Zehnter Dezember: Stories (German Edition)
Zeitung, wir auf Seite eins von ihrer Zeitung in den Alpen?
Haha.
Einfach glücklich.
Daher die fantastischen Spekulationen.
(War ja selber noch nie in Europa. Dad fand Portionen dort zu klein. Dann verlor Dad Job, wurde Zeitungsausträger, Größe der Portionen = müßige Frage.)
Bin durchs Leben geschlafwandelt, Leser der Zukunft. Wird mir jetzt klar. Rubbellosgewinn war wie Weckruf. Schnell College-Abschluss gemacht, Pam erobert, Job gefunden, Kinder gemacht, bei Arbeit vorangekommen – und früheres Gefühl vergessen, für etwas Besonderes auserwählt zu sein, das ich als kleiner Junge hatte, wenn ich im zedernduftenden Schlafzimmerschrank saß, wenn ich durch hohe Fenster auf Bäume im Wind starrte und Gefühl hatte, eines Tages würde ich etwas Großes tun.
Beschließe hiermit, mein Leben auf neue, kraftvolle Weise zu leben, und zwar AB JETZT SOFORT (!).
23. Sept.
Eva nervt.
Wie vielleicht schon oben erwähnt, Eva = sensibel. Das ist gut, Pam und ich finden: das = Zeichen für Intelligenz. Aber Eva scheint irgendwie zu glauben, Sensibilität = wirkungsvoller Weg, Aufmerksamkeit zu kriegen, kurz, hat sich angewöhnt, sich von anderen zu distanzieren, will sich vielleicht abheben, also als besser und distinguierter hinstellen als die anderen? Weigerte sich früher schon, Fleisch zu essen, auf Leder zu sitzen, Plastikgabeln Made in China zu benutzen. Schon süß, wenn kleines Kind das macht. Aber wo Eva jetzt älter wird, kommt Angewohnheit, was aus Prinzip zu verweigern, langsam als bisschen preziös rüber + wird Grundlage von Selbstbild?
Familienleben unserer Zeit ein bisschen wie Hau-den- Maulwurf-Spiel, Leser der Zukunft. Habt ihr das noch, Generationen der Zukunft? Plastikmaulwurf kommt raus, man haut mit Hammer drauf, er stirbt, fällt um, noch einer kommt raus, man haut drauf, tötet? Kommt dir vielleicht komisch/gewalttätig als Spiel vor, Leser der Zukunft? Der du nicht mehr essen musst, um zu leben? Nur den ganzen Tag schwebst und deine Nächsten freundlich anlächelst? Manchmal ist es so, sobald ein Kind glücklich ist, »ploppt« ein anderes hoch, hat also was zu meckern, was wiederum von Eltern verlangt, auf Kind »draufzuhauen«, also sich mit Problem zu befassen.
Anscheinend jetzt Eva dran.
Heute schickte Ms Ross, Evas Lehrerin, eine Nachricht für uns mit: Eva spielt sich auf. Eva mürrisch, Eva mit Fuß aufgestampft, Eva mit Fischfutterdose nach John M. geworfen, als er meinte, jetzt wär er dran mit Fischefüttern. Gar nicht typisch für Eva, sagt Ms R.: Eva das liebste, freundlichste Kind der ganzen Klasse.
Und Evas Bilder sind in letzter Zeit seltsam geworden.
Beispiel für seltsames Bild beigefügt:
Typisches Haus. (Soll eindeutig unser Haus sein wegen Pseudo-Kirschbaum = rosa Wirbel.) Im Garten stirnrunzelnde SG s. Eine (»Betty«) mit Gedankenblase: AUTSCH ! DAS TUT ÄCHT WEH . Zweite (»Gwen«) zeigt mit langem knochigem Finger auf Haus: DANKE VIELEN . Dritte (»Lisa«) mit herunterlaufenden Tränen: UND WENN ICH DEINE TOHTER WÄR ?
Pam: Tja. Das erledigt sich wohl nicht von selber.
Ich: Eindeutig nicht.
Spritztour mit Eva gemacht. Durch Eastridge und Lemon Hills gefahren. Auf Häuser mit SG s gezeigt. Eva sollte mitzählen. Am Ende hatten von 50 Häusern ca. 39 welche.
Eva: Nur weil alle das machen, ist es also in Ordnung.
Süß. Eva, die mich + Pam nachäfft.
An der Waddle-Duck-Kreuzung acht SG -Arrangements: händehaltende SG s, hübscher (Anziehpuppen-)Effekt. Scheinen alle zusammen zu singen. Drei Kleinkinder rennen um Gestell herum, zwei Welpen jagen Kleinkinder.
Ich: Wow. Das sieht aber ziemlich elend aus.
(Eva helle, Eva geistreich. Deshalb oft Scherze mit Eva.)
Eva stumm.
Hielten in Fritz’s Chillhouse, aß ein Banana Split, Eva ein SchneeSchmelz, wir saßen auf großem Holzkrokodil und schauten in Sonnenuntergang.
Eva: Ich kann gar nicht – ich kann gar nicht begreifen, dass sie nicht tot sind.
Plötzlich fiel mir mit kleinem Schub Erleichterung ein: Eva wehrt sich zum Teil, weil sie wissenschaftliche Grundlagen der Sache nicht versteht. Fragte Eva, ob sie überhaupt weiß, was Semplica-Leitung ist. Tat sie nicht. Zeichnete menschlichen Kopf auf Serviette, erklärte: Lawrence Semplica = Arzt und cleveres Bürschchen. Erfand Möglichkeit, Mikroleitung durch Hirn zu ziehen, die keinen Schaden und keine Schmerzen verursacht. Technik verwendet Laser, um Pilotleitung zu legen. Dann wird Mikroleitung mit Seidenschnur durchgefädelt. Mikroleitung geht hier
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