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Zehn zärtliche Kratzbürsten

Zehn zärtliche Kratzbürsten

Titel: Zehn zärtliche Kratzbürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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in einem Speicher in Malmi. Dort war Eveliina ihrerseits eingebrochen, ebenso frech wie jene professionellen Täter.
    In der Räuberhöhle hatte ein Hänfling Wache gehalten, aber der spillerige Junkie war in den Fäusten der Schweißerin ein Nichts gewesen. Sie hatte ihn im Nacken und am Hintern gepackt und in hohem Bogen rausgeschmissen, und dann hatte sie das Lager durc h forstet. Sie hatte alles, was ihr gehörte, nach draußen getragen und in einen dort geparkten, ebenfalls gestohlenen Lieferwagen gepackt. Lenins Gesammelte Werke hatte sie nicht wieder mitnehmen mögen, sondern sich gesagt, dass die Diebe zwischen ihren Raubzügen ruhig mal ein bisschen die proletarische Ideologie und Dialektik studieren sollten.
    In der Räuberhöhle hatte sie aus Pappkartons Vogelgezwitscher vernommen, in den Kartons waren Luftlöcher gewesen. Die Verbr e cher hatten sich offenbar eine ganze Schmuggellieferung geschützter Papageien unter den Nagel gerissen und die Tiere in Kartons g e steckt. Eveliina hatte auch sie ins Auto getragen und war mit ihrer Beute nach Hause gefahren. Sie hatte ihre Hütte wieder vollständig eingerichtet, hatte die geschwächten Tiere aus den Kartons befreit und gefüttert. Zum Schluss hatte sie den Lieferwagen zum Markt von Hakaniemi gefahren und dort abgestellt, dann hatte sie anonym die Polizei angerufen und gesagt, dass die Beamten, falls sie interessiert waren, den Wagen dort abholen und bei der Gelegenheit auch gleich das ganze Diebesnest in Malmi ausheben konnten.
    Eveliina zog den Bettkasten im Alkoven auf und wühlte eine We i le in den Decken und Kissen, schließlich förderte sie zwei Pistolen zutage, eine Beretta und eine FN, außerdem mehrere Messer, Schla g ringe und andere branchenübliche Geräte. All das hatte sie für alle Fälle ebenfalls aus dem Diebeslager mitgehen lassen.
    Eveliina: Falls die Typen hier erneut auftauchen, geht es für sie gleich ab in die Hölle. Ich warte regelrecht darauf, dass ich sie abknallen kann.
    Rauno: Ein zweites Mal wagen sie sich bestimmt nicht her.
    Eveliina verriet, dass sie unter der Hand ein paar der Papageien verkauft habe und auch für die restlichen eine gute Unterbringung suche. Sie beabsichtige nicht, den Rest ihres Lebens in einem Voge l haus zu wohnen. Kakadus, Aras, Loris und vor allem die Amazong o jos waren auf dem Schwarzmarkt extrem teuer, für die größten bekam man durchaus schon mal zehntausend Mark pro Stück. An Geld mangelte es ihr also momentan nicht, und die Hauptsache war, dass die armen Vögel aus den Fängen der Räuber befreit waren.
    Ein wenig traurig dachte Rauno Rämekorpi über Eveliinas schw e res Schicksal nach. Im Herbst wäre sie beinah an einem Herzanfall gestorben, und kaum davon genesen, folgten eine Depression und danach der Griff zur Selbstjustiz. Letzteres war glücklicherweise ungefährlicher und somit auch kein Hinderungsgrund für die Wi e deraufnahme der Arbeit. Ein Herzkranker kann dem anspruchsvollen Job des Schweißers nicht gerecht werden, aber ein finsterer und verrückter Ingenieur kommt mit seiner Arbeit durchaus klar. Dafür gibt es zahlreiche überzeugende Beispiele in vielen Bereichen der Industrie, sowohl in Finnland als auch anderswo.
    Aber wo steckten Eveliinas zahme und begabte Mäuschen? Hatten die Papageien sie etwa verspeist? Wie waren die kleinen Nager zurechtgekommen, während ihr Frauchen in der Klinik lag?
    Den Mäusen ging es den Umständen entsprechend gut. Eveliina erzählte, dass sie aus dem Krankenhaus eine Karte an ihre ehemal i gen Gartennachbarn geschickt habe, nach Mäntyniemi, wo das Paar heute wohne. Früher hatten sowohl Tar j a Halonen als auch Pentti Arajärvi den Sommer in der Gartenanlage verbracht, im Cidreweg. Sie waren fröhliche und bescheidene Leute, Tarja war zwar manc h mal recht streng und energisch, aber auch sie im Grunde genommen ein wirklich anständiger Mensch. Kein Wunder, dass sie beliebt waren, und besonders der alleinstehenden Eveliina waren sie gute Nachbarn gewesen, hatten sie gelegentlich besucht und mit ihr Pflanzen und Stecklinge getauscht. Eveliina hatte auf ihrer Karte erwähnt, dass sie besorgt sei um das Schicksal ihrer zahmen Mäuse, aber sie hatte damit natürlich nicht gemeint, dass sich die Inhaber des höchsten Amtes im Staat persönlich darum kümmern sollten. Die Präsidentin selbst hatte wegen ihrer vielen Verpflichtungen ohnehin nicht Eveliinas Mäuse füttern können, aber Pentti Arajärvi hatte sich in der ihm eigenen dezenten

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