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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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der sich einfach nur Pjotr nennt« – er hob die Augenbrauen –, »hat Apfel essend gesagt, ›Katastroffe, der Mann, Katastroffe, kommt und geht, wie ihm passt‹. Ein ganz schön exzentrischer Haufen, diese Schauspieler. Mal charmant, mal arrogant, manchmal meint man, sie lieben sich kreuz und quer, und dann wieder, dass sie einander abgrundtief hassen. Sind Künstler so?«
    »Keine Ahnung. Aber Assmann haben offenbar alle gehasst.«
    »Außer Edith Berger.«
    Ehrlinspiel trat ans Fenster und sah auf die riesige Blutbuche hinab. Von den Blättern, die bald dunkelrot und groß, im Herbst aber grün sein würden und die jetzt zart aus allen Ästen sprossen, troff das Wasser in den Innenhof der Polizeidirektion. Es war dieser Blick auf den alten Baum, bei dem er am besten nachdenken konnte. Hätte der Baum eine Stimme, er könnte Geschichten aus Jahrhunderten erzählen. »Ich hab auch was für dich«, sagte er dann. »Marius wurde gemobbt. Und im Zuge dessen hat dieser Torben ihm weisgemacht, Günther Assmann sei nicht sein Vater.« Er berichtete von dem Besuch in der Schule. Zwei Kollegen mit Regenschirmen gingen währenddessen durch den Hinterhof und verschwanden Richtung Carport. Schließlich drehte Ehrlinspiel sich um. »Jetzt passt alles.«
    »Und wie?«
    »Wir haben bisher ausgeschlossen, dass Assmann hinter dem Ganzen steckt. Aber nehmen wir einmal an, Torben sagt die Wahrheit. Er will sich an Marius rächen, weil der sich in Vanessa verliebt hat. Also denkt der Anwaltssohn sich diese Story aus. So weit, so gut. Nun tut Marius das, was naheliegt: Er fragt Assmann, ob es stimmt, dass nicht er ihn gezeugt hat. Oder Marius wirft ihm gleich an den Kopf, dass er nicht sein leiblicher Vater sei. Natürlich leugnet Günther Assmann – zu Recht. Aber: Jetzt sieht er seine Chance, um Aufmerksamkeit zu erregen. Er greift Torbens Idee auf, entführt seine eigenen Kinder und stilisiert sich zum Opfer.«
    »Ich weiß nicht, Moritz.« Freitag ging um den Schreibtisch herum. »Warum sollte Assmann sich seine Karriere versauen? Bei dem Punkt waren wir doch schon. Das ist doch unlogisch!«
    »Vielleicht hat er sie gar nicht versaut. Stell dir mal vor, es kommt heraus, dass er zu Unrecht beschuldigt worden ist. Dass er auf die Chance seines Lebens verzichtet und sich öffentlich bekannt hat, ein Versager und Betrogener zu sein, um die Kinder zu retten. Und das, obwohl er zu dem Zeitpunkt glauben musste, dass zumindest Marius ein Kuckuckskind ist. Und dann fliegt auf, dass er das alles vergebens getan hat. Er wäre ein Held! Die Herzen würden ihm zufliegen, Mitleid, Bewunderung … Genau wie damals bei Annika. Die Engagements würden ihm wahrscheinlich nachgeworfen.«
    »Jo wird dir die Füße küssen.« Freitag schmunzelte und wurde sofort wieder ernst. »Fingierte Entführung? Interessante Überlegung. Aber dass er Marius überfahren hat, glaube ich nicht. Dann müsste er ein weitaus besserer Schauspieler sein, als alle behaupten. Dann wäre er schon längst in Wien.«
    »Marius ist geflohen und hatte einen Unfall – das ist meine Meinung. In der Rechtsmedizin hat Assmann laut gesagt, er habe ihn umgebracht. Mir kam das schon heute früh seltsam vor. Er war gar nicht mehr zurechnungsfähig.«
    »Weil sein Plan schiefgegangen ist – und der Preis dafür Marius’ Leben war?«
    »Ja. Das alles erklärt auch, warum er anfangs so ruhig war, so unbesorgt, und keine offizielle Suche wollte. Für ihn hat es nämlich nie einen Zweifel daran gegeben, dass die Kinder zurückkommen.«
    Freitag strich sich durchs Haar. Er wirkte müde. »Assmann hat Nachrichten auf sein Handy bekommen, als Jo neben ihm saß. Die hat er sich garantiert nicht selbst geschickt.«
    Sie blickten einander an.
    »Lene Assmann?«, sagte Ehrlinspiel.
    »Oder ein anderer Helfer. Lene … Das ist schwer vorstellbar, wenn man sie erlebt. Ihre Sorge um Rebecca ist authentisch.«
    »Vielleicht ist sie ja die bessere Schauspielerin als ihr Mann.«
    »Edith Berger? Seine seit Jahren ach so treue Freundin? Mir fällt sonst niemand ein, der oder die ihm einen solchen Dienst erweisen würde. Andererseits: Versaut sich eine wie die Berger die eigene Inszenierung und ihren Ruf? Sie ist hauptverantwortlich für die Auswahl der Schauspieler!«
    »Wir fahren zu den Assmanns. Josianne ist auch noch dort.«
    Freitag nahm eine Tafel Zartbitterschokolade aus der obersten Schreibtischschublade und streckte sie seinem Freund hin. »Du hast sicher noch nicht

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