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Zehn zärtliche Kratzbürsten

Zehn zärtliche Kratzbürsten

Titel: Zehn zärtliche Kratzbürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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erzählte, dass die Feier in der erwarteten Weise verlaufen sei. Aber dann sei er losgefahren, um die Sträuße auf die Müllhalde zu bringen, und die Tour sei länger g e worden als beabsichtigt und habe auch nicht nach Ämmässuo, sondern zu verschiedenen Frauen geführt, und jetzt sei er auf seiner Runde hier bei seiner ehemaligen Liebsten gelandet, um sich ausz u weinen.
    Irja: Ist es der eifersüchtige Typ, der dir noch Sorgen macht?
    Rauno erzählte, dass er den Mann gründlich vermöbelt und dann in die Flucht geschlagen habe, diese Sache sei also nicht mehr seine größte Sorge. Eifersucht war ursprünglich auch der Anlass gewesen, dass sich Rauno und Irja kennen gelernt hatten. Sie begannen von den alten Zeiten zu reden. Rauno Rämekorpi war mit einer wirklich sehr eifersüchtigen Frau verheiratet gewesen.
    Rauno: Mirja war total verrückt. Sie durchschnüffelte meine Kle i dung so gründlich wie die Kriminalpolizei …, drehte sogar die Hosen auf links und untersuchte die Säume mit der Brille auf der Nase, ob sich dort vielleicht Haare von fremden Frauen fanden …, und die Taschentücher und Hemden prüfte sie genauer, als es die Qualitätskontrolleure in der Hemdenfabrik tun.
    Mirja hatte zu Hause mit ein er gusseisernen Pfanne in der H and auf ihren Mann gewartet, und wenn der unglückliche Rauno von Geschäftsverhandlungen gekommen, aufs Sofa gefallen und eing e schlafen war, hatte sie ihm mit der Pfanne den Rücken bearbeitet.
    Das war ein Leben gewesen! Zu Hause war er beschimpft und verprügelt worden, und in der Stadt war er gezwungen gewesen, mit den Kunden zu saufen, als gäbe es kein Morgen. Die kleinen Söhne hatten bei den Streitereien ihrer Eltern geweint, sie waren hyperaktiv geworden, so war Rauno gezwungen gewesen, eine Kinderpsychol o gin zu konsultieren, und das war zufällig Irja gewesen. Rauno war spornstreichs bei ihr eingezogen, seine Ehe war zerbrochen, aber seine Kinder waren trotzdem nicht zu Verrückten herangewachsen.
    Irja: Du bist einfach bei mir geblieben …, ach, war ich glücklich, allerdings dauerte die ganze Seligkeit nur ein Jahr. Du hast mich verlassen. Warum? Diese Frage habe ich mir oft gestellt.
    Rauno: Du hattest zu kurze Zehen.
    Er erklärte, dass die auffällige Kürze ihrer Zehen ihn veranlasst habe nachzudenken, ob es wirklich klug wäre, eine Frau zum Traua l tar zu führen, deren körperlicher Makel womöglich an die Kinder und dadurch an die ganze große Sippe der Rämekorpis bis zum Jüngsten Tag weitervererbt würde. Iris schleuderte den Pantoffel vom linken Fuß und legte ihn auf die Lehne des Sessels, um eing e hend ihre Zehen zu betrachten.
    Irja: Sie sind zwar nicht besonders lang und gerade, aber es ist schon ziemlich verrückt, dass ein Mann mit gesundem Mensche n verstand über ein solches Detail stolpert. Hätte ich das gewusst, hätte ich keinen Revolver gekauft und keinen Selbstmord geplant. Dich hätte ich eigentlich erschießen müssen.
    Rauno Rämekorpi entschuldigte sich fast ernsthaft. Vor Jahren hatte er sich eingestanden, dass der Grund für die Trennung vorg e schoben, wenngleich existent gewesen war, aber als er dann erneut geheiratet hatte, war der Kontakt mit Irja abgebrochen. Er umschloss ihren Fuß mit seiner Hand, schmatzte einen Kuss darauf. Irja zog ihren Fuß weg und steckte ihn wieder in den Pantoffel. Trotz ihrer Zehen hatte sie einen ordentlichen Mann bekommen und zwei Söhne geboren.
    Nach der Trennung von Rauno hatte Irja einige Jahre lang ihr Heil in der Politik gesucht, sie war eine Ultralinke gewesen und hatte sich mit vollem Elan an den stalinistischen Umtrieben beteiligt. Sie hatte die Zeitung Tiedonantaja, das Zentralorgan dieser Kräfte, unterstützt, hatte Reden für die Politiker geschrieben. Sie hatte sogar an der Singebewegung teilgenommen, obwohl sie gar nicht die entspr e chende Stimme hatte. Damals hatte es genügt, wenn man möglichst großen Lärm veranstaltete.
    Irja war häufig mit Delegationen ins Ausland gereist, war in Mo s kau und anderswo gewesen. Missstände hatten sie auf jenen Reisen nicht gesucht, obwohl jeder vernünftige Mensch sehen konnte, dass in der Sowjetunion nicht alles in Ordnung war, vermutlich nie gewesen ist.
    Irja: In jenen Jahren gab es nichts, wozu wir nicht Stellung bez o gen. Da wurde von Krieg und Frieden gepredigt, unsere Leute standen an vorderster Front in der Friedensbewegung …, Rassismus, die Not in der dritten Welt, Kriminalität, Kapitalismus, die Spitze n kader der

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