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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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Fingerabdruckscanner. Hajo drückte seinen rechten Daumen darauf und sagte: »Sesam, öffne dich!«
    Hinter der Tür klackte es metallisch, dann schwang sie langsam auf.
    »Willkommen, Meister«, sagte eine Stimme. »Tritt ein.«
    Hajo grinste über das ganze Gesicht. »Cool, nicht wahr?«
    Ellen wusste nicht, was sie denken sollte . Genialität und Durchgeknalltsein waren bei Hajo so eng miteinander verwoben, dass man eins nicht vom anderen trennen konnte.
    »Ein bisschen Spaß muss sein«, sagte Ellen neutral.
    »Du hältst mich für verrückt, ich weiß. Aber du willst ja unbedingt mit mir in einem Team arbeiten. Dafür kann ich nichts.« Hajos Grinsen verschwand. »Für den Fall, dass du mal alleine eintreten willst und die Begrüßung nicht kommt, würde ich an deiner Stelle keinen Fuß über die Schwelle wagen.«
    »Was ist dann?«
    »Dann würdest du die Kammer des Schreckens als Wellness-Oase empfinden.«
    Damit hatte Ellen nicht gerechnet. Sie näherte sich vorsichtig der Tür und sah hindurch. Es sah alles so normal aus, aber sie zweifelte keine Sekunde daran, dass Hajos Warnung sehr ernst zu nehmen war.
    »Damit es nicht so weit kommt, werden wir einen Fingerabdruck und einen Stimmabdruck von dir nehmen. Aber jetzt komm erst mal rein.«
    Mit einem mulmigen Gefühl folgte Ellen Hajo in den schmalen Flur. Die Wände hingen rechts und links voll mit alten Kleidungsstücken. Darin und dazwischen konnte alles Mögliche versteckt sein. Erkennen konnte Ellen nichts. Auf jeden Fall war dieser Flur der perfekte Ort für eine Falle, eng und ohne jede Möglichkeit, auszuweichen.
    In der Wohnung roch es muffig, und wegen der zugezogenen Vorhänge herrschte Dämmerlicht.
    »Kann ich mal ein Fenster aufmachen, oder werde ich erschossen, wenn ich vorher keinen Spruch aufsage?«
    Die Frage war scherzhaft gemeint, die Antwort nicht.
    »Die Willkommensformel an der Tür ist ein Zeichen, dass alles gesichert ist. Du kannst aufmachen.«
    Puh, hier gab es eine Menge, woran sie sich erst gewöhnen musste. Ellen wusste nicht, wie sie das finden sollte, von lauter Fallen umgeben zu sein. Hajo schien es jedenfalls ganz normal zu finden. Er war in einem Zimmer verschwunden und tippte etwas auf einer Tastatur. So hörte es sich wenigstens an.
    Ellen zog den Vorhang beiseite. Das wurde anscheinend nicht oft gemacht, denn es staubte heftig. Sie öffnete das Fenster und ließ den Staub hinaus und frische Luft herein.
    »Geht ziemlich weit runter«, bemerkte Ellen. »Wenn deine Wohnung belagert wird, nützen dir deine Fallen nichts. Dann sitzt du in der Falle.«
    Hajo hatte seinen Platz am Computer verlassen und lehnte am Türrahmen. »Ich will deine Bemerkung nicht so verstehen, dass du mich für zu blöd hältst, sondern dass du die oberste Regel befolgst. Regel Nummer ei ns heißt: Habe immer einen Plan B. Auf das Betreten von Häusern oder Räumen bezogen bedeutet das: Identifiziere zuerst mögliche Fluchtwege.«
    »Du hast ziemlich viele Regeln«, stellte Ellen fest.
    »Die mir meine Freiheit sichern. Wenn du frei bleiben willst, musst du dich damit anfreunden.«
    Ellen seufzte. »Es wird mir nichts anderes übrig bleiben. Also, wo ist dein Notausgang?«
    »Der Schrank im Schlafzimmer.«
    Während Ellen hinging und hineinsah, erklärte Hajo weiter. »Er hat keine Rückwand. Die Tür führt auf den Dachboden. Die Dachböden der benachbarten Häuser sind alle verbunden. Da gibt es genug Möglichkeiten, herunterzukommen und zu verschwinden. Du solltest die Tür aber nicht ausprobieren. Sie lässt sich nur von einer Seite aus öffnen , und das auch nur einmal.«
    Das weitere Mobiliar des Schlafzimmers war normal. Ein Bett, eine Kommode, ein Nachttisch und eine Garderobe an der Wand. Alles altmodisch und billig. Irgendetwas störte Ellen, aber sie wusste nicht, was.
    »Und wo schlafe ich?«
    »Nicht in diesem Bett. Ich bin Ruhe gewohnt und liebe meinen Schlaf.«
    »Geht mir genauso.« Ellen war erleichtert. Wenn Hajo gefordert hätte, dass sie bei ihm oder mit ihm schlafen sollte, wäre es kompliziert geworden. Sie hatte für sich eine rote Linie gezogen, die sie nicht überschreiten wollte.
    »Du kannst in der Werkstatt schlafen.«
    Hajo ging in den benachbarten Raum, in dem an der Wand eine Werkbank stand mit allerlei Werkzeug darauf. An der gegenüberliegenden Wand befanden sich einige Holzkisten mit einer Decke darüber, sodass sich eine ebene Fläche ergab.
    Ellen hob die Decke hoch. Alle trugen ein Brandzeichen der Nationalen

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