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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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festhalten, um nicht umzufallen.
    »Lou? Sind Sie noch da?«, fragte Arthur, und beide Köpfe im Büro wandten sich wieder dem Bildschirm zu.
    »Äh, ja, ich bin hier«, stammelte der Lou am Konferenztisch. »Entschuldigen Sie, Arthur, der Gentleman hier ist ein … ein Kollege von mir. Er wollte gerade gehen, ich glaube, er hatte eine dringende Verabredung zum
Essen
.« Lou drehte sich um und warf dem Lou, der an der Tür stand, einen warnenden Blick zu. »Nicht wahr?«
    Lou an der Tür nickte nur und verließ mit weichen Knien und zittrigen Beinen den Raum. Bei den Aufzügen hielt er inne, lehnte sich an die Wand, versuchte, wieder zu Atem zu kommen, und wartete, dass der Schwindel nachließ. Als der Aufzug ankam und seine Türen für ihn öffnete, stolperte Lou hinein, drückte Erdgeschoss und kauerte sich in die Ecke der Kabine. Immer weiter entfernte er sich von sich selbst, von dem Lou, der im vierzehnten Stockwerk zurückblieb.
    Um acht saß Lou im Konferenzraum von Patterson Developments und verhandelte mit Arthur Lynch. Zur gleichen Zeit wurden Alfred und das Team seiner Verhandlungspartner {201 } zu ihrem Tisch geführt – und Lou betrat das Restaurant. Er gab dem Ober seinen Kaschmirmantel, rückte seine Krawatte zurecht, strich sich über die Haare und ging, eine Hand in der Tasche, die andere Hand locker im Rhythmus seiner Schritte schwingend, auf die Gruppe am Tisch zu. Endlich war sein Körper wieder entspannt, alles Steife, alle Beklemmungen waren von ihm gewichen. Um in seinem Job richtig zu funktionieren, musste er die Bewegungen seines Körpers spüren, die zwanglosen Bewegungen eines Mannes, dem die bevorstehende Entscheidung persönlich nicht wichtig ist, der aber alles daransetzt, sein Gegenüber vom Gegenteil zu überzeugen, nämlich davon, dass sein Interesse einzig und allein ihm, seinem Kunden, gilt.
    »Entschuldigen Sie bitte, meine Herren, dass ich mich ein wenig verspätet habe«, begrüßte er die anderen Männer, die sich bereits in die Speisekarte vertieft hatten.
    Alle schauten auf, und Lou ergötzte sich vor allem an Alfreds Gesichtsausdruck: Eine La-Ola-Welle der Emotionen, von Überraschung über Ärger zu Wut. Jede Regung bestätigte Lou in seinem Verdacht, dass das ganze Terminchaos von Alfred doch absichtlich inszeniert worden war. Er ging um den Tisch herum, begrüßte die anderen Dinnergäste, aber als er zu Alfred kam, hatte sein Freund und Kollege bereits wieder seinen üblichen blasierten Ausdruck aufgesetzt und seinen Schock für den Augenblick verdrängt.
    »Patterson wird dich umbringen«, stieß Alfred leise aus dem Mundwinkel hervor. »Aber wenigstens kriegen wir
einen
Deal heute Abend unter Dach und Fach. Willkommen, mein Freund.« Er schüttelte Lou die Hand, strahlend – wahrscheinlich, weil er die Illusion genoss, dass Lou morgen entlassen werden würde.
    »Um die andere Sache habe ich mich schon gekümmert«, erwiderte Lou schlicht und wandte sich ab, um seinen Platz einzunehmen.
    »Wie meinst du das?«, fuhr Alfred ihn an, in einem Ton, der zeigte, dass er ganz vergessen hatte, wo er sich befand, und packte Lou am Arm.
    Lou lächelte ihren Gesprächspartnern charmant zu, drehte sich kurz um und entfernte diskret Alfreds Hand – einen Finger nach dem anderen – von seinem Arm. »Wie ich es gesagt habe – es ist alles geregelt«, wiederholte er.
    »Du hast die Videokonferenz abgesagt?«, hakte Alfred nach und grinste nervös. »Komm, verrat mir, was los ist.«
    »Nein, nein, nichts ist abgesagt. Keine Sorge, Alfred. Wollen wir unsere Aufmerksamkeit jetzt nicht unseren Gästen zuwenden?« Lou ließ seine weißen Zähne blitzen und setzte sich, ohne weiter auf Alfred zu achten. »Also, Gentlemen, was sieht auf dieser Speisekarte denn besonders lecker aus? Die Foie gras kann ich uneingeschränkt empfehlen, die habe ich hier schon einmal gegessen. Eine wahre Gaumenfreude.« Er lächelte wieder in die Runde und widmete sich dann ganz dem Vergnügen des Verhandelns.
     
    Um zwanzig nach neun an diesem Abend war die Videokonferenz mit Arthur Lynch erledigt, und Lou stand erschöpft, aber fröhlich, beschwingt und siegessicher vor dem Fenster des Saddle Room Restaurant. Er hatte den Mantelkragen gegen den schärfer werdenden Dezemberwind hochgeschlagen und den Schal fest um den Hals geschlungen, aber er fühlte die Kälte nicht, als er sich selbst durchs Fenster beobachtete, wie er weltmännisch eine {203 } Anekdote zum Besten gab, während alle Anwesenden ihm gebannt

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