Zeit der Dunkelheit (Band 4)
holen.« Sie packte ein Maulvoll altes Moos und tappte durch den Dornentunnel hinaus. Nicht weit vom Eingang ließ sie es fallen.
Löwenpfote schleuderte sein Büschel daneben. »Ich kann kein Moos mehr sehen!«
»Wir sind doch gleich fertig«, besänftigte ihn Distelpfote. »Sieh nur! Da drüben bei dem Baum wächst ganz frisches.«
Löwenpfote beruhigte sich wieder, und so machten sie sich gemeinsam daran, mit den Pfoten weiche, grüne Büschel von der rauen Rinde zu kratzen.
»Willst du nicht wissen, was passiert ist?«, miaute Distelpfote.
Löwenpfote seufzte. »Entschuldigung. Seit du weg warst, ist meine Laune immer schlechter geworden. Ich habe mich wie ein eifersüchtiges Junges benommen.«
»Du könntest mich jetzt immer noch fragen.« Distelpfote brannte darauf, ihre Neuigkeiten auszuplaudern.
»Stimmt. Also, was ist passiert?« Löwenpfote schälte einen langen Moosstreifen ab und ließ ihn von seiner Pfote baumeln.
»Aschenfuß hat uns zurückgeschickt, bevor wir auch nur in die Nähe des Lagers kommen konnten.«
Löwenpfote ließ das Moos fallen. »Zurückgeschickt?«
»Sie hat uns keine Gelegenheit gegeben, ihr zu sagen, was wir wollten«, berichtete Distelpfote. »Stattdessen haben sie uns beschuldigt, dass wir gekommen wären, um ihre Beute zu stehlen.«
»Und das, nachdem sie bei uns Beute gestohlen haben!«, entrüstete sich Löwenpfote.
»Weiß ich doch!« Distelpfote schleuderte ein Moosbüschel auf den Haufen. »Ich glaube aber, dass wir trotzdem herausgekriegt haben, warum sie das tun.«
»Wen interessiert das schon?«
Distelpfote ignorierte seine Bemerkung. »Ihre eigene Beute ist verschwunden.«
»Das ist keine Entschuldigung.«
»Aber jetzt wissen wir wenigstens, was los ist.« Wir können das Problem lösen, bevor es alles zerstört.
»Hoffentlich schickt Feuerstern eine Patrouille los, die ihnen eine anständige Lektion erteilt.«
Distelpfote hätte ihm gern widersprochen, sagte sich aber, dass sie sachlich vorgehen musste. Der WindClan musste am Beutediebstahl gehindert werden, und zwar ohne ihn zu schwächen. Die vier Clans mussten stark bleiben. »Feuerstern will nicht, dass wir sie angreifen«, miaute sie. »Er will nur die Grenzpatrouillen verstärken.«
Löwenpfote peitschte mit dem Schwanz. »Das haben wir doch schon versucht. Diesmal müssen wir ihnen ein für alle Mal zeigen, dass sie in unserem Territorium nicht jagen dürfen.« Er funkelte Distelpfote so wütend an, dass sie unwillkürlich zurückwich.
»Du bist für einen Kampf?«, rief sie erstaunt. Machte er sich denn gar keine Gedanken wegen der Clan-Grenzen?
»Du etwa nicht?«
»Ich will nur, dass der WindClan in seinem eigenen Territorium bleibt. Grenzen sind Grenzen.« Und wenn es die nicht mehr gab, was sollte dann aus den Clans werden? Und aus dem Gesetz der Krieger? Distelpfote kribbelten die Pfoten vor Sorge.
Löwenpfote wandte sich ab und bohrte seine Krallen in einen frischen Moosflecken, bis die Rinde darunter zu bröckeln begann und Splitter im Moos hinterließ.
Dieses Moos wurde für ihre frisch geborenen Jungen gebraucht! Voller Entsetzen über seine Unachtsamkeit, starrte Distelpfote ihn an. Die Muskeln, die unter seinem Pelz spielten, verrieten ihr, dass er an Grenzgefechte dachte und nicht an Junge. War es das, was Macht für ihn bedeutete? Sich bei jeder Kleinigkeit in den nächsten Kampf zu stürzen?
Distelpfote erschauderte. Wenn das so war, welcher Katze sollte es dann gelingen, ihn davon abzuhalten?
7. KAPITEL
Löwenpfote zupfte einen weiteren Moosfetzen aus seinem Pelz. Er hatte so viel von dem Zeug hin und her geschleppt, dass ihm jetzt das Fell juckte und seine Muskeln ganz verspannt waren. Seufzend sah er zu, wie die Sonne hinter den Bäumen verschwand. Die Abendpatrouille war ohne ihn losgezogen.
Was für ein langweiliger Tag! Enttäuscht machte er sich auf den Weg zum Schülerbau. Jetzt konnte er nur noch schlafen gehen, dabei sehnte er sich danach, durch den Wald zu flitzen, seine Beine zu strecken und den Wind im Pelz zu spüren.
Er tauchte unter einem niedrigen, ausladenden Zweig der Eibe durch. Drinnen schwatzten Fuchspfote und Eispfote wie tschilpende Spatzen.
»Weißflug hat mir gezeigt, wie man einen Purzelbaum macht«, brüstete sich Eispfote.
»Ich kann auf den Hinterläufen boxen«, setzte Fuchspfote dagegen. »Willst du mal sehen?«
Löwenpfote merkte jetzt erst, dass der junge Schüler ihn gemeint hatte. Müde nickte er und sah zu, wie Fuchspfote wacklig
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