Zeig mir den Tod
gefrühstückt.«
Ehrlinspiel lehnte ab. »Sorry, aber mir wird echt übel. Zu Hause findet Marius keine Unterstützung, niemand hört ihm zu. In der Schule wird er gemobbt, dann vom eigenen Vater entführt, und kurz darauf stirbt er so grausam und liegt wie ein Stück Müll einen ganzen Tag im Graben. Was für ein Scheißleben.« Er griff nach dem Wagenschlüssel. Die von Lederle angeordneten zwei Stunden Schlaf mussten warten.
»Sie sollten uns das erklären.« Ehrlinspiel verschränkte die Arme. Jo Krenz stand neben Lene Assmann im Wohnzimmer. Er hatte seine beiden Kollegen hereingelassen und erklärt, dass er aus Konstantin nichts herausbekommen habe, seine Aussagen deckten sich mit denen von Torben. So war Jo direkt hierhergefahren, um zu sehen, ob Assmann endlich da war. Der Jeep parkte vor der Villa, seit heute Nacht. Doch von dem Schauspieler selbst fehlte noch immer jede Spur. Josianne, die mittlerweile hohes Fieber hatte, war nach Hause gefahren. Jo wirkte angespannt.
Lene Assmann schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung! Günther ist um kurz nach neun mit den Kindern losgefahren. Er hatte ab zehn Uhr Probe. Wie jeden Tag! Er war im Theater!« Ihr Blick flackerte. »Jedenfalls … gehe ich davon aus. Er
kann
um Viertel nach zehn nicht in der Stadt gewesen sein. Wirklich! Das muss eine Verwechslung sein. Günther hat einen Tiefgaragenplatz am Konzerthaus, nur wenige hundert Meter vom Theater weg. Da steht der Jeep bis zum Ende der Probe. Das können Sie doch bestimmt auf seiner Karte überprüfen.«
»Welche Karte?«
»Auf der Parkkarte. Das ist eine für Langzeitparker. Eine Codekarte. Sie liegt im Wagen. Das muss doch registriert werden, wenn er raus- und reinfährt.«
»Freitag, kannst du das klären?« Es war eine Formsache. Sie waren sicher, dass Assmann nicht vor halb elf in die Garage hineingefahren sein konnte.
»Wo ist der Wagenschlüssel, Frau Assmann? Wir brauchen wahrscheinlich die Nummer der Codekarte.«
»Über der Spüle in der Küche steht eine silberne Dose. Darin sind alle unsere Ersatzschlüssel. Von Günthers Jeep gibt es zwei.«
Freitag ging hinaus.
»Wo ist Ihr Mann jetzt?« Ehrlinspiels Befürchtungen schienen sich zu bestätigen: Assmann war abgehauen. Fast wollte er beten, dass Assmann bei Rebecca war und diese versorgte.
Die blonde, große Frau sank auf das Sofa und knetete ihre Hände. Schüttelte den Kopf. »Bitte«, flüsterte sie, »sagen Sie mir die Wahrheit. Halten Sie ihn für … schuldig? Hat er … hat er dann auch Marius …?«
»Frau Assmann, falls Sie wissen, wo Ihr Mann sich aufhält, dann sagen Sie es uns.« Jo setzte sich neben sie.
»Ich weiß es nicht. Wirklich. Ich habe ihn nicht gesehen, seit wir unseren Sohn heute Morgen identifiziert haben.«
»Ihr Mann sprach davon, dass er Marius getötet habe. Sie haben es gehört.«
Sie nickte.
»Was meinte er genau damit?«, fragte Ehrlinspiel. Jetzt, wo er ihr gegenüberstand, konnte er sich nicht vorstellen, dass sie mit ihrem Mann unter einer Decke steckte.
Aus der Küche war ein metallenes Klappern zu hören.
Lene sah kurz Jo an, dann blickte sie zu Ehrlinspiel auf. Ihre Augen waren gerötet, aber ihre Stimme fest. »Günther ist kein schlechter Mensch. Er würde den Kindern nie etwas antun. Er … er kann nur nicht anders. Er war nicht immer so gleichgültig und karrierebesessen. Er … er hat sich verändert, seit Annika verschwunden ist, er ist … distanzierter geworden. Aber er ist nicht wirklich kalt. Er hofft nur, er … sucht, er … Mein Mann ist kein Mörder!«
»Warum verteidigen Sie ihn? Er lässt Sie und die Kinder seit Jahren im Stich. Ist es nicht so?«
Sie presste die Lippen aufeinander, weinte, und Jo legte die Hand auf ihren Oberarm. Sollte das ein Guter-Cop-böser-Cop-Spiel werden?
»Wie ist sein Verhältnis zu Rebecca?«
Lene fuhr mit einem Ruck hoch. »Warum stellen Sie immer und immer wieder diese überflüssigen Fragen? Warum sind Sie nicht da draußen und suchen meine Tochter? Warum?« Ihre Stimme überschlug sich.
Freitag kam zurück. Er kippte den Inhalt der Schatulle auf den Glastisch.
»Nur ein einziger Jeepschlüssel.«
»Das kann nicht sein!«, sagte Lene Assmann.
»Gibt es noch jemanden, der mit dem Wagen gefahren ist?« Er nahm sein Handy aus der Tasche, telefonierte, und alles war still, während Freitag sich hin und her verbinden ließ, bis er offenbar bei den Betreibern des Parkhauses gelandet war. »Zugelassen auf Günther Assmann«, sagte er und
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