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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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werden wir eine erneute Störung der Kommunikation simulieren. Wir werden so tun, als wären wir hilflos. Da er gesehen hat, wie wir alles seinen Wünschen entsprechend eingerichtet haben, muss er jetzt reagieren. Er muss sich etwas einfallen lassen, damit sein Spiel weitergeht. Möglicherweise ändert er dabei kurzfristig seinen Kommunikationsweg, und wir haben eine Chance, ihn zu orten. Wenn wir das schaffen, können wir unsere Ressourcen in die Waagschale werfen und haben eine Chance, ihn zu schnappen. Aber wir müssen schnell sein.«
    Ellen sah in die Runde. Die Aufmerksamkeit war ungebrochen, ihr Plan kam gut an. Alle brannten darauf, endlich aktiv zu werden, und wollten wissen, wie es konkret weitergehen sollte.
    »Die detaillierten Vorbereitungen kann ich Ihnen nicht in diesem Raum vorstellen«, sagte sie. »Dazu müssen wir in die Ausweichzentrale wechseln. Tun Sie jetzt bitte so, als würden wir eine Pause machen, und finden Sie sich in fünf Minuten in der Ausweichzentrale ein.«
    In der Ausweichzentrale wollte Ellen gerade beginnen, das weitere Vorgehen zu erläutern, als Direktor Brahe eintrat. In der Hand hielt er ein zusammengerolltes Blatt von etwa doppelter DIN-A4-Größe.
    »Frau Faber …«, begann er und stockte, als er sah, wie Ellen vor dem Team stand. »Was … äh … Wollen Sie jetzt immer so rumlaufen?«
    Jetzt wurde Ellen doch verlegen. Sie sah sich um und musste feststellen, dass ihre Bluse anscheinend noch in der Zentrale mit den Kameras lag.
    »Tut mir leid. Ich hab's irgendwie im Eifer des Gefechts vergessen.«
    »Soll ich Ihre Bluse holen?«, bot Marina Wirtz an.
    »Ja, bitte.«
    Marina Wirtz war in einer Minute zurück. Brahe studierte in dieser Zeit interessiert den Stadtplan von Berlin, den er schon tausend Mal gesehen hatte. Nach einer weiteren Minute, in der Ellen ihre Bluse hastig überzog, setzte der Direktor erneut an, dieses Mal mit etwas weniger Elan.
    »Frau Faber, was habe ich hiervon zu halten?« Er entrollte das Blatt und hielt es für alle sichtbar hoch.
    »Ein vergrößertes Foto aus einer Radarfalle, würde ich sagen«, antwortete Ellen.
    »Kennen Sie die beiden Personen darauf?«
    Ellen sah keinen Grund zu leugnen. Es war ihr klar gewesen, dass man ihr intern schnell auf die Schliche kommen würde. Das einzig Überraschende war, wie schnell das Bild die Runde gemacht hatte. »Der eine ist Eberle, der Reporter, der Hassan Nabil interviewt hat, der andere sein Kameramann Karl Rübenfeld.«
    »Korrekt«, bestätigte Brahe. »Dieser Eberle hat mich angerufen und sich über Sie beschwert. Das Foto ist an alle Redaktionen in Berlin gegangen. Man macht sich lustig über ihn.«
    Überall im Raum brach ein Murmeln aus. Khalid und Marina Wirtz lachten. Selbst Stefan konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Auch Ellen musste schmunzeln. Sollte sich ganz Berlin kranklachen über Eberle. Er hatte es nicht besser verdient.
    »Nehmen Sie die Sache nicht auf die leichte Schulter, Frau Faber. Eberle will Sie wegen Rufschädigung verklagen. Und außerdem wegen unerlaubter Herausgabe von polizeilichen Daten.«
    »Dass ein Reporter sich über die Herausgabe polizeilicher Daten beschwert, ist wirklich selten«, gab Ellen zurück.
    »Er behauptet, Sie hätten ihn bewusst in diese Radarfalle gelockt.«
    »Ich?«, sagte Ellen im Tonfall vollkommener Unschuld, obwohl alle ahnten, dass sie beileibe nicht unschuldig war. »Wie soll ich das gemacht haben. Ich besitze ja nicht einmal ein Auto.«
    »Mit Ihrem Fahrrad.«
    »Mit meinem Fahrrad soll ich Eberle in eine Radarfalle gelockt haben? Abenteuerlich. Hat er Zeugen für diese wirre Geschichte? Woher will er eigentlich wissen, dass das Foto von mir verschickt wurde?«
    »Für ihn liegt das offen auf der Hand.«
    »Was so viel heißt wie, es ist eine bloße Vermutung von ihm. Vielleicht ärgert er sich, dass ich ihm kein Interview gebe. Was würden Sie zu mir sagen, wenn ich nur mit Vermutungen zu Ihnen käme?«
    Brahe räusperte sich wieder. »Das will ich jetzt nicht diskutieren. Ich bin mir aber sicher, dass interne Ermittlungen uns schnell konkrete Hinweise auf den Absender der E-Mail liefern würden.« Er sah Ellen herausfordernd an.
    »Das kann ich nicht ausschließen«, sagte Ellen. »Wir haben fähige Leute.«
    »Ich werde nach außen hin vertreten, dass wir gerade keine freien Kapazitäten für interne Ermittlungen haben und uns später darum kümmern. Aber nach innen komme ich nicht darum herum, Ihnen einen offiziellen Verweis zu

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