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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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aber jetzt nicht mehr.
    Auf halbem Weg machte er halt. Er durfte noch nicht nach Hause. Nicht mit seinen Zweifeln. Ellen Faber saß in Untersuchungshaft. Und auch wenn er nichts verstand und noch weniger erklären konnte, vertraute er Ellen. Brahe bog in den Gang, der zur KTU führte. Vielleicht war Sina Ahuus noch da. Vielleicht konnte sie ihm etwas sagen, was seine Zweifel aus der Welt schaffte.
    Brahe fand Sina im Labor am Lichtmikroskop. Normalerweise strahlte sie eine besondere Lebendigkeit aus, aber jetzt wirkten selbst ihre borstigen Stoppelhaare irgendwie kraftlos. Sie saß vor dem Monitor, tat aber nichts. Als Brahe sie anredete, zuckte Sina Ahuus zusammen.
    »Herr Brahe, Sie sind's. Ich habe Sie gar nicht kommen gehört.«
    »Der Polizeipräsident hat gerade Frau Faber festgenommen.«
    »Das habe ich befürchtet. Nach unserer Entdeckung blieb ihm wohl nichts anderes übrig.«
    »Sind Sie sich wirklich sicher?«, fragte Brahe, obwohl er die Antwort kannte.
    »Leider. Sie können mir glauben, dass wir die Abdrücke zehnmal überprüft haben, bevor wir damit zu Kronen gegangen sind. Es gibt keinerlei Zweifel: Es sind Ellen Fabers Fingerabdrücke auf den Handys.«
    Um die Aussage zu beweisen, lud Sina Ellens Originalfingerabdruck auf den Monitor und blendete die beiden gefundenen Teilabdrücke von den Handys darüber. »Die Abdrücke auf den Handys sind zwar verschmutzt, aber wir können mehr als ausreichend übereinstimmende Minutien identifizieren.« Selbst für Brahe als Nicht-Experten war die Übereinstimmung eindeutig.
    »Ich kann es trotzdem nicht glauben«, sagte Brahe. »Könnten sie manipuliert sein?«
    »Sie meinen, von jemand anderem künstlich auf den Handys aufgebracht?«
    »Zum Beispiel.«
    Sina zuckte die Schultern. » Wie die Abdrücke auf die Handys gekommen sind, kann ich nicht sagen. Ich kann nur feststellen, dass sie da sind und dass es Ellen Fabers Abdrücke sind.«
    »Etwas muss falsch sein. Davon bin ich fest überzeugt.«
    »Ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll. Ich kenne Ellen Faber gut. Dass sie die Daten auf ihrem Laptop so professionell vernichtet haben soll, dass wir sie nicht mehr rekonstruieren können, ist unmöglich. Sie interessiert sich nicht für Computer.«
    »Sie könnte ihre Kenntnisse geschickt vor uns verborgen haben. Oder einen Helfer gehabt haben, wie Kronen vermutet.«
    »Auf dem Laptop sind nur die Fingerabdrücke von Ellen. Die meisten natürlich verwischt, weil Daudert daran gearbeitet hat. Genau wie Daudert könnte auch sonst jemand sich mit Handschuhen an dem Gerät zu schaffen gemacht haben. Das kann ich nicht ausschließen.«
    »Aber Sie glauben es nicht?«, fragte Brahe.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Dafür kenne ich Ellen zu gut. So etwas passt nicht zu ihr, ganz und gar nicht. In diesem Fall ist alles anders als sonst. Der Erpresser passt in kein Schema. Er war uns immer einen Schritt voraus. Und diese Sache mit den Handys war kein Zufall. Sie war gründlich geplant. Fast so, als sollten wir die Abdrücke darauf finden.«
    »Wir dürfen also nicht in unseren normalen Schemata denken«, überlegte Brahe laut. »Aber wie dann? Was könnte hier anders sein als sonst?«
    Sina seufzte. »Wenn ich das wüsste, wären wir weiter. Ich würde mir die Abdrücke nochmals ansehen – auch wenn ich nicht weiß, wonach ich suchen soll. Aber dazu müsste ich die Handys wiederbekommen. Die sind bei Kronen.«
    Brahe wiegte den Kopf hin und her. »Schwierig. Kronen wird die Handys nicht mehr für eine weitere Untersuchung herausrücken. Er glaubt, dass wir parteiisch sind.«
    »Ohne die Handys kann ich nichts machen.« Sina deutete auf den Monitor. »Das Bild alleine hilft mir nicht weiter. Das habe ich schon nach allen Regeln der Kunst ausgewertet.«
    »Ich besorge Ihnen die Handys. Ich weiß zwar noch nicht, wie, aber das sind wir Frau Faber schuldig.«
    Es dauerte fast eine Stunde, bis Brahe wieder bei Sina erschien. Auf seinen Schläfen glänzten Schweißtropfen.
    »Ich habe noch niemals etwas gestohlen«, sagte er, »und jetzt bestehle ich sogar den Polizeipräsidenten.« Er hielt Sina den Beutel mit den beiden Handys hin. »Wenn Kronen den Diebstahl entdeckt … Ich weiß nicht, was er dann mit mir macht.«
    Sina nahm den Beutel entgegen. »Danke. Am besten legen Sie sich etwas hin. Es bringt nichts, wenn Sie morgen zusammenbrechen. Der Erpresser ist noch lange nicht mit uns fertig, fürchte ich.«
    »Das befürchte ich auch.« Brahe warf Sina einen fast

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