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Zeig keine Angst!

Zeig keine Angst!

Titel: Zeig keine Angst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Bowler
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abgewetzten Teppich.
    Sie sieht krank aus.
    Â»Du siehst krank aus«, sagt sie.
    Ich stutze. Dass sie das sagt, habe ich nicht erwartet.
    Â»Mach die Tür zu«, sagt sie.
    Ich schließe leise die Tür. Ich stehe da und beobachte sie. Sie mustert mich. Sie sieht überhaupt nicht überrascht aus, sondern fast so, als hätte sie mich erwartet.
    Â»Ich habe dich erwartet«, sagt sie.
    Mir wird ganz anders, wenn sie so redet.
    Â»Sie sind in Gefahr«, murmele ich.
    Sie sieht immer noch nicht überrascht aus, sondern fast belustigt. Dann wird ihr Blick sanft.
    Â»Komm hier rüber«, sagt sie.
    Ich gehe zum Bett. Nun beobachtet sie mich genau, so wie damals im Bungalow, als sie Angst hatte, dass ich ihr was antun könnte. Ich hoffe, dass sie jetzt keine Angst vor mir hat. Ich will nicht, dass sie Angst vor mir hat.
    Â»Ich habe keine Angst vor dir«, sagt sie.
    Ich fass es nicht, Bigeyes. Ich wünschte, sie würde aufhören, meine Gedanken zu lesen. Das ist mir total unheimlich. Ich setze mich aufs Bett, außer Reichweite.
    Â»So nicht«, sagt sie.
    Â»Wie nicht?«
    Â»Du musst das überwinden.«
    Â»Was?«
    Â»Deine Angst vor Nähe. Diese Scheu, dich von einer Freundin anfassen zu lassen, die dir nichts Böses will.«
    Ich antworte nicht, sondern sitze nur da und fühle mich unbehaglich. Sie streckt eine Hand aus. Ich sehe, dass es sie anstrengt, den Arm zu heben. Ich bleibe, wo ich bin.
    Â»Komm schon«, murmelt sie. »Setz dich näher zu mir.«
    Ich rücke näher, aber nur ein bisschen. Sie lässt die Hand aufs Bett fallen und seufzt.
    Â»Ich kann das verdammte Ding nicht ewig in der Luft halten.«
    Sie kichert, dann dreht sie sich um und beugt sich über die andere Seite des Bettes. Sie tastet ein bisschen rum, als würde sie was suchen, dann richtet sie sich auf. Sie hält eine Waffe in der Hand.
    Und sie richtet sie auf mich.
    Â»Setz dich jetzt näher zu mir!«
    Ich schüttele den Kopf.
    Â»Sie haben mir erzählt, dass da nur Platzpatronen drin sind.«
    Â»Ach verdammt.« Sie schnalzt mit der Zunge. »Habe ich das wirklich erzählt?«
    Ich liebe diese irische Stimme einfach, Bigeyes. Es ist, als würde Mary singen, statt sprechen. Ich ahme ihren Tonfall nach.
    Â»Ja, das haben Sie.«
    Sie runzelt die Stirn.
    Â»Bitte sag mir, dass das kein irischer Akzent sein sollte.«
    Sie legt die Waffe weg und heftet ihren Blick auf mich. Ich zögere, dann rücke ich näher. Und noch näher. Sie beobachtet mich weiter. Nun kann ich ihre Augen in der Dunkelheit besser sehen. Sie wirken sehr müde.
    Â»Mary?«
    Â»Ja, mein Schatz?«
    Â»Werden Sie wirklich sterben?«
    Â»Das habe ich dir doch schon am Telefon gesagt.«
    Â»Ja, aber … ich meine … ob …«
    Â»Ob ich jetzt sterbe, in diesem Augenblick?«, fragt sie.
    Â»Nicht in diesem Augenblick.«
    Â»Du meinst, heute?«
    Jetzt macht sie sich über mich lustig. Diese Seite von ihr kenne ich noch gar nicht. Sie hat echt Humor. Aber wir haben jetzt keine Zeit für Scherze.
    Â»Mary, hören Sie. Hören Sie mir bitte zu. Sie …«
    Â»Heute sterbe ich noch nicht.«
    Â»Mary …«
    Â»Ich habe es jedenfalls nicht vor.«
    Sie streckt wieder die Hand nach meiner aus. Ich sitze jetzt nahe genug bei ihr. Sie kann meine Hand nehmen, wenn sie will. Aber das tut sie nicht. Sie hält mir ihre nur hin. Ich weiß, was sie will. Sie kommt mir auf halbem Weg entgegen, aber weiter nicht.
    Den Rest muss ich tun.
    Ja, schon gut. Ich hab’s kapiert.
    Ich bewege meine Hand auf ihre zu, nur ein Stückchen. Sie hält ihre still, als wollte sie mir jeden Zentimeter abtrotzen. Herrje, Mary, nun nehmen Sie schon meine verdammte Hand. Aber das tut sie nicht. Sie wartet und beobachtet mein Gesicht. Ich strecke meine Hand immer weiter aus – und greife schließlich nach ihrer.
    Ihre Finger umschließen meine.
    Ihr Griff ist erstaunlich fest. Aus irgendeinem Grund muss ich plötzlich an die Hand von Jaz denken, an diese kleinen Finger. Die habe ich auch gehalten. Und vor denen hatte ich genauso viel Angst wie vor Marys Hand.
    Â»Sie sind in Gefahr, Mary. In großer Gefahr.«
    Â»Ja, ja.«
    Sie klingt nicht besorgt, nur müde.
    Â»Sie müssen weg«, sage ich. »Raus aus der Stadt. Weit weg. Hier sind Leute, die mich jagen. Und jetzt sind die auch hinter Ihnen her. Die Polizei will Sie

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