Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath

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sich ein verträumter Hundeblick aus. «Ich hab mit einem Kerl in ’ner Bar gesprochen. Er sagt, die Mädchen bedienen die Ölfeldarbeiter. Die Männer kommen turnusmäßig nach zwei Monaten vom North Slope, mit Geld in der Tasche und ’nem Acht-Wochen-Ständer. Er sagt, die Mädels kommen von überall her. Die meisten sind aus Russland oder einem anderen von den ehemaligen Ostblockstaaten. Ukraine, Georgien und solche Länder. Vier Männer auf eine Frau hier bei uns, da ist immer Bedarf. Er weiß aber anscheinend nicht, wie sie hergekommen sind.»
    «Oder er schert sich nicht drum.»
    Derek hob abwehrend die Hand. «Hey, ich geb bloß weiter, was der Kerl gesagt hat.» Weiber, dachte er bei sich. Haben manchmal Augen wie Fäuste.
    «Weiß er, warum vor allem Russinnen?»
    «Viele einheimische Mädchen sind weggegangen; in den Kernstaaten gab es großen Bedarf an ihnen. Sie sprechen Englisch, was die Sache vereinfacht, aber ihre Zuhälter geben sie als Asiatinnen aus.»
    «Was denken die sich bloß? Indianerinnen und Asiatinnen sind sich so ähnlich wie Walrosse und Elche.»
    Derek zuckte die Achseln. «Sie sind Männer, Edie. Wenn es darum geht, denken sie überhaupt nicht. Jedenfalls nicht mit dem Kopf.» Das Gespräch drohte einen Verlauf zu nehmen, bei dem er sich nicht würde rechtfertigen können. «Hey», sagte er, «ich bin hier nur der Bote.»
    «Hast du von den Frauen welche gesprochen?»
    Er berichtete es ihr. «Die Ältere von den beiden sagte, sie wären aus freien Stücken aus Russland gekommen.» Sie hatte ihm erklärt, sie seien lediglich eine andere Art Wirtschaftsflüchtlinge. Als er TaniaLee Littlefish erwähnte, hatten sie behauptet, sie nicht zu kennen.
    «Denkst du, sie haben gelogen?»
    «Keine Ahnung. Die Jüngere sah richtig jung aus», sagte er. «Und irgendwie verängstigt. Sie hat eigentlich nicht viel gesagt.» Er dachte an das Baby in ihren Armen. Er hatte sich noch mehr Zeit erkaufen wollen, aber sie wollten ihn loswerden. Daraufhin war er in eine Bar gegangen und hatte Zach Barefoot angerufen.
    «Zach sagt, das Einschleusungsgesetz ist hierzulande ausgesprochen lax. Die ganze Sexindustrie ist praktisch sich selbst überlassen. Ein Mädchen aus Russland rüberholen, auch ein sehr junges Mädchen, ist nicht schwer.»
    «Wie jung?»
    «Dreizehn, vierzehn vielleicht.» Schon beim Aussprechen hatte er ein mieses Gefühl. Ein Teil von ihm wollte die ganze Angelegenheit am liebsten vergessen, nach Nome zurückkehren und das tun, weshalb er nach Alaska gekommen war, nämlich Sammy Inukpuk helfen, das härteste Hundeschlitten-Rennen der Welt durchzustehen. Der andere Teil gab ihm zu bedenken, dass diese Mädchen jemandes Kinder waren. «Du meinst, sie gehören gezwungenermaßen einer Art Ring an, der von Nome aus operiert, etwa in diesem Blockhaus am Meadow-See?»
    Edie saß am Tisch und wand sich ihren Zopf um die Finger. Sie schien in Gedanken vertieft. Der Hund war wieder in seiner Ecke und zerkaute seine Bälle.
    «Wir müssen rauskriegen, was in dem Blockhaus los ist. Wem es gehört und so.» Sie sah ihn an. Dieses wilde Leuchten in ihren Augen hatte er schon öfter gesehen, aber das machte es nicht leichter, es auszuhalten.

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    Chuck Hillingbergs privates Handy piepste in einer Tour, seit sie vor einer Stunde auf dem Flughafen von Juneau gelandet waren, bis jetzt hatte er jedoch keine Minute Zeit gehabt, die Anrufliste durchzusehen. Zum ersten Mal, seit er und sein Team frühmorgens aus Anchorage abgereist waren, verlangte niemand seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Er griff nach dem Telefon, klappte es auf und schaute aufs Display, dann entschuldigte er sich bei niemand Bestimmtem und schlich sich ins Schlafzimmer der VIP -Suite im Northern Palace Hotel.
    Mit sinkendem Mut wählte er Mackenzies Nummer. Chuck, Andy und Marsha waren die halbe Nacht auf gewesen und hatten eine Pressestrategie für das Büro des Bürgermeisters ausgearbeitet. Sie standen ständig in Verbindung mit Mackenzie, um zu diskutieren, ob man die Sache klein zu halten versuchen oder aber sämtliche bekannten Details bekanntgeben sollte, um sie zu entschärfen. Es war wichtig, dass Polizeichef und Bürgermeister an einem Strang zogen. Gegen Morgen waren sie übereingekommen, Mackenzie solle am Vormittag im APD -Büro eine Pressekonferenz einberufen und dabei betonen, dass der Hauptverdächtige im zweiten Todesfall bereits in Polizeigewahrsam war und das APD nach keinem anderen Täter suchte.