Zeit deines Lebens
Weihnachtslichtern geschmückt. Das Ambiente würde seinen Vater und die Verwandten aus allen Teilen Irlands beeindrucken.
Als er zur Tür kam, fand er dort Marcia in einer hitzigen Debatte mit einem großen, schwarzgekleideten Portier. Darum herum standen ungefähr zwanzig Leute in dicken Mänteln, Mützen und Schals und stampften mit den Füßen aufs Pflaster, um sich warm zu halten.
»Hi, Marcia«, mischte sich Lou fröhlich in die Diskussion ein. Am liebsten hätte er ihr sofort von seiner Beförderung {270 } erzählt, aber er verkniff es sich, weil er zuerst Ruth die tolle Neuigkeit überbringen wollte. Doch sie war nirgends zu sehen.
Mit einem Ruck drehte Marcia sich zu ihm um. Ihre Augen waren rot, das Gesicht fleckig, die Wimperntusche verschmiert. »Lou!«, stieß sie hervor, und statt dass ihr Ärger verflog, als sie ihren Bruder erkannte, wurde er nur noch schlimmer und richtete sich nun voll und ganz auf ihn.
Vor lauter Aufregung begann sein Bauch zu grummeln. Normalerweise kümmerte es ihn nicht im Geringsten, was seine Schwester von ihm hielt, aber heute Abend war es ihm aus irgendeinem Grund wichtiger als sonst.
»Was gibt’s?«
Sie stürzte sich auf ihn. »Ich versuch dich schon seit einer Stunde anzurufen!«
»Ich war bei der Weihnachtsfeier in der Firma, das habe ich dir doch gesagt. Was ist denn los?«
»Du hast
alles
versaut«, stieß sie mit vor Wut und Traurigkeit bebender Stimme hervor. Dann holte sie tief Luft und atmete langsam wieder aus. »Heute ist Dads Geburtstag, und ihm zuliebe werde ich nicht noch mehr kaputtmachen, indem ich mich mit dir streite. Deshalb bitte ich dich jetzt nur, diesem Grobian hier zu sagen, dass er gefälligst unsere Gäste reinlassen soll. Unsere Verwandten und Freunde … « – ihre Stimme hob sich zu einem zittrigen Kreischen – » … die von überallher zu Dads Siebzigstem angereist sind.« Dann glitt ihr Ton wieder ins Weinerliche ab. »Und statt mit seiner Familie zu feiern, sitzt er jetzt da oben in einem praktisch leeren Raum, während seine Gäste hier draußen in der Kälte rumstehen, weil dieser Mensch sie nicht reinlassen will. Fünf Leute sind inzwischen schon heimgegangen.«
»Was? Was?« Lous Herz schlug bis zum Hals, und er {271 } eilte auf die Türsteher zu. »Hallo, guten Abend, ich bin Lou Suffern.« Er streckte den beiden Männern die Hand hin, und diese schüttelten sie mit der Energie von toten Bratheringen. »Ich habe die Party heute Abend organisiert.« Hinter ihm schnaufte und grummelte Marcia weiter. »Wo liegt denn das Problem, bitte?« Er blickte zu der abgewiesenen Menschengruppe hinüber und erkannte die meisten Gesichter sofort – enge Freunde der Familie, die er von Kindesbeinen an kannte und schon oft besucht hatte, alle über sechzig, einige im Alter seines Vaters, einige noch älter. Sie standen auf dem eiskalten Pflaster in der eiskalten Dezemberluft, ältere Paare, die sich aneinander festhielten, einige auf Krücken, ein Mann sogar im Rollstuhl. In den Händen hielten sie glitzerbunte Tüten und Karten, Weinund Sektflaschen, Geschenke, die sie hübsch und liebevoll für den großen Abend verpackt hatten. Und jetzt mussten sie hier in der Kälte ausharren, weil man ihnen den Eintritt zur Geburtstagsfeier ihres lebenslangen Freundes verweigerte.
»Wer keine Einladung vorweisen kann, kommt hier nicht rein«, erklärte der Türsteher trocken.
Wieder winkte eins der älteren Paare ein Taxi heran, doch Marcia lief den beiden Senioren nach und versuchte sie zum Bleiben zu überreden.
Lou lachte ärgerlich. »Gentlemen, glauben Sie denn, dass diese Leute sich uneingeladen in eine Party schmuggeln wollen?« Er senkte die Stimme. »Kommen Sie, sehen Sie sich die Versammlung doch mal an. Mein Vater feiert heute seinen siebzigsten Geburtstag, und das sind seine Freunde. Offensichtlich ist beim Verschicken der Einladungen ein Fehler passiert. Aber ich habe mit meiner Sekretärin Alison abgesprochen, dass an der Tür eine Gästeliste ausliegt.«
»Diese Leute stehen aber nicht auf der Liste. Und die Regeln, nach denen entschieden wird, wer dieses Gebäude betreten darf und wer nicht, sind sehr strikt.«
»Vergessen Sie mal Ihre Regeln«, zischte Lou ihn mit zusammengebissenen Zähnen an. »Mein Vater hat heute Geburtstag, und das hier sind seine Gäste. Und da ich es bin, der die Party ausrichtet und bezahlt und außerdem noch dafür verantwortlich ist, dass dieses Gebäude überhaupt gebaut wurde, möchte ich, dass Sie die
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