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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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strahlte.
    Uwe zog seine Hand zurück.
    »Du hättest seine exakt plazierten Schritte sehen sollen.« Sie stand auf und sammelte ihre Schuhe ein. Hob sie an den Riemchen hoch und kam tänzelnd zum Tisch zurück. »Du hättest das feine Zittern in seinem Basstimbre hören sollen, als er die unendliche Natur zu fassen sucht in seinem Studierzimmer und …«
    »Hör mal, ich hol dir was zum Schlafen.« Uwe erhob sich ebenfalls. »Du bist ja völlig aufgekratzt.« Er wollte hinausgehen, doch sie hielt ihn fest. Ein Schuh schlug gegen seinen Ellbogen.
    »Nein, nein! Euphorie ist ein so wunderbares Gefühl.«
    »Es wäre etwas Homöopathisches.«
    »Sag bloß.« Sie lachte, und er fühlte seinen Puls schneller schlagen. »Hast du nicht etwas für Günther? Damit er … ruhig bleibt? Etwas, das seine zwei Seelen zur Ruhe bringt?«
    »Zwei Seelen?« Uwe schluckte.
    »Zwei Seelen wohnen, ach!, in meiner Brust, die eine will sich von der anderen trennen; die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen; die andere hebt gewaltsam sich vom Dust zu den Gefilden hoher Ahnen.« Sie tippte ihm auf die Brust. »Faust.«
    »Gegen Günthers Größenwahn ist in meinem bescheidenen Gärtchen kein Kraut gewachsen, fürchte ich.«
    Edith wurde ernst. »Ach, komm! Gönn ihm die Chance. Und du hast doch sonst für jedes Wehwehchen etwas.«
    Er umfasste ihre Hüften und schmunzelte. »Für
dich
würde ich was raussuchen. Damit dein Liebling sich nicht blamiert.« Edith versteifte sich sofort, und er bereute seine Worte. Sie hatte so viel Zeit und Kraft in diese Inszenierung gesteckt. Also sollte es gelingen! »Kleine Massage?« Er ließ seine Hände über ihren Rücken hinauf bis zum Nacken gleiten und umspielte sanft ihre Halswirbel. »Mit duftendem Calendula-Öl und Mozart im Hintergrund?«
    Sie schüttelte den Kopf. Küsste ihn. »Große Massage. Brahms.«

[home]
    5
    W as hätte ich denn tun sollen?«, presste er hervor.
    Günther glaubte, jede winzige Narbe der kühlen Tierhaut unter seinen Fingerspitzen zu spüren. Büffelleder. Nur vom Feinsten. Alles exklusiv. Als ob das irgendetwas kompensieren könnte. Seine Hand lag auf der Lehne des Sofas. Vor ihm standen ein leeres Glas Whisky und ein schwerer Aschenbecher. Er schmeckte den kalten Rauch der Gauloises.
    Sie schwieg. Stand vor ihm im spärlichen Licht, das der Mond im Schnee reflektierte und das durch die Panoramafenster hereinfiel. Ihre Arme hingen herab. Ein trauriger Geist, der lautlos hereingekommen war. Ein Geist, den Günther nicht ertrug.
    Er hatte kein Licht angemacht, als er nach Hause gekommen war. Wollte Lene nicht begegnen. Wollte im Dunkeln sitzen. Den Kopf leeren. Keine Vorwürfe hören. Keine Tränen sehen. Keine Erklärung abgeben. Nicht heute!
    Aber natürlich war sie noch wach gewesen. Wie hatte er anderes annehmen können! Seine Gedanken wanderten zu Edith Berger. Ihrem Zorn. Seinem Versagen zu Beginn der Probe. Das hätte nicht passieren dürfen. Auch nicht an diesem Abend!
    »Wo bist du gewesen?«, flüsterte Lene. Es waren ihre ersten Worte, seit er hereingeschlichen war, ein Eindringling im eigenen Haus.
    Er schloss die Augen, holte tief Luft. Das Make-up noch auf dem Gesicht, hatte er das Gefühl, dass es zäh in jede seiner Poren drang und ihn einzementierte. »Im Theater. Wo sonst.« Er öffnete die Augen, und seine Stimme war jetzt ein Zischen. »Lene, bitte! Meinst du, für mich ist das leicht?«
    Sie blieb stumm.
    »Ich hätte nichts tun können!« Seine Nägel kratzten über das Leder.
    Sie bewegte sich langsam, fast schwebend, zum Fenster. »Bei mir sein.«
    Er verstand sie kaum, so leise war ihre Stimme. »Du hast versprochen, mich anzurufen, wenn du es nicht aushältst, Lene.«
    Sie nickte.
    »Und du hast gehört, was die Polizei gesagt hat. Sie tun alles, um …«
    »Ich weiß.« Sie drehte sich um, und als sie weitersprach, hörte er, dass ihre Zähne leise aufeinanderschlugen. Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten. »Aber Beccis Reservoir ist leer. Sie wird essen, was sie bekommt. Wenn sie überhaupt etwas bekommt.« Ihr Schluchzen ließ ihn würgen. »Du weißt, was das bedeutet. Du hast es an mir gesehen früher, du hast es gesehen, als … als …« Sie verstummte.
    Sprich es nicht aus,
flehte er wortlos, und sie fuhr fort: »Ich verstehe nicht, wie du einfach …«
    Das Glockenspiel der Haustürklingel erklang. Günther zuckte zusammen.
    »Die Kinder!« Lene rannte aus dem Zimmer, stieß krachend gegen

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