Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
Vom Netzwerk:
winziger Hoffnungsschimmer glomm in seinen Augen auf.
    »Ich bin nicht von der   b . z . Ich bin vom bka .« Ellen zeigte ihm einen weiteren Ausweis, ebenfalls eine Fälschung von Hajo.
    Der Ausdruck der Überraschung auf Veritatis' Gesicht wechselte zu Verwirrung. Er nahm den Ausweis und studierte ihn prüfend. Es kam wieder genau, wie von Hajo geplant. Veritatis nickte und gab Ellen den Ausweis zurück. Welcher normale Mensch konnte schon entscheiden, ob ein bka -Ausweis echt war? Und wenn dann noch das bka die mögliche Rettung aus einer verhängnisvollen Sackgasse anbot? Neunundneunzig Komma acht Prozent hatte Hajo als Eintrittswahrscheinlichkeit berechnet, dass Veritatis die bka -Geschichte akzeptierte.
    Hajo bedauerte, jetzt nur einen Schluck Bier trinken zu können, obendrein noch alkoholfrei. Cognac wäre angebracht gewesen, aber noch war es zu früh zum Feiern, obwohl seine Pläne abliefen wie eine perfekte Choreografie. Für einen Moment schloss Hajo die Augen, um Ellens nächste Sätze zu genießen.
    »Ich gehöre zu einer Sondereinheit, die den Genskandal aufdecken soll, der hinter all dem steht, was da draußen passiert. Wir sind nicht an Öffentlichkeit interessiert, wir wollen die Hintermänner und nicht jemanden, der selbst unter Druck gesetzt wurde. Wenn Sie uns dabei unterstützen, werden wir das nicht vergessen.«
    Hajo lächelte. Es war einfach wunderbar, wie Ellen den Professor wieder aufbaute, nachdem sie ihn vorher demontiert hatte. Bald würde Veritatis zu allem Ja sagen. Selbst Hajo sah es seinem Gesicht an.
    Ärgerlicherweise klingelte in diesem Augenblick Veritatis' Handy. Er warf Ellen einen entschuldigenden Blick zu, nahm das Gespräch an, hörte eine Weile zu und sagte dann : »Ich bin im Pikanto-Steakhaus. Wenn ich fertig bin, komme ich noch mal vorbei.«
    »Wer war das?«, fragte Ellen.
    »Charlotte Hilfrich, eine Doktorandin. Mit einer Versuchsanordnung gibt es Probleme.«
    Hajo war alarmiert. Warum wollte eine Doktorandin wissen, wo ihr Professor war? Um diese Zeit? Vom Institut bis hierher waren es etwa zweihundert Meter. Hajo sah aus dem Fenster. Zwei Mercedes C -Klasse mit getönten Scheiben fuhren vor. Sie bremsten schärfer, als es normale Besucher tun würden. Aus dem ersten stiegen drei Männer, alle relativ groß, aus dem zweiten Wagen stiegen zwei. Ein kräftig gebauter mit kurz geschorenen Haaren aus dem ersten Wagen dirigierte die beiden letzten Typen um das Haus herum. Die beiden, die mit ihm gekommen waren, schickte er zum Eingang des Steakhauses.
    Hajo hob seinen Bierdeckel auf, der ihm gerade heruntergefallen war, fuhr sich mit gespreizten Fingern durch seine Haare, nahm den Aktenkoffer und ging hinaus. Er hatte nicht zufällig beim Erhalten des Biers schon bezahlt.
     
    Abbruch der Aktion! Ellen konnte es kaum fassen. Gerade jetzt, wo sie Veritatis nach allen Regeln der Kunst weichgeklopft hatte? Aber Hajos Bierdeckelaufheben war unmissverständlich. Dass er sich mit fünf Fingern durch die Haare gefahren war und sofort aufstand, hieß, dass er fünf Leute gesehen hatte. Das war ernst.
    Ellen gönnte sich keine Sekunde des Bedauerns. Fast zeitgleich mit Hajo stand sie auf, sagte »Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment« zu Veritatis, griff ihre Handtasche und ging die wenigen Schritte zur Toilette. Bevor die Toilettentür zuschlug, glaubte sie ein Gesicht hinter einem Fenster zu erkennen. Ein Mann sprach in ein Headset. Die Eingangstür knirschte. Schritte kamen auf den Toilettenbereich zu.
    Gerade, als die Schritte die Tür zur Damentoilette erreichten, trat Ellen heraus. Sie sah die beiden Kerle durch ihre Sonnenbrille an. Es waren alte Bekannte, Boris und Alexej. Ellen drängelte sich zwischen ihnen durch, rief »Ciao Alberto« zu dem Kellner und ging zum Ausgang. Ellen wusste nicht, ob der Kellner so hieß, aber Boris und Alexej wussten es schließlich auch nicht.
    In einem Spiegel sah Ellen noch, wie Boris sich kurz nach ihr umdrehte, aber dann folgte er Alexej in die Damentoilette. Sie hatten nur Ellen im Kopf – mit der sie noch eine gesalzene Rechnung zu begleichen hatten. Und diese Ellen war gerade als attraktive Rothaarige in der Toilette verschwunden.
    Viel Zeit hatte Ellen nicht. Boris und Alexej würden die Perücke und die anderen Sachen schnell finden, und dann konnten sie sich denken, wer die dunkelhaarige Frau mit der Sonnenbrille gewesen war. Trotzdem musste jeder Schritt und jede Bewegung so lässig aussehen, als wäre Ellen eine Unbeteiligte.

Weitere Kostenlose Bücher