Zehnter Dezember: Stories (German Edition)
so gelitten hat, sich nun herablassen sollte, in dergestalt offener & direkter Manier zu mir zu sprechen, durch ihre Worte Einverständnis verkündend, dass ihre Schande im trostlosen Dunkel des Verschweigens weggeschlossen bleiben möge!
Martha: Ted, alles okay?
Worauf ich erwiderte: Wahrlich, mir war nicht wohl, ich war zerstreut & nachlässig; doch nunmehr ist mir geschenkt, von Neuem ganz bei mir zu sein, und hiermit bitte ich untertänigst um Verzeihung für meinen früheren Mangel an Respekt für Euch, gütigste Dame.
Martha: Ganz locker bleiben, Ted.
In diesem Augenblick trat Don Murray höchstselbst vor, streckte eine Hand aus und legte sie mir auf die Brust, als wollte er mich zurückhalten.
Ted, ich schwöre bei Gott, sprach er. Stopf dir ne Socke rein oder was, sonst landest du so was von schnell auf dem Müllhaufen der Geschichte, ich sag’s dir.
Und fürwahr, aus einem Teil meines Geistes war guter Rat nicht teuer, der da lautete: Befleißige dich, diese Gefühle zu dämpfen, auf dass du keine überstürzten Schritte tuest und dein Glück in Unglück verwandelst.
Doch des Menschen Herz ist ein Organ, das sich schlichter Voraussage ebenso verschließt wie leichter Zähmung.
Denn wie mein Blick auf Don Murray fiel, sammelten sich mannigfache Gedanken in meinem Geist gleich Gewitterwolken: Welchen Sinn hat das Leben, wenn der lebende Mensch nicht Anstand walten lässt & für Gerechtigkeit aufsteht, wo ihm doch Gott die Kraft dazu verliehen? War es etwa glückliche Fügung, dass ein Missetäter ungehindert schalten & walten konnte? Müssen die Schwachen auf ewig ungeschützt über dieses schöne Erdenrund wandeln? Bei diesen Gedanken erhob sich in mir etwas Aufrichtiges und Männliches, woraufhin ich, da dem Ehrenmann Heimlichkeit nicht wohl ansteht, mitten in die Mitte des Raumes trat und den vielen dort versammelten Gästen eine aufrechte Erklärung verkündete, laut & vernehmlich, nämlich:
– dass Don Murray in übler Weise Martha benutzt habe, indem er in der FackelNacht seine Rute gegen Marthas Willen in ihren Schoß stieß;
– und ferner: dass dieser elende Schurke Marthas Schweigen durch diverse Bestechungen erzwungen habe, einschließlich ihrer derzeitigen Arbeytsstelle;
– und ferner: dass er in gleicher Weise bestrebt gewesen sei, mein Schweigen käuflich zu erwerben; doch dass ich NICHT WEITER SCHWEIGEN könne, als Mann, der ich sei, wenn auch nicht viel mehr, und der Rechtschaffenheit DIENEN wolle, WAS IMMER es mich koste.
Zu Martha gewandt, ersuchte ich sie mit einem Neigen meines Kopfes um Zustimmung zu diesen Äußerungen & Bestätigung der Wahrheit, die ich verkündet. Doch o weh! Das Frauenzimmer sprang mir nicht bei. Senkte lediglich den Blick, ganz wie in Scham, und floh den Ort.
Die Sicherheitskräfte, mittlerweile von Don Murray herbeigerufen, nahten und nutzten die Gelegenheit gar wohl, ihr Waidmannsheil mit mir zu treiben und mir an Kopf & Gliedern mannigfache Schläge & Hiebe zu versetzen. Zerrten mich sodann von dannen und stießen mich auf die Straße, traten mich in den Staub und rissen vor meinen Augen meine Zeitkarte in Stücke und warfen unter grausamem Hohngelächter das Gestöber in die Luft, waren grausam auch gegen meinen Gefiederten Hut, dessen eine Feder sie übel knickten.
Ich saß voll Blut und Wunden am Boden, bis ich, was an Würde mir geblieben, zusammenraffte und heimwärts strebte, zu etwaigem Trost, der meiner dort harren mochte. Nicht einmal genug Barschaft für die Busfahrkarte war mir vergönnt (da mein Rucksack an jenem üblen Ort verblieben), und so schleppte ich mich länger als eine Stunde dahin, bis die Sonne schon tief auf ihrem Wege stand, und die ganze Zeit grübelte ich trübsinnig, dass meine Urteilskraft gescheitert war und ich meine Familie in eine gar fatale Lage gebracht hatte, denn unsere Armut, schon zuvor einem günstigen Leben als Hindernis entgegenstehend, würde sich nur mehr vervielfachen.
Also keine Rückenbandage für Vater, kein verstellbares Bett für Mutter, und durch welche Methode wir es zukünftig bewerkstelligen wollten, uns ihre diversen notwendigen Arzneien zu leisten, war nun schier Rätsel & Verdruss.
Sogleich unweit des Wendy’s am Center Boulevard, gleich neben dem geschlossenen Maredo, kam ich wieder auf den Boden, und zwar hart, denn mir dämmerte, dass schon bald die Wirkung des Elixiers nachlassen und ich mich vor unserem kläglichen Fernseher befinden würde, in meiner eigenen Mindersprache nach
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