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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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erstaunt.
    »Mir ist da gerade eine Idee gekommen.«
    »Und welche?«
    »Wir haben doch bislang noch kein nachvollziehbares Tatmotiv für diesen hinterhältigen Mord. Könnte es nicht sein, dass irgendein ehemaliger Leistungssportler dahintersteckt? Zum Beispiel ein durchgeknalltes Dopingopfer, das einen wahnwitzigen Rachefeldzug begonnen hat?«
    Der Drogenfahnder lupfte kommentarlos die Schultern und zog an seiner filterlosen Zigarette.
    »Welche konkreten psychischen Schäden können denn durch den Missbrauch von Dopingmitteln entstehen?«
    »Also, Wolf, da bin ich nun ein wenig überfragt. Nach deinen Erfahrungen mit den gedopten Radprofis müsstest du das doch eigentlich selbst am besten wissen.«
    »Quatsch, damals ging es hauptsächlich um die körperlichen Symptome und den kriminellen Dopinghandel, nicht um psychische Folgeerscheinungen.«
    »Also, ich kann dir zwar sagen, welche dauerhaften Schäden die bekannten Drogen verursachen, aber bei Anabolika und solchem Zeug muss ich leider passen.« Er kramte auf seinem Schreibtisch herum, schrieb etwas auf einen Zettel und reichte ihn seinem Kollegen. »Das ist die Telefonnummer eines Dopingexperten. Den hab ich mal auf einem Kongress kennengelernt. Netter Kerl.«
    »Danke, Meier III, den ruf ich gleich mal an.«
    Tannenberg hatte Glück, denn der Medizinprofessor des Mainzer Universitätsklinikums hatte zwischen zwei Vorlesungen gerade ein paar Minuten Zeit. Er berichtete von wissenschaftlichen Studien, bei denen die Nebenwirkungen des Anabolikakonsums erforscht wurden. Unter anderem wurde bei den Probanden eine gravierende Steigerung der Aggressivität beobachtet. In mehreren seriösen Fallstudien wurde sogar von einem unmittelbaren kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme dieses Dopingmittels und der Durchführung schwerer Gewaltverbrechen berichtet.
    Die Anwendung von Amphetaminen führe zu einer schweren psychischen Abhängigkeit und erzeuge Psychosen, Halluzinationen et cetera, erklärte der Doping-Experte. Abschließend wies er darauf hin, dass hinsichtlich der Frage psychischer Folgeschäden des systematischen Dopings das Phänomen der Polymedikation eine zentrale Rolle spiele. Denn die in Sportlerkreisen durchaus übliche, gleichzeitige Einnahme verschiedener leistungssteigernder Substanzen könne völlig unkalkulierbare psychische Veränderungen bewirken, deren Erscheinungsbild das gesamte Spektrum des menschlichen Fehlverhaltens umfasse.
    Na, das sind ja wirklich prächtige Aussichten, dachte der Kriminalbeamte, nachdem er sich bedankt und den Hörer aufgelegt hatte.
     
    Kevins Landung war nahezu perfekt. Im sicheren Gefühl, gerade einen Riesensatz gemacht zu haben, warf er im Sitzen die Arme nach oben, ballte die Fäuste und spannte die Muskeln an. Erst jetzt bemerkte er unter seinen Pobacken etwas Hartes, Stangenähnliches.
    Irritiert griff er in den feinen Sand zwischen seinen Füßen und scharrte darin herum. Zunächst sah er nur einen Zipfel grauen Baumwollstoffs. Er buddelte weiter und schaufelte den Sand zur Seite. Als er die Spitze eines Turnschuhs entdeckte, wurde ihm schlagartig bewusst, was da unter ihm lag. Panisch schoss er in die Höhe und hechtete wie ein Panther aus der Sprunggrube heraus.
    »Da liegt einer drin«, stieß er entsetzt aus. Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund zeigte er auf die Stelle, wo er Sekunden zuvor noch gesessen hatte.
    Neugierig strömten immer mehr Schüler zur Weitsprunganlage. Kevins Lehrer ergriff geistesgegenwärtig die Initiative. Mit klaren Kommandos wies er seine Kollegen an, die Schüler von der Sprunggrube zurückzudrängen. Anschließend verständigte er per Handy die Polizei.
    Als Tannenberg eine knappe halbe Stunde später im Ramsteiner Reichswaldstadion eintraf, hatten uniformierte Beamte die Weitsprunganlage bereits weiträumig abtrassiert. Den Leichenfundort schützten die Mitarbeiter der Kriminaltechnik zusätzlich mit transportablen Wänden. Diese Maßnahme war durchaus angebracht, denn die Presse war bereits auf der Jagd nach einem sensationellen Foto für ihre Schlagzeilen.
    Die Bundesjugendspiele waren inzwischen abgebrochen worden. Nachdem die Kinder und Jugendlichen das Gelände verlassen hatten, verbreitete sich die Nachricht des spektakulären Leichenfundes wie ein Lauffeuer in Ramstein und es trafen immer mehr Schaulustige in dem von hohen Bäumen eingefriedeten und im Norden an einen Mischwald grenzenden Sportgelände ein.
    Mertel war gerade dabei, den Leichnam freizulegen.

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