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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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Außerdem waren sie übereingekommen, dass Mackenzie bei den in Alaska lebenden Altgläubigen eine gründliche Tatsachenfeststellung durchführen und besonders den Gerüchten nachgehen werde, dass Galloway einer abtrünnigen Splittergruppe – den Finstergläubigen – vorstand. Er würde betonen, dass die Finstergläubigen allem Anschein nach nicht mehr seien als ein urbaner Mythos, aber auch, dass er die Untersuchung persönlich leiten werde. Andy hatte ihm einen prägnanten Ausspruch an die Hand gegeben: «Jeder einzelne Stein wird umgedreht werden in diesem felsigen Staat.» Damit hatte er sogar Marsha beeindruckt.
    Die Pressekonferenz war zum Glück glatt verlaufen. Nach dem katastrophalen Auftritt im gestrigen Frühstücksfernsehen konnte sich das Hillingberg-Team keinen Ausrutscher mehr leisten. Und das galt auch für Polizeichef Mackenzie.
    Während die Verbindung hergestellt wurde, kam Marsha ins Zimmer und zeigte ihm auf ihrem iPad stirnrunzelnd einen Artikel, der an diesem Morgen im
Juneau Globe
stand. Der
Anchorage Courier
machte mit dem zweiten toten Jungen auf – die obere Hälfte der Titelseite zeigte ein grausames Bild vom Tatort, samt Polizeiabsperrband und Gerichtsmedizinern in Schutzanzügen. Der
Globe
verfolgte normalerweise die Devise, von Vorfällen in Anchorage nicht zu berichten, um zu demonstrieren, dass die Bewohner der Hauptstadt nicht verpflichtet waren, von diesen Vorfällen Notiz zu nehmen, auch wenn Anchorage den größten Teil der Landesbevölkerung stellte und das meiste Geld hatte. Für die Einwohner von Juneau war das, was sich fast 1000 Kilometer nordwestlich abspielte, für gewöhnlich nicht von großem Interesse; die Möglichkeit jedoch, dass ein Serienmörder – noch dazu ein Kindermörder – frei herumlief, war schockierend genug, um die Gleichgültigkeit des
Globe
zu durchbrechen.
Zweiter Junge auf Altgläubigen-Besitz tot aufgefunden
stand da – nicht auffällig platziert, dennoch ausgesprochen ärgerlich. Ausgerechnet heute, da Chuck eine bedeutende Rede halten sollte und zur Hauptsendezeit im Fernsehduell mit Shippon zu sehen sein würde.
    Chuck nickte, verzog das Gesicht und hielt fünf Finger hoch, um seiner Frau zu signalisieren, er werde gleich für sie da sein. Sie quittierte es mit einem Blinzeln und zog sich ins Wohnzimmer der Suite zurück.
    Mackenzie meldete sich. «Hey.»
    «Sag mir, dass die Sache nicht außer Kontrolle gerät.»
    «Noch gerät gar nichts außer Kontrolle.»
    «Weißt du schon was über das zweite Kind?»
    «Wir haben in sämtlichen Krankenhäusern nach Babys mit Down-Syndrom gefragt, die im letzten Jahr geboren wurden, aber vor Abschluss der gerichtsmedizinischen Untersuchung wissen wir nicht, wie lange die Leiche aufbewahrt wurde, bevor sie sie nach draußen gelegt haben.»
    «Sie? Ich denke, als Mörder kommt allein Galloway in Frage?»
    Mackenzie korrigierte sich.
    «Habt ihr das Altgläubigen-Arschloch wegen der Ermordung des zweiten Kindes schon drangekriegt?»
    Mackenzie ließ sich mit der Antwort Zeit. «Die Sache ist die, Bürgermeister, die Beweislage ist hier kniffliger, und wir haben keine Zeugen, aber wir sind dran.»
    «Ich will nicht, dass ihr bloß
dran seid
, ich will, dass ihr
ihn drankriegt
. Verlegt den Mann an einen ruhigeren Ort, findet Beweise, schließt die Sache ab.»
    Es entstand eine Pause, der Chuck schließlich ein Ende machte:
«Was?»
    «Das Blockhaus. Ein Wachmann hat außerhalb der Umfriedung Fußabdrücke entdeckt. Kleine, sagt er, vermutlich von einer Frau.»
    Chuck blieb fast das Herz stehen. «Wird eine vermisst?» Seit das Blockhaus nicht mehr nur eine gewöhnliche alte Jagdhütte war, seit drei Jahren, waren nur zwei verschwunden und nicht zurückgekommen, und das war fast ein Jahr her. Chuck und Mackenzie hatten jeweils gute Gründe, darüber zu schweigen, und bislang hatte denn auch keiner etwas gesagt.
    «Das Mädchen, das abgehauen ist?» Vor ein paar Tagen war eine ausgerissen, doch soweit Chuck wusste, hatte man sie wieder eingefangen.
    «Die haben wir wieder eingefangen.»
    Chucks Brust entkrampfte sich etwas. Er hielt das Telefon von sich weg, nahm sich etwas Zeit zum Nachdenken. Er kaute mit den oberen Schneidezähnen an seiner Unterlippe.
    «Jedenfalls», sagte Mackenzie, «sind alle weggeschafft worden, wie du es wolltest. Höchstwahrscheinlich war es nichts.»
    Die Haut von Chucks Unterlippe platzte auf. Er legte seine Finger an den Mund und betrachtete das Blut. «Galloway hat doch eine

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