Zehntausend Fallen (German Edition)
Frage in ungewöhnlich scharfem Tonfall ab.
Ellen wusste sofort, dass etwas nicht stimmte.
»Wir wollten Frau Schuster besuchen, fragen, ob sie alleine zurechtkommt.« Den anderen Teil der Wahrheit hielt Ellen vorsichtshalber zurück. Sie wollte zunächst herausfinden, was los war.
»Sie wissen sicher, dass dieser Brand kein Unfall war?«, fragte Rux.
Rux will mir eine Falle stellen. »Woher sollte ich das wissen?«
»Ich stelle hier die Fragen.«
»Nein, ich weiß es nicht. Wenn es Brandstiftung war, wer sollte es gewesen sein?«
»Das werden wir herausfinden.« Der Blick, mit dem Rux Ellen bei diesen Worten bedachte, verriet ziemlich eindeutig, wen er als Täter im Fokus hatte. Rux hielt Ellen den Plastikbeutel vor die Nase. »Kennen Sie das hier?«
»Ich habe keine Ahnung, was das sein sollte.«
»Ein Zünder, den wir am Brandherd gefunden haben.«
»Und jetzt denken Sie, ich hätte den Brand gelegt?«, sprach Ellen das Offensichtliche aus.
Rux setzte ein triumphierendes Lächeln auf. »Sie sind beobachtet worden, wie Sie vor zwei Tagen heimlich die Scheune betreten haben.«
Ellen begriff. Verdammt. Danuta hat mich gesehen. Sie muss es Rux erzählt haben, als wir noch draußen waren.
Rux redete genüsslich weiter: »Ich frage mich natürlich, was Sie dort wollten.«
»Ich habe gehofft, dort Hinweise zu finden, warum sich Andreas Schuster umbringen wollte.«
Rux lächelte mitleidig. »In einer leeren Scheune?«
»Da wusste ich noch nicht, dass die Scheune leer war. Außerdem, was sollte ich für ein Motiv haben?«
»Was für ein Motiv sollten andere haben? An einen Versicherungsbetrug glauben Sie wohl selbst nicht. Frau Schuster würde kaum die Scheune anzünden, wenn ihre eigenen Kinder darin sind. Und neidische Nachbarn? Jeder hier weiß, dass es den Schusters nicht gut geht. Auf die braucht man nicht neidisch zu sein.«
» Ich würde die Scheune auch nicht anzünden, wenn Kinder darin sind«, widersprach Ellen zornig.
»Stellen Sie sich vor, das glaube ich Ihnen sogar. Dummerweise kann man das bei einer Fernzündung nicht wissen. Vielleicht wollten Sie auch wieder den Retter in höchster Not spielen? Das scheint Ihre Spezialität zu sein, warum auch immer.«
Rux' Anschuldigungen trafen Ellen sehr. Sie wusste nicht mehr, was sie entgegnen sollte.
»Wenn Sie Beweise haben, werde ich mich dafür verantworten.«
Rux schwenkte nochmals den Beutel mit dem verbrannten Zünder. »Wir werden es herausfinden. Sie wissen ja aus eigener Erfahrung, wozu die moderne Kriminaltechnologie in der Lage ist. Morgen um neun Uhr werden Sie im Präsidium erscheinen. Dann werden wir Ihre Antworten zu Protokoll nehmen. Eine Speichelprobe brauche ich ja nicht. Kollege Daudert aus Berlin wird mir Ihre Daten im Zuge der Amtshilfe sicher gerne zur Verfügung stellen.«
Er grinste Ellen frech an.
Nach einer Pause fügte Rux hinzu: »Eigentlich sollte ich Sie sofort mitnehmen, aber weil Sie eine ehemalige Kollegin sind, lasse ich Ihnen noch eine Nacht. Neuruppin dürfen Sie natürlich nicht mehr verlassen.«
Damit drehte sich Rux um und ging hinaus. Weder Sina noch Danuta schienen für ihn zu existieren. Danuta hatte die ganze Szene ratlos verfolgt. Jetzt sah sie Ellen abweisend an.
»Geht«, war das Einzige, was sie sagte.
»Danuta, ich war es nicht. Du musst mir glauben!«, bat Ellen eindringlich. »Wir wollen dir helfen.«
»Geht!«
Sina fuhr nicht allzu weit. Nach drei Kilometern hielt sie an und parkte in der Einmündung eines kleinen Feldwegs. Sie wollte reden.
»Das können wir wohl kaum als erfolgreichen Besuch verbuchen.«
Ellen war noch aufgewühlt. »Immerhin haben wir die Kinder gerettet.«
»Das ist wahr. Dafür sitzt du umso tiefer in der Scheiße. Dieser Rux scheint dich gefressen zu haben.«
»Glaubst du, der fälscht Beweise?«
»Schwer zu sagen. Vielleicht hat er sich nur in eine Theorie verbissen, aber sicher kannst du nicht sein.«
»Nur mal angenommen, er würde mir was anhängen wollen, könnte er das, ohne dass es auffällt? Draußen sind genug Blutspuren von mir, an denen er sich bedienen kann. Wenn er ein winziges Bisschen davon an den Fernzünder manipulieren würde, würdest du das bei einer Untersuchung merken?«
»Wenn ich nicht misstrauisch wäre – nein. Bei so einem verbrannten Teil ist man froh, wenn man überhaupt verwendbare dna -Reste findet. Dass ein Polizist dna eines Verdächtigen bewusst an ein Beweisstück bringt, ist nicht das, an was man ständig
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