Zeig keine Angst!
davon haben.
Auch dicke Wälzer, schwere Kost. Philosophische Werke und so. Die meisten davon verstehe ich eigentlich nicht. Aber ich lese sie trotzdem gern. Ich weià nicht, warum. Vielleicht wegen dieses Buchs von Nietzsche, von dem ich dir erzählt habe. Das ich in dieser anderen Hütte gelesen habe. Vielleicht hat das mein Interesse geweckt.
Jetzt gefallen mir solche Bücher. Sie sind eine geistige Herausforderung und die reizt mich. Am liebsten lese ich allerdings Geschichten. Nichts geht über Geschichten.
Ja, ich mag diese Hütte, aber nicht wenn Dig und die Tussis hier sind. Ich fühle mich mies, weil ich sie mitgebracht habe. Das ist, als würde ich dem alten Mann ins Gesicht pinkeln.
Und wenn der Rest der Bande hier eintrifft, wird es noch schlimmer. Die anderen sind schon unterwegs, Bigeyes. Glau b mir. Xen ist bereits am Handy und telefoniert mit Riff. Sie merkt, dass ich sie beobachte, und verzieht sich in ein anderes Zimmer.
»Ich schau mal nach, ob was zu essen da ist«, sagt Bex und verschwindet.
Ich sehe Dig an. Wir stehen wieder im Flur und er ist dicht bei mir. Das war er die ganze Zeit, während wir durch die Räu me liefen. Sein Blick ist hart und misstrauisch, wie immer. Er hat noch ein schlechtes Gewissen, aber es hält sich in Grenze n.
Er deutet mit dem Kopf zum Wohnzimmer.
Ich gehe vor ihm rein und werfe mich aufs Sofa. Ich will mich nur noch zusammenrollen und schlafen. Ich will nicht reden, jetzt noch nicht. Ich will mich erst ausruhen und nachdenken. Aber Dig hat Fragen im Kopf. Und ich werde nicht zum Schlafen kommen, bis wir die geklärt haben.
Er beugt sich runter, schaltet das Radio aus, zieht einen Sessel ran und setzt sich rein. Xen kommt zurück. Nun telefoniert sie nicht mehr, sondern schreibt eine SMS. Sie hockt sich auf den Boden und blickt kurz mich und dann Dig an. Der verzieht keine Miene. Da simst sie weiter. Bex erscheint in der Tür.
»Es ist nichts zu essen da. Kein Bissen.«
Das hätte ich ihr sagen können, Bigeyes. WeiÃt du, warum? Weil der alte Professor nie irgendwas zu essen im Haus hat, seit seine Frau gestorben ist. Damals ist sein ganzes Leben zusammengebrochen. Das ist noch ein Grund, warum er mir leidtut. Als sie noch da war, hat er immer sehr gut gegessen.
Und ich auch.
»Mach einen Tee«, sagt Dig. »Ein bisschen Tee wird doch da sein.«
»Nein«, sagt Bex. »Nur Pulverkaffee, das ist alles. Ohne Milch.«
»Dann mach halt den, Mensch.« Dig sieht sie ärgerlich an. »Und wenn wir unseren Kaffee haben â¦Â« Er heftet den Blick wieder auf mich. »Dann werden wir entscheiden, was wir mit Blade machen.«
Stille tritt ein. Ich höre nur noch Xen simsen. Dann verstummt auch dieses Geräusch. Ich blicke wieder Dig an. Jetzt muss ich richtig reagieren.
»Ihr müsst nichts mit mir machen«, sage ich.
Er antwortet nicht, sondern beobachtet mich nur. Xen wirft ihm einen Blick zu, aber er merkt es nicht. Er studiert immer noch mein Gesicht. Ich beobachte die beiden. Und Bex, die noch in der Tür steht.
»Ihr müsst nichts mit mir machen«, sage ich noch mal. »Ich muss mich nur ausruhen. Dann können wir uns trennen.«
Dig schüttelt den Kopf.
»Wir werden uns nicht einfach trennen.«
»Warum nicht?«
»Weil du erst noch ein paar Dinge zu erklären hast.«
»Ach ja?«
»Ja.«
Ich beobachte ihn und er beobachtet mich.
»Was zum Beispiel?«, frage ich schlieÃlich.
Er beugt sich näher zu mir.
»Also zunächst einmal kannst du uns was über die Narben auf deinem Rücken erzählen«, sagt er.
Sie haben lange gebraucht, um mich danach zu fragen. Die Tussis müssen die Narben gesehen haben, als sie mich damals auf dem Treidelpfad ausgezogen haben. Aber keine hat mich darauf angesprochen. Nicht einmal Bex. Dabei hatte sie später genug Gelegenheiten dazu.
Und du ebenfalls, Bigeyes.
Aber vielleicht habt ihr euch alle gescheut. Denn Wunden erschrecken die Leute. Besonders Wunden wie meine.
»Also?«, fragt Dig.
Ich werde ihm nichts erzählen, Bigeyes. Und dir auch nicht. Vergiss es, okay? Was ich dir am Anfang gesagt habe, gilt immer noch â ich entscheide, was ich dir sage und was nicht. Wenn dir das nicht passt, kannst du ja verschwinden.
Das ist mein Geheimnis.
Nicht deins.
»Ich warte«, sagt Dig.
Er beobachtet mich scharf. Xen auch. Und Bex. Sie hat sich immer noch nicht von
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