Zehn zärtliche Kratzbürsten
Mahlzeit Geigenmusik des Kammero r chesters.
Tanz.
Kaffee, Kognak und Sherry.
Die Erkerfenster des Saals werden geöffnet. Die ganze G e sellschaft tritt auf den Balkon und verfolgt das private Fe u erwerk, das unten am Wasser beginnt. Große Raketen: zwanzig; kleinere: hundert.
Bei Eintritt der Dunkelheit werden Kerzen entzündet. Stri p tease, dargeboten von einer professionellen Tänzerin mit guter Figur, nach ihrem Auftritt führt die Gastgeberin des Abends ihre eigene Nacktnummer vor.
Zu späterer Stunde wird den Gästen am Strand von Kataj a nokka ein Glas Champagner Ros é gereicht. Illuminierte Boote warten. Fahrt auf dem ruhigen Wasser vor Kataj a nokka.
Rauno Rämekorpi fand, dass das Festprogramm vielseitig und von hohem Niveau sei. Es sei geschickt geplant, sei ausgeglichen, der halboffizielle Charakter zu Beginn lockere sich mit Fortschreiten des Festes bis hin zum ausgelassenen Ende, und schließlich werde das Ganze gekrönt durch die romantische Ruderfahrt auf dem nächtl i chen Meer.
Ulla-Maija hatte in letzter Zeit zahlreiche Festprogramme entwo r fen. Da sie kein Geld und keine illustren Freunde mehr besaß, und da niemand sie zu seinen Festen mehr einlud, musste sie sich wenig s tens auf dem Papier Möglichkeiten ausmalen, wie sie dieses elende Leben feiern konnte. Das Schreiben betrachtete sie als eine Art Therapie.
Ulla-Maija: Aber ich führe kein Tagebuch und reime auch keine Verse. Diese Programme und Speisekarten sind viel festlicher. Es wird ja allgemein gesagt, dass in jedem Finnen ein Schriftsteller wohnt, und ich schreibe eben diese Art von Prosa.
Rauno Rämekorpi pries ihre Fähigkeiten. Er fand, es erfordere Fantasie und Kreativität, solche schriftlichen Perlen zu entwickeln. Sie habe ihre ganz eigene Kunstgattung geschaffen. Eigentlich müssten die Blätter gebündelt und als Buch der Feiern herausgeg e ben werden, als Debüt der Schriftstellerin Lindholm.
Ulla-Maija meinte darauf, dass die Kritiker sich wohl das Grinsen nicht würden verkneifen können, wenn sie das Buch besprachen. Sie würden sich sagen, die Ärmste ist total durchgedreht, feiert auf dem Papier, da sie für etwas anderes kein Geld hat.
Rauno versprach, das Buch zu finanzieren. Aber noch besser wäre es, wenn Ulla-Maija jetzt eine richtige Fete auf die Beine stellte.
Ulla-Maija: Dafür muss ich dich sofort umarmen. Aber du hältst mich hoffentlich nicht zum Narren, diese Dinge sind mir sehr lieb und wichtig. Man darf niemandem seine Tagträume nehmen, nicht wahr, lieber Rauno?
Er fragte, ob es im Archiv ein fertiges Programm gab, das sich nur für sie beide eignete.
Beglückt holte sie aus der Schublade ihres Schreibtisches einen dicken Stapel der verschiedensten Pläne heraus, es waren mindestens hundert Stück, dazu kamen Speisen- und Weinlisten. Alles zusa m men ergäbe tatsächlich ein prächtiges Buch. Dann wählten die beiden gemeinsam einen Traum aus, der überschrieben war:
Ausgelassene Party eines verliebten Paares.
Ulla-Maija stürzte sich in die Arbeit. Als Erstes rief sie den Part y service an und gab die Speisekarte bis ins letzte Detail durch. Die Rechnung sollte an den Rämekorpi-Konzern in Tikkurila geschickt werden. Dort könnte die Summe unter den Repräsentationskosten gebucht und von der Steuer abgesetzt werden, man brauchte also nicht zu knausern.
Sorjonen bekam Fahraufträge, Ulla-Maija zählte ihm die Adressen auf. Ein Anruf bei der Studentenvertretung der Sibelius-Akademie, von dort Musik! Den Striptease wollte Ulla-Maija auf dem Fest persönlich aufführen. Bei den Leuten der Feuerwehr von Espoo, die dienstfrei hatten, bestellte sie ein Feuerwerk. Glücklich widmete sich die Gastgeberin eine Stunde lang der Organisation des Überr a schungsfestes, und dann klingelte es auch bereits an der Tür. Die Party konnte beginnen.
Der Erste, der kam, war Seppo Sorjonen, er schleppte einen Ar m voll Blumen in die Wohnung der Witwe Lindholm. Rauno und Ulla-Maija platzierten die Sträuße in den Räumen: Die Rosen des G e schäftsentwicklungsfonds kamen ins Wohnzimmer, die Narzissen vom Zentralverband der Gewerkschaften SAK als Schmuck auf die Festtafel, die feuerroten Rosen vom Arbeiterverein Tikkurila ins Schlafzimmer, die Nelken des Arbeitergolfvereins aus Westend in den Flur und in die Küche noch eine Vase mit gelben Rosen vom Seniorenverein der südlichen Stadtteile Espoos.
Als Sorjonen weg war, erschienen drei Studenten der Sibelius-Akademie, die ihre Geigen stimmten und sanfte
Weitere Kostenlose Bücher