Zeit der Dunkelheit (Band 4)
unseren Bau umziehen«, warf Mausbart ein. »Vielleicht hören die alten Krieger dann endlich auf, die besten Nester zu besetzen und das weichste Moos an sich zu reißen.«
Graustreif schnurrte belustigt. »Wir alten Krieger brauchen weiches Moos für unsere armen, alten Knochen.«
» Euch beide habe ich doch gar nicht gemeint!«, miaute Mausbart beschämt.
»Ich bin sicher, dass Dornenkralle und Borkenpelz sehr erfreut sein werden, wenn sie das hören«, foppte Ampferschweif.
»Du wirst es ihnen doch nicht verraten?«, rief Mausbart schrill.
»Natürlich nicht!«, rief Ampferschweif über ihre Schulter, während sie den Abhang hinunterrannte. »Wir sind übrigens gar nicht alt. Und wenn Millies Junge erst mal auf der Welt sind, wird sich Graustreif jünger denn je vorkommen.«
Häherpfote eilte hinter ihr her und genoss den kühlen Wind, der ihm durch das Fell blies. Es roch nach See.
Am Ufer hielt Graustreif inne. »Ist das hier ein guter Platz für Kräuter?«
Häherpfote nickte. »Unten beim Wasser gibt es sicher Malven.«
»Mausbart kann dir helfen«, schlug Ampferschweif ihrem Baugefährten vor.
»Aber was ist mit meinem …«
»Dein Eichhörnchen kann warten«, miaute Graustreif.
»Wie ihr wollt.« Mausbart peitschte mit dem Schwanz. »Außerdem kann ich ja vielleicht einen Fisch fangen, wenn wir zum See gehen!«
Wohl kaum, es sei denn, du hättest auch einen FlussClan-Mentor gehabt. Häherpfote suchte sich seinen Weg zum See, bis er Kies unter den Pfoten spürte, die sich leicht bewegten.
Mausbart kam hinter ihm hergetappt. »Der See liegt so glatt wie ein Lorbeerblatt da.«
Häherpfote wusste das bereits. Er hörte die Wellen träge ans Ufer schwappen.
»Wie sehen Malven eigentlich aus?«, fragte Mausbart.
»Hab noch nie welche gesehen«, antwortete Häherpfote prompt.
Mausbart zuckte verlegen zusammen. »Entschuldigung!«
»Vergiss es.« Es war ihm einfach so rausgerutscht. »Die Blätter fühlen sich weich und pelzig an. Und sie sind groß.« Häherpfote prüfte die Luft. Er erinnerte sich daran, dass er hier schon einmal Malven gesammelt hatte. Da stieg ihm der süße Duft auch schon in die Nase. Häherpfote deutete mit der Schwanzspitze zur Wasserkante. »Siehst du die Pflanzen da drüben? Das ist Malve.«
»Wirklich?« Mausbart klang beeindruckt.
Häherpfote machte sich nicht die Mühe, ihm zu antworten. Seine Pfoten hatten angefangen zu kribbeln. Der Stock musste hier irgendwo am Ufer liegen. »Würdest du ein paar Blätter pflücken?«, fragte Häherpfote. »Ich muss weiter hinten am Ufer etwas erledigen.«
»In Ordnung.« Mausbart eilte zum Wasser. »Wie viel brauchst du?«
»So viel du tragen kannst!« Häherpfote war bereits am Ufer weitergelaufen. Er trabte zu der Stelle, wo knorrige Baumwurzeln den Kies durchzogen. Und beschnupperte die raue Rinde, bis er seinen Stock gefunden hatte. Er lag immer noch da, wo er ihn versteckt hatte, unter der Wurzel einer Eberesche, in Sicherheit vor dem Sog des Wassers.
Er zog ihn heraus, seine Pfoten, mit denen er das glatte Holz betastete, pochten vor Erleichterung. Er fand die vertrauten Kerben wieder, es war also eindeutig der richtige Stock. Inzwischen wusste er so viel mehr über ihre Bedeutung als direkt nach seinem Fund: Sie kennzeichneten Erfolg und Misserfolg von zahllosen Katzen – von Fallendes Blatt und seinen Clan-Gefährten. Und doch war da noch so viel mehr zu ergründen: Der Stock sagte ihm lediglich, dass vor ihm hier auch schon Katzen gelebt hatten. Er dachte über den Clan nach, der die Tunnels eingesetzt hatte, um dort einen Krieger zu prüfen. Und dann über den Stamm des eilenden Wassers. Gab es irgendeine Verbindung zwischen ihnen? Hatten Clans und Stämme bei aller Verschiedenheit irgendwelche gemeinsamen Wurzeln?
Mausbart kam auf ihn zugeplatscht, er roch nach Malve. Hastig schob Häherpfote den Stock unter die Wurzel zurück. Kies knirschte, als der Krieger aus dem Wasser stieg.
»Was machst du da?« Mausbart war wegen der Malvenblätter kaum zu verstehen.
»Ich habe nur etwas nachgesehen.«
Der Krieger ließ die Blätter am Ufer fallen. »An einem Stock ?«
»Ist nicht wichtig«, log Häherpfote. »Heilerkatzenzeug, davon verstehst du nichts.« Er rechnete mit einem Schwall von Fragen.
Aber Mausbart kratzte einfach nur die Blätter zusammen. »Wenn du meinst. Ich bin kein Schüler mehr«, miaute er. »Ich bin ein Krieger – ich jage und kämpfe. Das komische Heilerzeug überlasse ich dir.« Er hatte die
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