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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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umgezogen, das Lokal verlassen und mit einem Taxi verschwunden war? Höchstens eine Minute. Dabei war das keine überstürzte Flucht gewesen, sondern bis ins Allerkleinste geplant und vorbereitet.
    Hasels ergänzte seine Bewertung von eben. Die beiden zusammen gehörten in die Gefahrenklasse neun.

26
    Die Sprengstoffkisten waren unschuldig an Ellens unruhigem Schlaf. Ursache waren die fehlenden Alternativen zu dem, was als Nächstes auf ihrem Plan stand. Ellen hatte die halbe Nacht nachgedacht, aber ihr war nichts Besseres eingefallen.
    Hajo saß schon am Tisch, als Ellen aus dem Bad kam. Zum ersten Mal hatte er die Nacht in seinem Bett in dieser Wohnung verbracht. Er war nur mal kurz weg gewesen, um frische Schrippen und Croissants zu holen. Zwölf Euro und neunzig Cent für die sechs Teile. Die noch warmen Croissants verbreiteten zusammen mit dem Kaffee einen Duft, der nach Zuhause und Harmonie roch. Beides passte absolut nicht zu der Realität, in der sie lebten, aber gut tat es trotzdem.
    Hajo lächelte Ellen an. »Na, Expolizistin, schlecht geschlafen?«
    Diese Bemerkung passte jetzt auch nicht. »Fast hätte ich mich einen Moment lang wohlgefühlt«, sagte Ellen.
    »Das tut mir aber leid«, sagte Hajo, wobei Ellen seinem Gesicht ansah, dass es ihm gerade nicht leidtat. Er wusste genau, mit welchen Worten er sie pieksen konnte.
    Ellen setzte sich Hajo gegenüber an den Tisch. »Reich mir mal den Kaffee, Immer-noch-Verbrecher.«
    »So nachtragend?«, sagte Hajo, während er die Kanne rüberreichte. »Na ja, bald sind wir ja Kollegen.«
    Ellen spürte, wie ihr Blutdruck anstieg, bevor sie einen Schluck Kaffee getrunken hatte. Dabei hatte Hajo recht. Das wusste sie genau. Nur, dass er noch in dieser Wunde herumstochern musste, brachte sie auf die Palme. Hajo war kein Gentleman, noch nicht einmal ein Gentleman-Ganove. Er war durchtrieben bis in die letzte Haarwurzel, und so genial wie er darin war, die Handlungen von Menschen vorauszuberechnen, so wenig einfühlsam war er. Oder wollte er es nur nicht sein?
    Ellen schlürfte einen Schluck vom heißen Kaffee und sah Hajo über den Tassenrand an. Er lächelte zurück, als könnte er kein Wässerchen trüben. Hajo schien das Ganze tatsächlich als Spiel zu betrachten. Unbegreiflich für Ellen, aber übel nehmen konnte sie es ihm nicht. Schließlich hatte sie ihn damit gelockt. Sie hatte geschafft, ihn für ihre Pläne einzuspannen, aber gleichzeitig verfolgte er einen eigenen Plan mit ihr, den sie noch nicht wirklich kannte. Sie wusste nur, dass sie sich auf einem schmalen Grat bewegte – und Hajo bereitete es Vergnügen, ihr dabei zuzusehen.
    Hajo schob Ellen ein Foto hin. Es zeigte den Mann , der gestern vor dem Steakhaus gewartet hatte. Beim Verlassen des Lokals hatte Hajo praktischerweise einfach die Kamera in seinem Aktenkoffer weiterlaufen lassen und später einen passenden Ausschnitt vergrößert. Der Mann wirkte groß und kräftig, etwa so wie Boris, nur dass er dazu noch intelligent aussah, gefährlich intelligent. Die kurz geschorenen, etwas kantig geschnittenen Haare ließen Ellen unwillkürlich an einen Agenten denken, fbi oder cia .
    Ellen prägte sich das Gesicht ein. »Das wird Hasels sein, der Boss der beiden Kerle, die mich schnappen wollten. Sie haben mir freundlicherweise den Namen ihres Chefs verraten, als wir uns das letzte Mal getroffen haben.«
    »Der Kleinere hinkt immer noch auf einer Seite«, sagte Hajo, der von Ellen wusste, was in der alten Fabrik geschehen war.
    »Wenn ich gestern gedurft hätte, würde er heute auf beiden Seiten hinken«, sagte Ellen.
    Hajo nahm das Bild wieder zurück. »Erstaunlich, dass er selbst hergekommen ist.«
    »Wenn er die Angelegenheit zur Chefsache macht, heißt das, wir sind auf der richtigen Spur. Allerdings wird es dann auch schwieriger. Hasels ist ein Profi, nicht so ein Idiot wie seine Gorillas.«
    Hajo grinste über das ganze Gesicht. »Du weißt doch, ein Spiel macht erst mit den richtigen Gegnern Spaß.«
    Ellen verstand die Anspielung zu gut, aber sie hatte keine Lust, darauf einzugehen. »Wir müssen das höhere Niveau in unserem Plan berücksichtigen. Was wird Hasels deiner Meinung nach tun?«
    Hajo nahm drei Zuckerwürfel und ordnete sie zu einem Dreieck an. »Hasels wird sich denken, dass wir auf der Suche nach Beweismaterial sind. Also wird er es verschwinden lassen oder die Institute so überwachen, dass wir unmöglich drankommen.« Hajo zeichnete mit seinem Messer einen Kreis um die

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