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Zehn zärtliche Kratzbürsten

Zehn zärtliche Kratzbürsten

Titel: Zehn zärtliche Kratzbürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Kammermusik spielten, Beethoven, Bach und Grieg, später sogar den Valse Triste von Sibelius. Außerdem gehörten heitere Walzer zu ihrem Repe r toire. Höflich forderte Rauno die Gastgeberin zum Tanz auf.
    Das Beste am Fest war jedoch das herrliche Essen, das die Part y köche aus Kruunuhaka innerhalb kurzer Zeit gezaubert hatten. Zu Beginn gab es Hummersuppe, es folgten marinierte Taschenkrebse in Olivensoße, das Hauptgericht war Seezunge in Butter gebraten, und als Nachspeise gab es Obstsalat und Moosbeerparfait, danach natü r lich eine Tasse Kaffee und ein üppiges Stück Torte. Das Hauptg e tränk bei der Mahlzeit war Champagner, was sonst, aber zum Kaffee gab es selbstverständlich für Rauno einen Kognak und für die Gas t geberin Sherry.
    Vor dem Hauptgericht erschien der Schauspieler Oiva Lohtander, der sich in ein Jackett geworfen hatte. Es stand dem kräftig gebauten Mann sehr gut und verlieh seiner Darbietung einen festlichen Ch a rakter, er rezitierte mehrere Gedichte Eino Leinos, außer diesen Versen des Nationaldichters trug er höchst lebendig einige ausg e wählte Texte von Tuomari Nurmio, einem Künstler mit Juristenau s bildung, vor, – die scherzhaft-bissigen Verse gefielen sowohl der Hausherrin als auch ihrem Gast, und der Schauspieler bekam für seinen gelungenen Auftritt ein großzügiges Trinkgeld von Industri e rat Rämekorpi.
    Als sich der Schauspieler verabschiedet hatte, spielte das Geige n trio eine leichte Sonate, und dann war Tanz angesagt. Rauno wirbelte mit seiner Partnerin eine Weile im Walzertakt übers Parkett, bis der Zeitpunkt gekommen war, ans Erkerfenster zu treten und das Feue r werk zu bewundern, das die Männer von der Feuerwehr Espoo zum vereinbarten Zeitpunkt abbrannten. Zwanzig größere und fünfzig kleinere Raketen wurden in den Himmel geschossen. Anschließend zog sich die Gastgeberin für kurze Zeit in ihr Schlafzimmer zurück, und als sie wieder erschien, hatte sie ihr Abendkleid abgelegt, stat t dessen verhüllten sieben durchsichtige Tücher ihren sinnlichen Körper, einige hatte sie auf der Schulter drapiert, die anderen b e deckten Bauch und Hüften. Jetzt folgte die Extranummer der B i schofswitwe, es war die auf finnische Verhältnisse umgemünzte Version eines Schleiertanzes, für die musikalische Begleitung sor g ten gekonnt die Studenten der Sibelius-Akademie. Wie sich denken lässt, verfolgte Rauno Rämekorpi die geschmeidige Darbietung mit großen Augen und klatschte sich anschließend die Hände wund, als er der Tanzkünstlerin begeistert applaudierte.
    Die gelungene Feier endete mit einer romantischen Bootsfahrt. Ulla-Maija hatte ursprünglich eine Gondelfahrt als krönenden A b schluss vorgesehen, aber im kalten Norden standen solche exotischen Fortbewegungsmittel natürlich nicht zur Verfügung, sodass sie sich entschlossen hatte, ein Kirchboot zu nehmen. Am Kai des Kasinos von Katajanokka wartete denn auch schon die zwanzigköpfige A-Mannschaft der Ruderer von Neste, die Burschen hatten die Ruder aufgestellt, bereit, das Gefährt pfeilschnell über das spiegelglatte Wasser zu treiben, auf dem der Vollmond, der am wolkenlosen Himmel aufgegangen war, bereits seine perlende Wasserbrücke errichtete.
    Das glückliche Paar bestieg in seiner festlichen Kleidung das la n ge und schlanke Boot. Die Geiger stimmten das Stück Der Seemann und der Stern an, das zur Abendstimmung passte, und der Oberkel l ner des Kasinos reichte Ulla-Maija und Rauno währenddessen je ein Glas Champagner Ros é ins Boot.
    Die wackeren Burschen senkten die Ruder ins Wasser und trieben das schlanke Boot im Takt über die schimmernde Mondbrücke. Sie umfuhren Katajanokka, und dann ging es, vorbei am Markt und Klippan, zum Strand von Kaivopuisto.
    Seppo Sorjonen erwartete seinen Kunden am Anlegesteg von Si r palesalmi. Der Mann, der da übers Meer kam, war ein wirklicher Tausendsassa, dachte er neidisch. Weshalb hatte er, Sorjonen, ni e mals so viel Schwein? Er betrachtete sein Gesicht im Rückspiegel des Taxis und stellte fest, dass es daran nichts auszusetzen gab. Er sah mindestens ebenso gut aus wie Rämekorpi und war außerdem jünger. Warum musste er sich mit einer einzigen Frau begnügen, während der alte Schwerenöter mit zehn Kratzbürsten protzte? War er in den Augen der Frauen vielleicht zu unerfahren und brav? Vielleicht sollte er das Taxifahren sein lassen und in die Metallbra n che wechseln, so wie Rämekorpi …, oder sollte er vielleicht doch Medizin studieren und

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