Zeit deines Lebens
Anzug besorgt und alles. Keine Ahnung, wie er die Zeit dafür gefunden hat, manche Leute hier schaffen es ja nicht mal, sich eine Zigarette anzuzünden. Der ist echt von der schnellen Truppe, dieser Gabe. Würde sagen, es wird nicht lange dauern, dann ist er raus hier und treibt sich oben bei Ihnen rum. Mr Patterson hat ihn allem Anschein nach schon ins Herz geschlossen. Das freut mich für Gabe, er ist ein guter Kerl.«
»Ja … ich wollte nur Bescheid sagen, damit die andere Arbeit sich nicht womöglich negativ auf die bei Ihnen auswirkt.« Lou versuchte es noch einmal. »Er sollte sich ja nicht
ablenken
lassen oder in Gedanken bei den anderen Dingen sein, die er sonst noch erledigen muss, wissen Sie? Hier ist es oft ganz schön hektisch, da kann so was leicht passieren.«
»Ich bin sehr dankbar für Ihren Hinweis, Lou, aber was Gabe nach dreizehn Uhr tut, überlasse ich ganz seiner eigenen Verantwortung. Ehrlich gesagt, bin ich froh, dass er noch zusätzlich etwas gefunden hat. Er ist mit seinem Job hier so schnell durch, dass es schwer ist, ihn überhaupt bis zur ersten Pause zu beschäftigen.«
»Na gut. Okay. Aber falls es irgendwelche Schwierigkeiten mit ihm gibt, dann tun Sie einfach, was Sie tun müssen, Harry. Ich möchte nicht, dass Sie sich in irgendeiner Weise mir gegenüber verpflichtet fühlen, dass er an Bord bleibt. Verstehen Sie?«
»Ja, das weiß ich, Lou. Aber er ist ein guter Kerl, Sie brauchen sich überhaupt keine Sorgen zu machen.«
»Okay, danke. Passen Sie auf sich auf, Harry.«
Dann war die Leitung tot. Lou seufzte, drehte sich langsam in seinem Stuhl und wollte den Hörer auflegen. Aber als er sich umwandte, blickte er mitten in Gabes Gesicht, der hinter dem Schreibtisch stand und ihn aufmerksam musterte.
Lou stieß einen Schrei aus und fuhr so heftig zusammen, dass er den Hörer fallen ließ. »Herr des Himmels!« Er presste sich die Hand auf sein heftig klopfendes Herz.
»Nein, ich bin’s bloß«, korrigierte ihn Gabe, und seine blauen Augen bohrten sich in die von Lou.
»Haben Sie schon mal was von Anklopfen gehört? Wo ist Alison?« Lou beugte sich seitwärts aus seinem riesigen Sessel, um ihren Arbeitsplatz ins Visier zu nehmen, und sah, dass er unbesetzt war. »Wie lange sind Sie schon hier?«
»Lange genug.« Gabes Stimme klang sanft, und genau das raubte Lou fast den letzten Nerv. »Wollen Sie mich in Schwierigkeiten bringen, Lou?«
»Was?« Noch immer pochte Lous Herz wie wild, denn er hatte sich von dem Schrecken keineswegs erholt. Außerdem war ihm die Kombination von Alisons Abwesenheit und Gabes Nähe extrem unangenehm. Allein die Gegenwart dieses Mannes brachte ihn aus dem Konzept.
»Nein«, beantwortete er Gabes Frage schließlich doch, schluckte schwer und hasste sich für seine plötzliche Schwäche. »Ich habe Harry nur angerufen, um zu hören, ob er mit Ihnen zufrieden ist. Weiter nichts.« Er war sich bewusst, dass er klang wie ein Schuljunge, der sich für irgendeine Missetat rechtfertigte.
»Und ist er mit mir zufrieden?«
»Ja, ist er. Aber Sie müssen verstehen, dass ich mich ihm gegenüber verantwortlich fühle, weil ich Sie gefunden und zu uns ins Boot geholt habe.«
»Sie haben mich gefunden.« Gabe lächelte und ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen, als hätte er sie nie zuvor gehört oder ausgesprochen.
»Was ist daran denn so komisch?«
»Nichts«, antwortete Gabe, weiterhin lächelnd, und begann, sich in Lous Büro umzuschauen, die Hände tief in den Taschen, mit seinem typischen herablassenden Gesichtsausdruck, der weder Neid noch Bewunderung beinhaltete.
»Es ist jetzt zweiundzwanzig Minuten und dreißig Sekunden nach fünf«, stellte Gabe fest, ohne auf die Uhr zu schauen. »Vierunddreißig, fünfunddreißig, sechsunddreißig … « Er wandte sich um und lächelte Lou erneut an. »Sie verstehen ja sicher, was ich meine.«
»Und?« Lou schlüpfte in sein Jackett und schielte verstohlen auf seine Armbanduhr, um sicherzugehen. Es war genau siebzehn Uhr zweiundzwanzig.
»Sie müssen jetzt los, richtig?«
»Was meinen Sie denn, was ich gerade mache?«
Gabe wanderte zum Konferenztisch hinüber, nahm drei Früchte aus der Schale – zwei Orangen und einen Apfel – und inspizierte sie gründlich. »Entscheidungen, Entscheidungen, immer diese Entscheidungen«, sagte er, die drei Stücke Obst fest in der Hand.
»Hungrig?«, fragte Lou nervös.
»Nein.« Wieder lachte Gabe. »Verstehen Sie was vom Jonglieren?«
Auf einmal hatte Lou
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