Zehn zärtliche Kratzbürsten
Virtanen übersetzte ihm den Inhalt.
Tuula: Verglichen mit der dänischen Werkstatttechnik ist der fi n nische Kenntnisstand auf dem Gebiet der Hydraulik weit zurüc k geblieben …, die schwache Entwicklung der finnischen Metalli n dustrie rührt zum Teil daher, dass man dort nicht die Bedeutung internationaler Spitzenkräfte für die Produktentwicklung und die Umsetzung neuer Innovationen erkennt …, der finnische Marktfü h rer auf dem Gebiet, der Rämekorpi-Konzern, trennt sich von seinen europäischen Spezialisten …, über kurz oder lang wird das dazu führen, dass die finnische Metallindustrie ihre Konkurrenzfähigkeit verliert und besonders bei der Produktion von hydraulischen Druc k systemen zu einem Produktionsstandort zweiter Klasse verkommt …, beschleunigt wird diese Entwicklung durch planlose und sprun g hafte Personalentscheidungen, bei denen die fähigsten Ingenieure und die Spitzenleute mit der meisten Projekterfahrung buchstäblich ins Exil gedrängt werden …
Rauno: Der Elger ist ja mächtig sauer auf mich.
An Tuula hatte er geschrieben, dass er die Jahre bereute, die er mit ihr verplempert hatte. Und an den Schluss seines Briefes hatte er noch gekritzelt, dass er sich eine dänische Frau nimmt und in Ric h tung Finnlands nicht einmal mehr pinkelt.
Tuula sagte, sie habe in diesem Herbst mehr als genug weinen müssen, aber zum Glück habe sie ein wunderbares Baby, dem sie den Namen Rauna Irmeli gegeben habe. Raunos Meinung zum Namen des Kindes habe sie nicht eingeholt.
Tuula: Irmeli ist mein Kind, der eine Vater ist nach Dänemark verschwunden, und auch der andere hat sich nicht gerade oft in dieser Bude blicken lassen.
Sie sagte, sie habe den Namen der Kleinen nach dem des Vaters ausgesucht, auch wenn der sich als flatterhafter Nichtsnutz erwiesen habe.
Rauno Rämekorpi trat an die Wiege aus Bambusholz und betrac h tete das Baby, das vor sich hin lallte, die kleine Faust war fest um die vom Vater-Weihnachtsmann mitgebrachte Klapper geschlossen, im hübschen kleinen Mündchen steckte der nagelneue Schnuller.
Rauno: Nun …, tja …, Rauna Irmeli Virtanen …, viele R für so ein kleines Mädchen. Vielleicht sollte man noch meinen Familie n namen dranhängen … Rauna Irmeli Virtanen-Rämekorpi.
Tuula: Das wären zu viele R, aber wenn du mich heiratest, dann gern.
Rauno erinnerte sie daran, dass er bereits mit Annikki verheiratet war. Er hatte nicht die Absicht, eine zweite Frau zu ehelichen, außerdem war das nach dem Gesetz auch gar nicht möglich. Tuula erwiderte giftig, dass er ihres Wissens mindestens zehn Nebenfrauen hatte, kein Wunder, dass er keine neue Ehefrau wollte. Sie aber musste ihr uneheliches Kind allein gegen die Widerstände des Lebens verteidigen, während ein gewisser reicher Kerl in der Wel t geschichte herumlief und an sonst wen Geschenke verteilte, und zu Hause in der engen Einzimmerwohnung weinte ein kleines Baby nach seinem Vater.
Rauno Rämekorpi versuchte sie zu beruhigen. Er erinnerte sie daran, dass er nicht aus eigenem Antrieb Vater geworden sei, so n dern man habe ihm heimlich ein Kind untergejubelt, als Ergebnis eines durchtriebenen Planes , er habe die Sache in keiner Weise beeinflussen können. Trotzdem habe er beschlossen, sich um die Erziehung und Ausbildung des Kindes zu kümmern, er werde also einen angemessenen Unterhalt zahlen, bis das Mädchen volljährig sei, und später werde er sie mit einem beachtlichen Teil seines Vermögens in seinem Testament als Erbin bedenken. So habe Tuula es ja schließlich geplant! Also bestehe jetzt kein Anlass, einen armen, unschuldigen Mann zu beschimpfen.
Außerdem fühlte er sich keineswegs als Nichtsnutz, sondern er war ein verantwortungsvoller Industrieller, der gut für sein Personal sorgte, tüchtigen Mitarbeitern einen anständigen Lohn zahlte, ihnen sogar am Geburtstag Blumen brachte, und jetzt zu Weihnachten hatte er sich eigens für eine große Tour gerüstet, um seine Mitarbeiter und andere Bekannte mit netten, kleinen Geschenken zu erfreuen. War das etwa ein Beweis für Flatterhaftigkeit? Einen Mann, der sich so gut um seine Mitmenschen kümmerte, durfte man weder beschim p fen noch mit dem Kochtopf auf den Kopf schlagen.
Rauno Rämekorpi war richtig gerührt über seine eigene Großa r tigkeit, forsch versuchte er die Mutter seines Kindes zu umarmen und zeigte ihr die praktische Klappe, die Schneider Kronquist in seine Weihnachtsmannuniform eingenäht hatte. Aber Tuula Virtanen ging nicht auf sein
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