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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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wie er die Finger unter dem Kinn aneinanderpresste, als wollte er beten, erkannte Lou, dass sein Freund und Kollege Alfred längst die Position des moralisch Überlegenen eingenommen hatte. Das war die Position, die ihm am meisten lag und aus der er seine Angriffe am allerliebsten startete.
    »Alfred, wie lange weißt du schon von diesem Essen, und warum hast du mir nichts davon gesagt?«, ging Lou deshalb sofort in die Offensive.
    »Ich hab es dir gesagt, Lou«, sagte Alfred betont geduldig, als wäre Lou schwer von Begriff.
    Als verschwitztes, unrasiertes Wrack, dem Alfred makellos cool gegenübersaß, wusste Lou, dass er keine Chance hatte. Er nahm seine zittrigen Finger vom Terminplan und faltete ergeben die Hände.
    »Was für ein Schlamassel.« Mr Patterson rieb sich heftig das Kinn. »Ich brauche Sie beide bei dem Essen mit Crooke, aber Sie können natürlich auch die Konferenz mit Arthur nicht absagen. Der Termin für das Essen lässt sich auch nicht verschieben, es war schon schwer genug, überhaupt einen zu finden. Wie wäre es, wenn Sie Arthur anrufen, Lou?«
    Lou schluckte schwer. »Ich tue mein Möglichstes.«
    »Wenn es nicht klappt, bleibt uns nichts anderes übrig, als dass Alfred den Anfang macht und dass Sie, Lou, sobald Ihre Schaltung vorbei ist, so schnell wie möglich nachkommen.«
    »Lou muss wichtige Verhandlungen führen, da wird er es selbst mit ein bisschen Glück nicht mehr zum Essen schaffen. Aber ich denke, ich werde das auch alleine schaukeln, Laurence.« Das Grinsen, mit dem Alfred seine aus dem Mundwinkel gesprochenen Worte begleitete, weckte in Lou den Wunsch, ihm die Wasserkaraffe, die mitten auf dem Tisch stand, über den Schädel zu ziehen. »Ich kriege das schon hin.«
    »Nun ja, hoffen wir, dass Lou schnell und erfolgreich verhandelt, sonst war der ganze Tag nur Zeitverschwendung«, entgegnete Mr Patterson, raffte seine Papiere zusammen und stand auf.
    Lou kam sich vor wie mitten in einem Alptraum. Alles brach zusammen, seine ganze gute Arbeit wurde sabotiert.
    »Na, das war ein enttäuschendes Meeting. Ich dachte, er würde uns sagen, wer seinen Posten übernimmt, wenn er geht«, meinte Alfred träge. »Aber kein Wort dazu, ist es zu glauben. Ich finde aber wirklich, er muss uns informieren, aber ich bin schon länger in der Firma als du, also … «
    »Alfred?« Lou starrte seinen Kollegen verdattert an.
    »Was?«, fragte Alfred, zog eine Packung Kaugummi aus der Tasche und steckte sich einen Streifen in den Mund. Dann bot er Lou einen an, doch der lehnte mit einem entschiedenen Kopfschütteln ab.
    »Ich komme mir vor wie in einem Horrorfilm. Was zum Teufel ist denn hier los?«
    »Du hast einen Kater, das ist alles. Du siehst heute einem Obdachlosen ähnlicher als unser Obdachloser«, lachte Alfred. »Und du solltest lieber einen Kaugummi nehmen«, fügte er hinzu und streckte Lou erneut die Packung entgegen. »Dein Atem stinkt nämlich nach Kotze.«
    Aber Lou wedelte nur abschätzig mit der Hand.
    »Warum hast du mir nichts von dem Essen gesagt, Alfred?«, fragte er wütend.
    »Ich hab es dir gesagt«, beharrte Alfred und ließ seinen Kaugummi gegen den Gaumen klacken. »Ich hab es dir gesagt, ganz bestimmt. Na ja, vielleicht hab ich es Alison gesagt. War es Alison? Oder vielleicht die andere, die mit den großen Titten? Du weißt schon – die, mit der du gevögelt hast.«
    Jetzt hatte Lou genug. Er ließ Alfred stehen und rannte geradewegs zu Alisons Schreibtisch, warf den Terminplan auf ihre Tastatur und hinderte damit die Acrylnägel am Weitertippen.
    Sie kniff die Augen zusammen und las.
    »Was ist das denn?«
    »Ein Essen heute Abend. Ein sehr wichtiges Essen. Zwanzig Uhr. Ein Essen, bei dem ich unbedingt anwesend sein muss.« Er wanderte vor ihrem Schreibtisch auf und ab, während sie fertig las.
    »Aber Sie haben doch die Videokonferenz.«
    »Das weiß ich, Alison«, fauchte er. »Aber ich muss zu diesem Essen.« Wütend zeigte er mit dem Finger auf das Blatt. »Sorgen Sie dafür, dass es klappt.« Damit machte er kehrt, verschwand in seinem Büro und knallte die Tür hinter sich zu. Vor seinem Schreibtisch blieb er stehen, starr wie eine Salzsäule. Denn hier lag seine Post.
    Er ging zurück zur Tür und öffnete sie.
    Alison, die rasch begriffen hatte, worum es ging, legte das Telefon auf und sah ihn an. »Ja?«, erkundigte sie sich eifrig.
    »Die Post.«
    »Was ist mit der Post?«
    »Wann ist sie gekommen?«
    »Ganz früh heute Morgen. Gabe hat sie ausgeliefert, wie

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