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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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fünfzig Minuten. Außerdem ein eingehendes Gespräch von einem Torben Tretter. Zwei von einer Vanessa Sigismund. Beide von Mobilfunknummern aus. Frau Sigismund ist die Letzte, die ihn angerufen hat. Sie geht in dieselbe Schule wie Marius.«
    »Torben auch. Das ist der etwas spießig gekleidete Kerl aus Marius’ Jahrgang, von dem ich euch erzählt habe. Er hat zusammen mit ein paar anderen Marius über StudiVZ und Facebook angegriffen. Ist ein paar Wochen her. Aber wir müssen ihn jetzt unbedingt separat befragen.« Warum hatte der Mitschüler nichts von einem Anruf gesagt? »Und Rebecca?« Entschuldigend sah er zu Frank. Ehrlinspiel war in dieser Ermittlung Hauptsachbearbeiter und damit aktiver Ermittler, aber nicht der Leiter der Sitzungen. Und zum Glück kein Soko-Leiter, dessen Tage und oft auch die Nächte mit Schreibtischarbeit und Organisation gefüllt waren.
    »Rebecca hat, wie gesagt, drei Mal bei Marius angerufen« – der Kollege blätterte in einem Stapel Papier – »und außerdem einige Mädchen aus ihrer Klasse. Wir haben das bereits überprüft. Ach ja: Fast jeden Tag um kurz nach zehn hat sie auf dem Festnetz der Eltern angerufen.« Er sah auf. »Das ist in der Zeit der großen Pause. Vermutlich so eine Art Erziehungsmaßnahme, weil sie da Blutzucker messen sollte. Alle Telefonate der Kinder wurden übrigens vom Stadtgebiet aus geführt, außer eines. Den letzten Anruf von Vanessa Sigismund hat Marius südlich von Breisach entgegengenommen.«
    »Breisach? Wann?« Die Stadt am Rhein lag rund fünfundzwanzig Kilometer von Freiburg entfernt.
    »Am Mittwoch um sechzehn Uhr fünfundfünfzig.«
    »Gib mir die Nummer von dem Mädchen.« Ehrlinspiel notierte in seinen Notizblock, was der Kollege von der TKÜ diktierte. »Sorry, Frank«, sagte er dann und ging zu einem freien Platz vor der Fensterfront, von dem aus er Judith nicht sah. Für einen Moment fiel sein Blick zwischen die Lücken der Häuser. Dort lagen die Bahngleise. Ein Wirrwarr rostbrauner Stränge, parallel verlaufend, dann ineinanderführend, sich wieder teilend. Ehrlinspiel schossen all die Ereignisse durch den Kopf: die Entführung; Hannas Ankunft in wenigen Stunden; Kater Bentley und der Anruf beim Tierarzt, den er wieder nicht gemacht hatte; die Nacht mit Judith und die Wochen danach, als er ihr immer nur flüchtig zugelächelt hatte, wenn sie sich auf den Gängen begegnet waren. Manchmal hatte er auf die Blutbuche im Innenhof hinabgesehen, seinen Haarwirbel berührt, den Hanna so mochte, und an die Wanderführer-Redakteurin aus Hamburg gedacht. Ein Paar waren sie damals nicht gewesen. Zumindest keines, das sich offen zueinander bekannt hätte. Doch seit ihrem letzten Zusammensein im Hochsommer hatte der Hauptkommissar gewusst, dass er sein Leben mit ihr teilen wollte. Vor Sex mit Judith hatte ihn das nicht geschützt.
    Frank grinste. »Ich habe nichts gegen engagierte Kollegen in meiner ersten Soko.«
    »Wisst ihr, was mich beschäftigt?«, sagte Ehrlinspiel. »Die extreme Kontrolle durch die Mutter. Diese Geheimniskrämerei. Sie hat auch Diabetes und muss doch damit umgehen können. Sie weiß, dass das nicht ist wie vor zwanzig Jahren mit komplizierten Spritzen und strengen Diätplänen. Ich habe mich mal erkundigt. Man kann das heutzutage prima mit diesen Pumpen regeln. Die Krankheit ist längst keine Schande mehr. Und ich bin fast sicher, dass auch Annika Diabetes hatte und die Eltern das damals verheimlicht haben.«
    »Ich werde es herausfinden!«
    Alle sahen zu Jo Krenz. Seine Stimme klang gepresst und war rauh. Er war derjenige, der die kleine Ermittlerrunde vor zwei Tagen über Annikas Existenz informiert hatte. Der Mann mit dem zerfurchten Gesicht, der Glatze und dem Schnurrbart. Erster Kriminalhauptkommissar mit Spezialausbildung zum psychologischen Opferbetreuer, knapp sechzig – und vor fast zwanzig Jahren Leiter der Soko
Gartenkind.
In wenigen Tagen würde er in den Ruhestand verabschiedet.
    »Okay, lasst uns zu den subjektiven Befunden kommen.« Lederle zupfte an seiner Fliege. »Motivsuche. Hat jemand Ideen, was der Kerl will?«
    »Oder die Frau«, sagte Judith.
    Ehrlinspiel bildete sich ein, einen sarkastischen Unterton herauszuhören.
    Lederle trat an das Whiteboard.
Zusammenhang mit Annika?,
schrieb er mit einem dicken schwarzen Filzstift.
    »Familie ruinieren«, sagte jemand, »bloß: Weshalb hat sich dann damals niemand gemeldet?«
    »Oder ein Mitläufer. Dann hätte Annika mit dem jetzigen Fall gar nichts zu

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