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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Nase rümpfte und alles – wie es ihre Art war – ziemlich seltsam und verdächtig fand, fragte sie sich, warum sie Gabe nicht zur Rede gestellt und warum nichts von dem, was er gesagt hatte, bei ihr ein ungutes Gefühl hinterlassen hatte. Was zählte, war doch der {162 } Moment, was zählte, war, wirklich da zu sein – im jeweiligen Augenblick. Und in diesem Augenblick gestern hatte sie nicht das Gefühl gehabt, ihn mit Fragen löchern und überprüfen zu müssen. Sie hatte Gabe einfach geglaubt. Vielleicht hatte sie ihm auch glauben
wollen
. Ein freundlicher Mensch hatte ihr versichert, dass ihr Ehemann sich bessern würde. Was für einen Sinn hatte es, das nachträglich in Frage zu stellen?

16 Der Weckruf
    Am nächsten Morgen erwachte Lou, weil ein Specht mit großer Hingabe auf seinen Schädel hämmerte. Der Schmerz arbeitete sich von seiner Stirn durch beide Schläfen und von dort zur Schädelbasis. Draußen hupte irgendwo ein Auto, was um diese Uhrzeit lächerlich war, und ein Motor brummte. Er schloss wieder die Augen und versuchte, sich in die Welt des Schlafs zurückzuziehen, aber die Pflicht, der Specht und etwas, das klang, als knalle jemand die Haustür ins Schloss, verhinderten nachhaltig, dass er in seinen Träumen Zuflucht fand.
    Sein Mund war so trocken, dass seine Zunge am Gaumen klebte und er sie bewusst bewegen musste, um die letzten Feuchtigkeitsreserven aufzuspüren und den Brechreiz in Schach zu halten. Doch dann floss der Speichel plötzlich wieder, die Körpertemperatur schnellte in die Höhe, Schwindel überwältigte ihn, und die Feuchtigkeit breitete sich wellenartig in seinem Mund aus. Er warf die Decke zurück, rannte zur Toilette, so schnell seine Beine ihn trugen, fiel vor der Kloschüssel auf die Knie, umklammerte sie fest und begann zu würgen. Erst als seine Energiereserven verbraucht waren und auch aus seinem Magen nichts mehr zutage gefördert werden konnte, sank er in völliger Erschöpfung auf die warmen Fliesen und merkte plötzlich, {164 } dass helles Tageslicht durchs Fenster strömte. Sonst war es immer noch dunkel, wenn er aufstand, aber heute war der Himmel strahlend blau. Panik ergriff ihn, noch weit schlimmer als die Übelkeit, in deren Fängen er sich gerade noch befunden hatte – eine kindliche Panik, wie von einem gewissenhaften Schuljungen, dem mit abgrundtiefem Entsetzen klarwird, dass er keine Chance mehr hat, rechtzeitig zum Unterricht zu kommen.
    Mühsam hievte Lou sich vom Boden hoch, schleppte sich zurück ins Schlafzimmer, schnappte sich den Wecker und hätte die Zeitanzeige, die ihm in leuchtend roten Ziffern entgegenstrahlte, am liebsten erwürgt: Es war neun Uhr. Sie hatten alle verschlafen. Sie hatten alle den Wecker überhört. Nein, Ruth war nicht mehr im Bett! Erst jetzt nahm Lou den Duft von Gebratenem wahr, der zu ihm hochwaberte und fast höhnisch unter seiner Nase vorüberstrich. Er hörte das Klappern und Klimpern von Tassen und Untertassen. Babygeplapper. Morgengeräusche. Dabei sollte doch das Brummen des Faxgeräts und des Kopierers an sein Ohr dringen, das Rasseln der Aufzüge, die den Schacht hinauf- und hinunterfuhren, und gelegentlich das Bimmeln, wenn Leute aus- oder einstiegen, ein Ton, als wären die Menschen im Innern der Kabine jetzt gar. Alisons Acrylnägel auf den Tasten. Das Quietschen des Postwagens, den Gabe durch die Korridore schob …
    Gabe!
    Lou warf seinen Morgenmantel über und eilte nach unten, stolperte um ein Haar über seine eigenen Schuhe und die Aktentasche, die er auf der untersten Stufe hatte stehen lassen, und stürmte in die Küche. Da waren sie, die üblichen Verdächtigen: Ruth, Lous Vater und Lous Mutter. Zum Glück nicht auch noch Gabe. Eigelb tröpfelte über {165 } das graue Stoppelkinn seines Vaters, seine Mutter las die Zeitung, und sowohl sie als auch Ruth waren noch im Bademantel. Auch Pud war mit von der Partie und gab als Einziger Geräusche von sich, sang und quasselte vor sich hin, mit einer Mimik, als hätte das Ganze tatsächlich einen Sinn. Lou betrachtete die Szenerie, schaffte es aber nicht, auch nur ein Pixel davon wirklich zu würdigen.
    »Was zum Teufel soll das, Ruth?«, sagte er so laut, dass alle sofort aufblickten und sich zu ihm umdrehten.
    »Wie bitte?« Ruth starrte ihn mit großen Augen an.
    »Es ist neun! Neun Uhr, verdammt nochmal!«
    »Also bitte, Aloysius«, sagte sein Vater verärgert. Auch seine Mutter blickte ihn schockiert an.
    »Scheiße, warum hast du mich denn nicht

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