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Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Titel: Zehnter Dezember: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Saunders
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ein Pappbecher mit einer gelben Pille drin in meinem Spind.
    Hurra, dachte ich, endlich eine Medikamentöse Rolle.
    Auftritt Mrs Bridges von Gesundheit & Sicherheit mit dem SDB zur Pille.
    Mrs Bridges: So, das hier sind dann hundert Milligramm RytterSporn ® . Das hilft beim Improvisieren. Aber Obacht mit RytterSporn ® , Sie müssen immer genug trinken.
    Ich nahm die Pille und ging zum Thronsaal. Ich sollte vor einer Tür auf und ab schreiten, hinter der angeblich ein König nachdachte. Da war wirklich ein König drin: Ed Phillips. Sie setzten da einen König rein, weil eins von unseren gescripteten Szenarien so ablief: Bote kommt an, rennt an Schreitendem Wächter vorbei, stößt Tür auf, König schimpft Boten aus, weil er sich erdreistet, schimpft Schreitenden Wächter Trottel, Bote zuckt zusammen, schließt Tür, kurzer Wortwechsel mit Schreitendem Wächter.
    Bald war unser FunCenter praktisch voll mit Gästen. Der Bote (alias Kyle Sperling) sauste an mir vorbei, stieß die Tür auf. Ed schimpfte Kyle aus, weil er sich erdreistete, schimpfte mich einen Trottel. Kyle zuckte zusammen, schloss die Tür.
    Kyle: Ich bitte um Vergebung, dass ich das Protokoll verletzt habe.
    Ich hatte einen Hänger, eigentlich hätte ich sagen müssen: Euer Übereifer zeugt von männlicher Leidenschaft.
    Stattdessen ich so: Ähm, kein Problem.
    Kyle, echter Profi, kam nicht aus dem Takt.
    Kyle (Umschlag aushändigend): Bitte sorgt dafür, dass er dies erhält. Es ist von äußerster Dringlichkeit.
    Ich: Seine Majestät trägt schwer an seinen Gedanken.
    Kyle: An der Last seiner vielen Gedanken?
    Ich: Genau. Last seiner vielen Gedanken.
    In dem Augenblick fing die RytterSporn ® an zu wirken. Ich bekam einen trockenen Mund. Ich fand es nett von Kyle, dass er mir meinen Patzer nicht vorhielt. Mir wurde klar, dass ich Kyle total mochte. Fast liebte. Wie einen Bruder. Einen Gefährten. Edlen Gefährten. Wir hatten schon viele Stürme gemeinsam überstanden, das war mein Gefühl. So als hätten wir zum Beispiel irgendwann in einem fernen Land uns am Fuß einer Burgmauer, von der heißer Teer herunterprasselte, aneinandergekauert und wehmütig miteinander gelacht, als wollten wir sagen: Alles währt nur so kurz, also wollen wir leben. Und dann: Hol’s der Kuckuck! Und Angriff. Holzleitern hoch, voll männlicher Verwünschungen, obwohl ich mich weder der genauen Verwünschungen noch des Ausgangs besagten Angriffs entsinnen konnte.
    Kyle entschwand sogleich. Und ich kümmerte mich frohgemut um die Unterhaltung unserer Gäste, durch Einsatz von Geist und manchen Scherzen, froh, dass ich nach meinen mannigfachen Mühen nunmehr in einen Hafen des Lebens eingelaufen war, von wo ich derlei Ergötzung Allen & Jedem zuteilwerden lassen konnte.
    Bald erhob sich die Erfreulichkeit jenes Tages, die bereits beträchtlich war, in noch schwindelndere Höhen, da mein Wohltäter Don Murray nahte.
    Also sprach Don Murray mit einem freudenreichen Zwinkern: Ted, wissen Sie, was wir mal machen sollten, Sie und ich? Einen Ausflug zusammen, so was. Angeln vielleicht, mögen Sie das? Zelten, egal.
    Mein Herz schwoll bei dieser Aussicht. Angeln, jagen, ein Zelt mit diesem edlen Edelmann aufschlagen! Durch weite Felder & üppige Wälder schweifen! Um am Ende des Tages an einem schattigen Plätzchen bei einem rauschenden Bach ruhen und dort bei dem gedämpften Wiehern unserer Rösser leise von vielerlei Dingen zu sprechen – der Ehre; der Liebe; der Gefahr; der wohl erfüllten Pflicht!
    Doch dann begab sich ein unheilvolles Geschehnis.
    Und zwar das Eintreffen bereits erwähnter Martha im Gewand eines Gespenstes – Gespenst Nummer drei, genauer gesagt –, begleitet von zwei anderen Burgfräulein in Weiß (das waren Megan und Tiffany). Dieses Maidentrio führte eine Vergnügliche List auf: Sie waren Gespenster, die diese Burg heimsuchten, unter manch Kettenrasseln und Klagegesängen, während unsere Gäste in jenem FunCenter, von roten Seilen ausgesperrt, gafften & huchten & hachten ob des Spektakels, das dort drinnen geboten ward.
    Als ich Marthas Antlitz erblickte – welches bei aller Fröhlichkeit obendrein Spuren einer trüben Erinnerung barg (die mir durchaus bekannt war) –, packte mich trotz allem Glück der letzten Zeit eine Art Wehmut.
    Da sie diese Veränderung meiner Stimmung bemerkte, sprach Martha leis beiseit zu mir.
    Martha: Alles cool, Ted. Bin drüber weg. Echt, im Ernst. Lass gut sein.
    Ei dass ein Weib von solch beneidenswerter Tugend, das gar

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