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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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neidete, ihn so übel zwischen die Beine getreten hatte, dass Lou auf die Knie fiel, mit hochrotem Gesicht nach Luft schnappte und sich um ein Haar übergeben hätte. Genau wie jetzt bei Alfreds Kommentar war es auch weniger der Tritt zwischen die Beine, der wehtat, sondern weit mehr die Tatsache, dass jemand ihm so etwas antat – und aus einem so niederträchtigen Grund. Die Hand auf die Leiste gedrückt, das Gesicht heiß und verschwitzt, hatte er damals auf dem Platz gelegen und mit seiner Enttäuschung gekämpft, während seine Mannschaftskameraden um ihn herumstanden, ihn angafften und sich wahrscheinlich fragten, ob Lous Qualen nur Theater waren.
    »Ja, wir haben Alfred auch schon gelobt«, sagte Mr Patterson, ohne Alfred dabei anzuschauen, »aber zwei Deals auf einmal, Lou – wie in aller Welt haben Sie das bloß geschafft? Wir wissen ja alle, dass Sie was von Multitasking verstehen, aber das war ein außergewöhnlich erfolgreiches Zeitmanagement. Und obendrein natürlich noch eine Meisterleistung Ihres Verhandlungstalents.«
    »Ja, außergewöhnlich«, stimmte Alfred seinem Chef zu. Sein Ton war beinahe scherzhaft, aber darunter spürte man {247 } Gift und Galle. »Geradezu unglaublich. Vielleicht sogar unnatürlich. Was war es denn, Lou – Speed?«
    Ein paar nervöse Lacher ließen sich hören, ein Husten, dann war es still. Schließlich brach Mr Patterson das peinliche Schweigen, indem er das Meeting in Gang setzte, aber der Schaden war nicht mehr rückgängig zu machen. Alfreds Bemerkung hing unwidersprochen in der Luft, und hinter der ganzen Bewunderung für Lou stand plötzlich ein Fragezeichen. Die Saat des Zweifels war ausgestreut. Ganz gleich, ob man Alfred nun glauben wollte oder nicht, von nun an würde jedes Mal, wenn Lou etwas Besonderes leistete oder wenn auch nur sein Name erwähnt wurde, für einen Moment – wenn auch vielleicht nur unbewusst, aber trotzdem – dieser Verdacht wieder auftauchen. Der Samen würde aufgehen, bis sich ein hässlicher Schössling aus dem schmutzigen Boden erhob und weiterwucherte.
    Lou hatte lange und hart geschuftet, hatte um der Arbeit willen seine Familie sträflich vernachlässigt, war zu den unpassendsten Zeiten von zu Hause weggerannt, um rechtzeitig ins Büro zu kommen, hatte Ruth hastig auf die Wange geküsst, um anschließend einem Wildfremden ausführlich und in aller Ruhe die Hand zu schütteln – und nun war endlich seine Stunde gekommen. Aber sie hatte bestenfalls zwei Minuten gedauert, zwei Minuten Schulterklopfen und Applaus. Gefolgt von der Saat des Zweifels.
     
    »Sie sehen zufrieden aus«, bemerkte Gabe und legte ein Päckchen auf einen Schreibtisch in der Nähe.
    »Gabe, mein Freund, ich werde Ihnen ewig zu Dank verpflichtet sein«, strahlte Lou beim Verlassen des Konferenzraums und hätte Gabe um ein Haar umarmt. Dann {248 } senkte er die Stimme. »Kann ich diese … kann ich bitte die Tabletten zurückhaben? Ich war heute Morgen sehr müde und emotional, und ich weiß nicht, was da in mich gefahren ist. Ich glaube nämlich inzwischen an die pflanzlichen Dinger, ohne Wenn und Aber!«
    Doch Gabe reagierte nicht, sondern verteilte gelassen weiter Umschläge und Päckchen auf die verschiedenen Schreibtische. Lou schaute ihm mit hoffnungsvollem Gesicht zu, wie ein Hund, der darauf wartet, endlich Gassi gehen zu dürfen.
    »Ich vermute, dass ich noch eine ganze Menge von der Sorte brauchen werde«, sagte Lou schließlich und zwinkerte verschwörerisch. »Verstehen Sie?«
    Gabe sah ihn fragend an.
    »Cliff kommt nicht mehr zurück.« Lou sprach leise und versuchte, seine Erregung zu unterdrücken. »Er ist total am Ende.«
    »Ach – der arme Mann, der den Zusammenbruch hatte?«, fragte Gabe, ohne im Postverteilen innezuhalten.
    »Ja.« Lous Stimme überschlug sich fast. »Aber verraten Sie bloß niemandem, dass ich Ihnen das gesagt habe.«
    »Dass Cliff nicht zurückkommt?«
    »Ja, das und … na, Sie wissen schon.« Er sah sich um. »Noch andere Sachen. Vielleicht gibt’s einen neuen Job für mich, höchstwahrscheinlich eine Beförderung. Nette dicke Gehaltserhöhung.« Er grinste. »Garantiert wird der Chef bald mit mir darüber reden wollen.« Er räusperte sich. »Aber was auch immer er für mich in petto hat, dafür werde ich diese kleinen Dinger brauchen. Ich kann unmöglich mein bisheriges Arbeitspensum aufrechterhalten, ohne entweder bald geschieden zu sein oder mir die Radieschen von unten anzusehen.«
    »Ach so.
Die
Dinger meinen Sie.

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