Zehntausend Fallen (German Edition)
überhaupt.
»Mit diesem Ding müssen Sie selber klarkommen«, stellte Alfred fest. Er konnte Ellen nicht helfen oder wollte nicht. Wahrscheinlich beides.
Das Betriebssystem war älter als alles, was Ellen kannte, aber nach ein paar Versuchen kam sie zurecht. Zum Glück war ihre Aufgabenstellung nicht besonders anspruchsvoll. Sie wollte nur nach wenigen Stichworten suchen.
Ellen entschied sich für die Volltextsuche und tippte »Saatogo« ein. Der übliche Fortschrittsbalken erschien, aber es tat sich nichts. Erst nach einigem Warten entdeckte Ellen eine Veränderung. Es war wohl doch zu viel Text, der durchsucht werden musste. Bis zu einem Ergebnis wäre Ellen verhungert. Sie brach ab und schränkte die Suche zeitlich ein. Zehn Jahre waren immer noch zu viel. Drei ging einigermaßen zügig. Während Ellen herumprobierte, schlurfte Alfred um sie herum. Er war sichtlich unzufrieden. Jetzt kam endlich jemand zu ihm – und kümmerte sich doch nur wieder um dieses verhasste Gerät.
Ellen erhielt keine Ergebnisse. Nun gut, »Saatogo« war auch kein geläufiger Begriff. Vielleicht schaffte er es nicht bis in das Märkische Tageblatt. Viel wichtiger war Ellen sowieso das nächste Wort: »Selbstmord«. Das musste es zu hundert Prozent geben. Ellen wählte wieder die letzten drei Jahre.
Das Ergebnis kam.
Keine Treffer zu Ihrer Suche
Das konnte unmöglich sein.
Vielleicht habe ich mich vertippt.
Ellen startete einen neuen Suchlauf. Gleiches Ergebnis. Nichts. Jetzt war Ellen ratlos. Sogar Alfred merkte ihr das an.
»Geht nicht, hä?«, fragte er, als ob er das schon vorher gewusst hätte.
»Nein«, gab Ellen zu.
»Das ist immer so. Computer sind Schrott. Mal stürzen sie ab, mal fehlt ein Passwort, mal sind Daten verloren. Nie klappt alles. Sag ich doch.«
»Es müsste aber.«
»Das sagen sie alle«, behauptete Alfred.
Während er weitere Argumente gegen Computer aufzählte, startete Ellen eine andere Suche zur Probe. Zu »Auto« kamen unzählige Verweise auf Artikel und ebenso zu »Mord«. Nur was sie suchte, funktionierte nicht. Alfred war gerade bei dem Punkt angekommen, dass Zeitungen nie abstürzten, man sie auch nach zehn Jahren noch lesen konnte und keine Daten verloren gingen.
Ellen stutzte. Irgendetwas hatte Alfred gesagt, das wichtig für sie war. Bloß was? Sie kam nicht drauf. Stattdessen begann sie daran zu zweifeln, dass sie auf dem richtigen Weg war. Sie wusste aus Erfahrung, dass es leider nicht nur Anfängern passierte, dass sie sich bei polizeilichen Ermittlungen an einer Idee festbissen und gar nicht mehr offen waren für andere Gedanken.
Vielleicht liege ich selbst falsch? Vielleicht bilde ich mir nur einen Fall ein, wo es überhaupt keinen gibt?
»Was suchen Sie denn?«, riss Alfred Ellen aus ihren Gedanken.
»Ich möchte wissen, ob es hier in der Gegend in der letzten Zeit Selbstmorde gegeben hat.«
»Natürlich hat es das.«
»Aber in den Nachrichten steht nichts davon.«
Alfred sah Ellen mitleidig an. »In dem Ding da vielleicht nicht, aber in den Zeitungen steht es.«
Das kann nicht sein, wollte Ellen sagen, aber sie entschied sich kurzerhand anders. »Können Sie mir das zeigen?«
»Selbstverständlich. Kommen Sie mit.«
Auf einmal wirkten die Falten in Alfreds Gesicht glatter. Er schlurfte auch schneller an den Jahrgängen entlang. Die Gelegenheit, es diesem »Ding da« mal so richtig zu zeigen, motivierte Alfred ungemein. Er schien um Jahre jünger geworden zu sein. Ellen folgte ihm gespannt.
Jetzt hatten sie den aktuellen Jahrgang erreicht. Alfred begann zu wühlen. Da die Zeitungen noch nicht so lange hingen, hielt sich die Staubentwicklung in Grenzen.
»Hier drin steht was.«
Alfred hakte eine Aufhängung aus ihrer Halterung und drückte Ellen die Zeitung in die Hand. Mit einem »Und hier drin« von Alfred kam schon die nächste Zeitung. Und noch eine. Und dann noch eine. Ellen konnte es kaum glauben, aber noch hatte sie nur die Zeitungen in der Hand und keinen Artikel wirklich gelesen. Alfred führte Ellen zu einem Lesetisch. Im Gegensatz zu dem Computer war der staubfrei. Alfred nahm Ellen eine Zeitung aus der Hand, blätterte kurz darin herum und deutete schließlich auf einen Artikel.
Ellen sta unte. »Sie wissen alles, was dadrin steht?«
»Selbstverständlich«, sagte Alfred wieder. Er tippte sich gegen die Stirn. »Hier i st mehr drin als in dem Ding dahinten. Aber mich fragt ja keiner«, fügte er bedauernd hinzu.
»Wenn ich noch mal etwas wissen will, werde
Weitere Kostenlose Bücher