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Zeit der Eisblueten

Zeit der Eisblueten

Titel: Zeit der Eisblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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Stummel, aber er war ausgegangen. »Dafür ist es zu spät, vermute ich.«
    »Ich habe sie auf keinen Fall …«
    »Oh, halt die Klappe. Warum gebe ich mich überhaupt noch damit ab? Ich höre mir deinen Quatsch nun schon wochenlang an. Es reicht, ich kann es nicht mehr ertragen.«
    Dafydd wusste nichts darauf zu sagen. Seine Gedanken waren so durcheinander, dass er nichts mehr verstand. Er blickte in seine Suppe und sah eine Krabbenschere zwischen den anderen Stücken herumtreiben. Er liebte Krabbenscheren, doch nun schwor er sich, dass er für den Rest seines Lebens nie wieder eine essen würde. Er hatte das Gefühl, irgendeinen Eid leisten zu müssen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er aufs Zölibat geschworen hätte.
    »Was wirst du unternehmen?«, fragte sie und riss ihn aus seinen Gedanken.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Hast du eine Idee?«
    Sie zündete den Glimmstängel erneut an, und sie saßen eine Weile schweigend da. Dafydd sah zu ihr auf. Ihr Gesicht war hart, fast hässlich vor Wut geworden. Trotzdem wollte er sie unbedingt berühren, sie zu sich zurückholen. Sie schien von ihm zu weichen, und das machte ihm Angst. Er streckte die Hand über den Tisch nach ihrer aus, aber sie riss den Arm zurück.
    »Wir werden das anfechten«, sagte er mit plötzlicher Zuversicht und schlug auf den vor ihm liegenden Brief. »Wir werden morgen mit Andy darüber sprechen.«
    »Wir?«, fauchte sie ungläubig. »Damit stehst du ganz allein da, mein Freund.« Sie sprang auf und warf die glimmende Zigarette in ihre Suppe. Dann sammelte sie ihre Rauchutensilien ein, stopfte sie in ihre Handtasche und riss den Schal von der Rückenlehne ihres Stuhles.
    Er versuchte, ihr Handgelenk zu packen. »Was meinst du damit?«, wollte er wissen. »Wohin willst du?«
    Sie schüttelte ihn ab, rauschte an dem fasziniert zusehenden Paar vorbei, stieß an ihren Tisch und warf mit der Tasche beinahe das Glas der Frau um. Rotweintropfen spritzten auf das mit Butter bestrichene Brot der Frau. Sie griff nach einem Inhalationsgerät und atmete in gekünstelter Panik schnaubend ein. Der Mann ignorierte sie und starrte Dafydd fast mitfühlend an.
    »Hey! Komm zurück … Isabel!«, rief Dafydd hinter ihr her. »Sei nicht albern. Es stimmt nicht. Ich schwör’s.«
    »Oh … verpiss dich!«, schrie sie ihm durch das halbe Restaurant zu.
    Dafydd saß wie versteinert da. Er hätte ihr folgen sollen, aber er fühlte, dass er die dafür erforderliche physische und emotionale Stärke nicht aufbringen konnte. Scheiß drauf, lass sie gehen, dachte er ärgerlich. Offenbar legte es jeder darauf an, ihm eins auszuwischen. Entweder litt er an Demenz, Amnesie oder irgendeiner anderen geistigen Störung, oder jemand hatte einen Weg gefunden, sein Sperma zu stehlen. Wer konnte so etwas fertigbringen? Oder einen DNA-Test fälschen? Es war einfach abscheulich.
    Er stützte sein Gesicht in die Hände, um sich vor den Menschen abzuschirmen, die ihn anglotzten. Nach ein paar Minuten trat Eduardo an den Tisch und legte Dafydd eine mitfühlende Hand auf die Schulter.
    »Wollen Sie in mein Büro kommen und sich dort hinsetzen? Ich habe einen Amaretto aus meiner Heimatstadt. Den besten auf der Welt.«
    Dafydd ließ sich zu einem tiefen Lehnstuhl in einem warmen, schoßartigen Raum führen und sich dort ein großes Glas mit dunkler Flüssigkeit in die Hand drücken.
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe Isabella ein Taxi besorgt. Ihr geht es gut. Ich streite mich ständig mit meiner Frau. Sie werden sich morgen wieder vertragen.«

KAPITEL
10
    Moose Creek, 1993
    D AFYDD DRÜCKTE MIT seiner linken Hand auf ihren glatten, weißen Unterleib, während er seine rechte Hand tief in ihre Vagina geschoben hatte. Die Situation hatte etwas völlig Surreales. Sheila hatte ihn in den drei Monaten nach jener fatalen Weihnachtsparty kaum angesehen oder mit ihm gesprochen, und jetzt berührte er sie auf die intimste Weise.
    Sein erster Impuls war gewesen, sich zu weigern, vor allem, als sie einen Termin nach Feierabend ohne Anwesenheit einer Krankenschwester verlangte. Aber Sheila hatte ihn regelrecht angefleht, als sie sich an jenem Morgen im Korridor an ihn wandte. Ihre alarmierende Blässe und ihre rot geränderten Augen hatten eine erstaunliche Wirkung auf ihn: Sein Abscheu ihr gegenüber milderte sich sofort.
    Natürlich wollte er auch herausfinden, was in aller Welt sie dazu veranlasste, ihn um einen ärztlichen Termin zu bitten. Auf einer anderen

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