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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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einem Psychopathen zu tun. Und zwar offensichtlich mit einem, der es aus irgendwelchen Gründen auf Sportler abgesehen hat.«
    »Aber warum denn ausgerechnet auf Sportler?«
    »Vielleicht leidet der Täter unter einem Trauma, das er auf diese Weise zu bewältigen versucht. Vielleicht hat ihn seine Freundin wegen eines jungen, knackigen Zehnkämpfers verlassen und er will sich auf diese Weise rächen. Oder er ist so ein abgehalfterter Ex-Sportler wie mein liebes, gutes Wölfchen, der die gleichen Probleme mit dem Älterwerden hat und deshalb …«
    »Ich hab überhaupt keine Probleme damit«, warf Tannenberg protestierend dazwischen, »und auch wenn ich welche hätte, würde ich mich garantiert nicht auf einen Baum setzen und einen unschuldigen Schüler erschießen.«
    Dr. Schönthaler schnippte mit den Fingern und stach anschließend wie mit einem Taktstock auf sein Gegenüber ein. »Du hast recht. Auch das ist eine Möglichkeit.«
    »Was?«
    »Vielleicht hat dieser Irre es auf Schüler abgesehen. Vielleicht hat er einen unglaublichen Hass auf alles, was mit Schule zu tun hat.«
    Tannenberg zog ungläubig die Mundwinkel nach unten. »Aber hätte er dann nicht einen Lehrer erschossen?«
    Der Pathologe nippte an seinem Espresso und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, woher soll ich denn wissen, was in solch einem kranken Hirn vorgeht. Vielleicht hat dieser Anschlag überhaupt nichts mit Sport zu tun und dieser Psychopath wählt seine Opfer willkürlich aus. Vielleicht ist sein nächstes Opfer eine Hebamme.«
    »Eine Hebamme? Wie kommst du denn …?« Weiter kam Tannenberg nicht, denn sein Handy machte sich erneut bemerkbar. Diesmal blinkte ›Müllsammler ruft an‹, Tannenbergs Kosename für den Leiter der Kriminaltechnik.
     
    »Ich hab das Passwort geknackt«, frohlockte Mertel, als die beiden Freunde sein Labor betraten. »Kommt, setzt euch mal zu mir.« Er wies mit dem Kinn auf zwei Stühle, die an einem kleinen Tisch standen. Ungeduldig wartete er, bis die beiden Männer seiner Aufforderung nachgekommen waren. Nachdem sie links und rechts neben ihm Platz genommen hatten, fragte er: »Wisst ihr, wie es heißt?«
    »Nein«, kam es zweistimmig zurück.
    »Dann ratet doch mal.«
    Tannenberg stöhnte auf und rollte die Augen. »Sag schon.«
    »Speed king. Deutsche Übersetzung?«
    »Geschwindigkeits-König. Jedenfalls wörtlich übersetzt«, erklärte Tannenberg.
    »Das war er ja auch. Schließlich wurde er beim 100-Meter-Lauf erschossen, als er gerade seine Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte«, bemerkte der Rechtsmediziner mit seinem makabren Pathologenhumor. »In unserem Falle besitzt das erste Wort allerdings noch eine andere Bedeutung. Damit, mein lieber Herr Kollege, ist die Droge Speed gemeint, ein Metamphetamin, das gerne zu Zwecken der Leistungssteigerung, sprich: Doping, benutzt wird. Auch von dem Zehnkämpfer Marcel Christmann.«
    Karl Mertel blieb der Mund offen stehen.
    Dr. Schönthaler gab ihm einen Klaps auf die Schulter, der Mertels Kinnlade wie auf Knopfdruck wieder nach oben schnappen ließ. »Da staunst du, was?«
    »Das kann man wohl sagen. Woher wisst ihr das denn?« Der Kriminaltechniker klatschte sich an die Stirn. »Klar, die toxikologische Analyse.« Er räusperte sich verlegen. »Irgendwie ist das nicht mein Tag heute. Ich hab eine totale Matschbirne, kann überhaupt nicht klar denken.«
    »Och, das ist nicht weiter schlimm, mit diesem Handicap schlägt sich unser liebes Wölfchen tagtäglich herum. Das ist quasi die Normalform deines Kollegen. Dann zeig uns mal, was du im Computer unseres Supersportlers Interessantes gefunden hast.«
    Von Mertels routinierter Hand gesteuert, huschte der Mauszeiger über den Desktop, öffnete da eine Datei, dort ein Bildarchiv, hüpfte zur Favoritenliste und zur Mailbox. Nach und nach bröckelte Marcel Christmanns Fassade eines strebsamen Schülers und fairen Sportlers. Dahinter trat eine völlig andere Persönlichkeit zutage: ein Sportfetischist, der seit über zwei Jahren Amphetamine schluckte und über sein systematisches Doping akribisch Buch führte.
    Aber es taten sich noch andere Abgründe auf: Marcel wurde offenbar von Gewalt- und Machtfantasien beherrscht. In seinem Computer waren mehrere Killerspiele gespeichert und in seiner Favoritenliste fand sich unter anderem eine Internetseite, in deren Forum sich die Teilnehmer über makabre Tötungsarten austauschten: www.perfekte-mor.de.

4
    Kurz bevor der Schulbus an der Haltestelle eintraf,

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