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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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hinknien, um das eigene Profil zu verkleinern, selbst wenn dies lächerlich aussieht.
    Bei Schüssen auf den Boden werfen.
     
    ›Kissen vors Gesicht halten‹, ›beim Tanken hinknien‹ – Blödsinn, so etwas unmodifiziert zu übernehmen, dachte Tannenberg voller Wut. Unser Sniper hat es doch nicht auf Tankstellenbesucher abgesehen, sondern auf Sportler. ›Bei Schüssen auf den Boden werfen‹ – so ein hirnloser Quatsch! Wenn man einen Schuss hört, ist es doch schon viel zu spät. Dann kann man nur noch hoffen, dass man nicht getroffen wurde. Außerdem schießt dieser Typ immer nur einmal!, hätte er am liebsten lauthals geschrien, aber um Nachfragen seines Vaters zu vermeiden, schluckte er seinen Unmut stumm hinunter.
    Die Reaktionen der Bürger auf diese Anschlagsserie füllte eine ganze Seite der PALZ aus . Der Tenor der Statements war eindeutig und mit Begriffen wie ›Angst‹, ›Verzweiflung‹, ›Fassungslosigkeit‹ treffend zu umschreiben. In den meisten Leserbriefen wurde scharfe Kritik an den Ermittlungsbehörden geäußert. Die Polizei sei nicht in der Lage, die vor Entsetzen und Panik gelähmte Bevölkerung effektiv zu schützen, wurde in mehreren Beiträgen behauptet.
    Damit habt ihr durchaus recht, stimmte Tannenberg tonlos zu. Nur, was sollen wir denn machen? Wir können doch nicht hunderttausende Menschen vor einem Profikiller beschützen. Der kann doch genau in diesem Moment schon wieder zuschlagen, während ich hier Zeitung lese. Sollen wir denn jedem eine schusssichere Weste anziehen?
    Er musste unwillkürlich an eine kleine Kontroverse zwischen Dr. Hollerbach und der Kriminalpsychologin denken. Im Vorfeld der anberaumten Pressekonferenz hatte Eva davor gewarnt, den Täter mit erhöhter Medienaufmerksamkeit zu belohnen und ihn so möglicherweise zu weiteren Verbrechen anzustacheln. Der Oberstaatsanwalt hatte sich persönlich angegriffen gefühlt und Eva barsch darauf hingewiesen, dass er der Herr des Verfahrens sei. Tannenberg hatte sich ins Fäustchen gelacht, war er doch normalerweise der Adressat solcher profilneurotischer Attacken.
    Dabei war der Hohl, Hohl, Hollerbach damals unglaublich scharf auf sie. Doch er hatte nicht die geringste Chance gehabt, bei ihr zu landen. Ganz im Gegensatz zu mir, freute er sich in Gedanken.
    »Gestern hat sich im Tchibo ein alter Knacker am Nebentisch in unser Gespräch eingemischt«, beendete Jacob die Selbstbeweihräucherung seines Sohnes. »Er hat gesagt, dass er im Krieg einige Scharfschützen kennengelernt hätte. Das seien ohne Ausnahme mordlüsterne, eiskalte Verbrecher gewesen. Das Totschießen von Menschen hätte ihnen richtig Spaß gemacht.«
    »Dass solche abartigen Kreaturen sich überhaupt Menschen nennen dürfen, ist wirklich ein Skandal«, bemerkte Johanna, während sie die Herbstblumen in eine Vase steckte und wässerte.
    »Und das Schlimmste daran ist, dass diesen feigen Hosenscheißern noch nicht mal was passiert. Die knallen aus dem sicheren Hinterhalt Soldaten ab und müssen kein bisschen Angst haben, dass sie dafür bestraft werden«, stimmte Jacob zu. »Weil das im Krieg alles legal ist.«
    »Wir sind aber nicht im Krieg, Vater«, protestierte Tannenberg.
    »Ihr nicht, euer Gegner aber schon. Der befindet sich nicht nur im Krieg mit euch, der hat sogar den Krieg im eigenen Kopf.«
     
    Die Frühbesprechung der Sonderkommission ›Sniper‹ war von Tannenberg auf Punkt 9 Uhr angesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt steckte der zuständige SOKO-Leiter noch in einem Pulk aufdringlicher Journalisten fest, die auf dem Pfaffplatz in Wohnwägen übernachtet und ihn vor dem Eingang abgefangen hatten. Die spektakuläre Mordserie hatte inzwischen bundesweit Aufsehen erregt.
    Mehrere Fernseh- und Rundfunkanstalten berichteten in regelmäßigen Abständen live aus Kaiserslautern, dem vermuteten Lebensmittelpunkt des Serienkillers. Nur mit Unterstützung seiner uniformierten Kollegen gelang es Tannenberg schließlich, den Belagerungsring zu durchbrechen und das Dienstgebäude der Kriminalinspektion zu betreten.
    Schimpfend hastete er die Treppe hinauf. Im Flur des K 1 traf er auf Johannes Zörntlein, der an einem Getränkeautomaten herumhantierte.
    Tannenberg runzelte die Stirn und zog das Kinn zum Hals. »Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist in Lyon.«
    »Da war ich auch«, gab der wie aus dem Ei gepellte BKA-Beamte zurück. »Allerdings nur für ein paar Stunden. Ich hatte befürchtet, dass es länger dauern würde. Aber eigentlich

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