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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Ellen war es recht. Sie musste nachdenken. Aus eigener Erfahrung kannte sie die Schritte und Möglichkeiten der Polizei zur Genüge. Sie musste höllisch aufpassen, um keinen Fehler zu machen.
    Ellen überflog die Adressen in ihrem Handy.
    Mateusz Rudzinski. Der ist ideal.
    Mateusz war ein Kollege aus Warschau, den sie bei einem europäischen Austausch kennengelernt hatte. Er war ganz nett gewesen, hatte ihr Warschau gezeigt und hätte wohl auch gerne eine Nacht mit ihr verbracht. Ellen hatte ihn freundlich, aber bestimmt auf Distanz gehalten.
    Ellen tippte eine sms : Hallo Mateusz. Komme morgen. Ruf nicht zurück. Bis bald.  ef
    Entschuldige, Mateusz, aber das ist ein Notfall, dachte Ellen und drückte auf Senden.
    Anschließend löschte sie den Gesendet-Speicher und auch alle anderen Adressen.
    »Warten Sie hier«, sagte Ellen zu dem Fahrer, als sie vor dem Bahnhof parkten.
    Der Fahrer machte die Bewegung des Geldzählens.
    Ellen legte ihm einen Hunderter hin. »Als Anzahlung. Es geht gleich weiter.«
    »Wieder was erledigen?«
    »Genau.«
    Am Fahrkartenschalter fand Ellen einen Mann, dessen Gepäck nach einer längeren Reise aussah. Sie stellte sich hinter ihm an. Er wollte nach Hamburg, das passte. Ellen manipulierte ihr eigenes Handy in eine Manteltasche des Mannes. Dann war sie an der Reihe – und kaufte ebenfalls ein Ticket nach Hamburg. Dabei zahlte sie mit ihrer Kreditkarte. Vielleicht würde Rux die Zahlung aufspüren. Wenn er dann noch versuchte, sie über ihr Handy zu orten und es auch auf dem Weg nach Hamburg war, würde er die falsche Fährte vielleicht schlucken. Irgendwann würde ihr Handy in seine Hände gelangen, Rux würde die gelöschten Daten rekonstruieren lassen und die sms finden. Natürlich würde er herausfinden, dass auch die Spur nach Polen falsch war, da machte Ellen sich keine Illusionen, aber sie konnte Zeit gewinnen, ein oder zwei Tage vielleicht.
    Auf dem Weg zum Ausgang machte Ellen an einem Geldautomaten halt. Sie belastete ihre Kreditkarte und ihre ec -Karte bis zur Grenze und hob alles ab, was ging. Das gute alte Bargeld war immer noch die beste Möglichkeit, unerkannt zu bezahlen. Alles andere wurde gnadenlos aufgezeichnet und konnte verfolgt werden.
    »Wohin jetzt?«, wollte der Fahrer wissen.
    »Sie sind Türke?«, fragte Ellen.
    Der Fahrer nickte. »Warum ist das wichtig?«
    »Sie haben Familie?«
    »Zwei Jungs und eine wunderschöne Tochter«, antwortete der Mann stolz.
    »Wenn Sie mir bei Ihrer Familienehre schwören, dass Sie nachher vergessen, dass Sie mich nach Berlin gefahren haben, zahle ich Ihnen zweihundert Euro für den Weg.«
    Der Mann überlegte nicht lange. »Dreihundert Euro.«
    »Zweihundertfünfzig.«
    »Abgemacht. Für den Rest des Tages weiß ich nicht mehr, wo ich gewesen bin.«

14
    Ellen ließ sich in der Nähe des Hauptbahnhofs absetzen. Vor dem Haupteingang parkten eine Anzahl Einsatzfahrzeuge der Polizei. Ein paar waren immer hier, aber das jetzt waren entschieden zu viele, fand Ellen. Das war kein üblicher Einsatz. War Rux ihr schon auf der Spur? Hatte er geahnt, dass sie nach Berlin wollte? Auf jeden Fall war die Situation heikel. Sie durfte nichts riskieren. Ellen stieg in den nächstbesten Bus. Mit der S -Bahn wäre es schneller gegangen, aber da gab es Überwachungskameras. Langsam wurde ihr bewusst, wie eingeengt man war, wenn nach einem gefahndet wurde. Allzu lange konnte das nicht gut gehen.
    Sina wartete bereits vor der Pension »Berlin«, ihrem vereinbarten Treffpunkt, auf Ellen.
    »Ich habe schon ein Zimmer gebucht.«
    »Sehr gut.« So vermied Ellen, beim Einchecken ihren Ausweis vorlegen zu müssen. Das wäre geradezu eine Einladung für Rux gewesen. »Was schulde ich dir?«
    »Die ersten drei Tage sind geschenkt. Dann sehen wir weiter.«
    »Danke. Was täte ich nur ohne dich?«
    »Im Knast sitzen, was sonst?«
    »Davon bin ich eh nicht weit entfernt. Am Bahnhof wimmelt es nur so von Polizisten. Ich fürchte, Rux ist mir schon auf den Fersen.«
    »So schnell auch wieder nicht. In ganz Berlin ist die Hölle los – ausnahmsweise nicht wegen dir. Deshalb habe ich auch keine Zeit, ich muss gleich wieder zurück ins lka . Siehst du eigentlich keine Nachrichten?«
    »Ich war oft genug selbst in den Nachrichten und auf den Titelseiten. Das hat mir gereicht.«
    »Du solltest dich aber dafür interessieren, vielleicht geht dir dann ein Licht auf. Kann ich dich bis morgen Mittag allein lassen, ohne dass du

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