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Zeit der Eisblueten

Zeit der Eisblueten

Titel: Zeit der Eisblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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äußerst behutsam an die Tür. Dafydd las die Aufschrift des Plastikschilds an der Tür: Sheila Hailey – Oberschwester.
    »Die Dame, zu der wir wollten, ist nicht in ihrem Büro, aber Sie werden ihr bald genug begegnen. Sie ist meine wichtigste Stütze hier, müssen Sie wissen.« Er beugte sich zu Dafydd vor und flüsterte : »Es lohnt sich sehr, sich gut mit ihr zu stellen.«
    »Ich habe sie bereits kennen gelernt«, sagte Dafydd. »Sie bildete einen Teil meines Empfangskomitees.«
    »Ach so?« Hogg wirkte einen Moment lang verunsichert. »Gut, gut, natürlich. Sie ist sehr gründlich, nichts entgeht ihr.« Wieder griff er Dafydds Ärmel und zog ihn weiter. »Sheila kennt sich sogar besser als ich aus. Wenden Sie sich mit allem, was Sie brauchen, wirklich mit allem, auch aus der Apotheke, an sie.«
    »Hogg, sprechen Sie über mich?« Sheila Hailey schritt aus einer Station hinter ihnen auf sie zu. »Der junge Mann bekommt ja einen ganz falschen Eindruck.«
    Sie schloss sich ihnen an, und alle lachten verlegen über ihre kleine Anspielung. Hogg legte den Arm besitzergreifend um ihre Schultern.
    »Sheila, Sie haben Woodright, unseren neuen Mitarbeiter, bereits kennen gelernt. Seine Referenzen weisen ihn als erstklassigen Chirurgen aus, und er zeigt sich bereits als Frühaufsteher. Genau wie Sie und ich.« Er drückte ihre Schultern leicht, sodass sich ihre vollen Brüste ein wenig hoben. »Vielleicht müssen wir gemeinsam mit ihm unseren Morgenkaffee trinken. Das wäre doch mal was, oder?«
    Dafydd wurde übel, ein Gefühl, das ihn häufig überkam, wenn er unbedingt eine schlagfertige Antwort geben wollte, jedoch keine fand. »Ich bin … Ich heiße Woodruff«, erklärte er matt, während ihn beide wie ein Ausstellungsstück musterten, jeder auf seine Art und offenbar aus ziemlich unterschiedlichen Gründen.
    »Ja, sehr schön. Es wird schon klappen mit ihm«, sagte Sheila, und ihre Augen trafen sich für einen Moment. Sie strahlte eine deutliche Autorität aus, die von ihrer spielerischen Anmache überdeckt wurde. Ihre Augen waren von einem ungewöhnlich tiefen Blau und unnötigerweise stark geschminkt. Ihr restliches Gesicht war frei von Make-up, milchig-weiß und mit hellrosa Sommersprossen bedeckt. Bei hellem Tageslicht wirkte ihr Haar explosiv, eine hinabfallende Flut aus roten Locken. Überwältigend, aber er war bereits auf der Hut vor ihr, ohne einen besonderen Grund.
    Hogg hatte keine derartigen Vorbehalte. Er betrachtete sie mit unverhohlener Bewunderung. Doch anscheinend hatte er eine Frau, Anita. Eine nette Schwester namens Janie, der Dafydd am Vortag begegnet war, hatte ihm erzählt: »Anita leidet an einer postviralen Müdigkeit, aber Hogg glaubt nicht, dass diese Krankheit existiert. Er hält das für Quatsch.« Sie hatten herzlich darüber gelacht. Janie war die einzige wahrhaft sympathische Person, der er bisher in Moose Creek begegnet war. Sie war sechsundzwanzig Jahre alt, mit einem fleißigen Fallensteller verheiratet und hatte bereits zwei Kinder. Ein weiteres war unterwegs.
    »Hogg hat recht«, bestätigte Sheila, entwand sich dessen besitzergreifender Umarmung und ging einen Schritt auf Dafydd zu, um ihm ihre schlanke, sommersprossige Hand auf den Unterarm zu legen. »Ich werde mich um Sie kümmern.«
    Nach knapp einer Woche an seinem neuen Arbeitsplatz kam es zu seiner ersten wirklichen Herausforderung. Der Vorarbeiter des Sägewerks rief im Krankenhaus an und verlangte nach einem Arzt, der vor Ort kommen sollte. Allerdings erklärte er nicht näher, um was für einen Unfall es sich handelte. Hogg schlug Dafydd vor hinauszufahren, damit er sich mit den »industriellen Unglücksfällen« in seinem neuen Arbeitsumfeld vertraut machte. Aus Hoggs hinterhältigem Gesichtsausdruck schloss Dafydd, dass ihn etwas Grauenhaftes erwartete. Aus gutem Grund. Eine später durchgeführte Zählung ergab, dass der Körper des Mannes in 142 Teile gerissen worden war.
    Während Dafydd im Krankenwagen saß und darauf wartete, auf das Hauptgelände gelassen zu werden, fragte er sich, ob das Einsammeln von Leichenteilen zu seinen Aufgaben gehörte. Die Arbeitsplatzbeschreibung war vage gewesen: allgemeine ärztliche Tätigkeiten, Routineoperationen, gelegentlich Geburtshilfe, psychiatrische Erfahrungen erwünscht. Leichenbestattung? Er wusste, dass dieser Außeneinsatz etwas mit toten Körpern, mit Leichenteilen zu tun hatte. Vielleicht hatte Hogg recht mit seinem Hinweis darauf, dass Dafydd möglicherweise ein

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