, und erst dann durften sie sich ans Fressen machen.
Rauno Rämekorpi war begeistert: Was für begabte Tierchen! Ev e liina fand, dass die Kunststücke der Mäuse zwar lustig, aber keine s wegs Wunder waren. Sie erzählte, dass einmal im Wissenschaft s zentrum Heureka ein paar Ratten vorgeführt worden waren, denen man Basketball beigebracht hatte. In der Hoffnung auf Futter hatten die Ratten von früh bis spät den Ball in den Korb geschnippt. Eveli i na hatte vergleichsweise mehr Zeit in die Dressur ihrer Mäuse investieren können, sodass natürlich auch die Ergebnisse besser waren.
Rauno versprach, den begabten Mäuschen später einmal Kaviar vorbeizubringen, vielleicht würden sie dann, angeregt durch solche Leckerbissen, auch für ihn prachtvolle Kunststücke machen.
Als die Mäuse gefüttert waren, verschwanden sie auf demselben Weg, auf dem sie gekommen waren. Die Tagesarbeit war getan und die Mahlzeit verzehrt. Eveliina seufzte. Sie war so einsam, dass ihr sogar die Gesellschaft von Mäusen recht war, besonders jetzt, da Tarja Halonen zur Staatspräsidentin gewählt worden war. Eveliina und Tarja waren gute Freundinnen gewesen, sie hatten lange Gespr ä che miteinander geführt, hatten Blumensamen getauscht und auch sonst gute Kontakte gepflegt, so wie es in Gartenanlagen üblich war. Tarja hatte eine Katze besessen, aber die hatte keine Jagd auf Eveli i nas Mäuse gemacht, war wohl zu faul dazu gewesen.
Jetzt war es an der Zeit anzustoßen! Es gab wirklich Grund zum Feiern: Rauno Rämekorpi war sechzig, und Eveliina Mäki war Diplom-Ingenieurin geworden.
Rauno: Zeigst du mir noch mal deine Narbe?
Eveliina war so freundlich, mit der Folge, dass Rauno Rämekorpi aus seiner Frackhose stieg und sich mit der frischgebackenen Ingen i eurin auf das Bett im Alkoven des Gartenhäuschens warf. Beim Höhepunkt begann Eveliina zu schreien.
Eveliina: Herrlich, jetzt sterbe ich!
Rauno: Ja genau, lass uns zusammen sterben!
Eveliina Mäki verlor tatsächlich das Bewusstsein, und auch Ra u no Rämekorpi wurde schwarz vor Augen. Als sein Herz wieder gleichmäßig schlug, fühlte er Eveliinas Puls und stellte fest, dass er immer noch hämmerte wie die Zaubertrommel einer Schamanin. Die Situation war ernst, Eveliina war völlig hinüber, bewusstlos, aber mit einem schönen Lächeln auf den Lippen. Rauno stieg rasch in seine Frackhose und tastete in der Jacke nach dem Handy. Er überlegte kurz, ob er den Krankenwagen bestellen oder Sorjonen anrufen sollte, der in seinem Wagen auf dem Parkplatz wartete. Eveliina musste schleunigst in die Klinik gebracht werden, und Rauno fand, dass Sorjonen jetzt am schnellsten helfen konnte, zumal sein Gro ß raumtaxi auch für diesen Transport bestens geeignet war.
Rauno: Ein Notfall! Fahr sofort rückwärts in den Apfelweg und hilf mir.
Eine halbe Minute später stürmte Sorjonen herein. Rauno Räm e korpi erklärte ihm kurz, was passiert war. Eveliina musste angezogen und auf schnellstem Wege in die Notaufnahme geschafft werden, damit sie den Männern nicht unter den Händen starb.
Verzweifelt machten sie sich daran, die halb bewusstlose Patientin anzukleiden. Bei dem hilflosen Gezerre wurde wieder mal deutlich, dass Männer Frauen entschieden besser aus- als anziehen können. Im Schrank fanden sie einen Pullover, den Sorjonen ihr über den Kopf stülpte, und Rämekorpi bemühte sich dann, ihn ganz herunterzustre i fen. Anschließend den Slip über den Hintern, das kostete allerhand Mühe. Schließlich griffen sie sich noch den erstbesten Rock, aber hier den Reißverschluss zu finden und zu schließen kostete sie fast übermenschliche Kräfte. Auf die Strümpfe verzichteten sie, aber Sorjonen nahm noch rasch die Schminktasche von der Kommode, denn er wusste, dass Frauen ohne sie nicht mal ihre letzte Reise antreten. Dann brachen sie auf.
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