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Zeit der Gespenster

Zeit der Gespenster

Titel: Zeit der Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Karten aus der Hand und wackelte mit dem Kopf. »Hm.« Er setzte sich auf den Hocker, nahm sein Vergrößerungsglas und inspizierte die Abdrücke. Nach einer ganzen Weile rieb er sich die Wange. »Mich laust der Affe. Ich sag den Experten im Labor, sie sollen noch einmal einen Blick drauf werfen, aber ja, ich würde auch sagen, die stimmen überein.«
    »Wessen Abdrücke sind denn das?«
    Eli blickte ihn an. »Die von Cecelia Pike. Sie wurden von ihrer Leiche genommen. Das ist Routine.«
    »Wenn Gray Wolf gar nicht dort war, was wollte sie dann mit seiner Pfeife?«
    »Sie behalten, wie’s aussieht«, sagte Eli. »Unter anderem.«
    »Was denn noch?«
    »Vielleicht Gray Wolf selbst. Mal angenommen, die Gattin hatte eine Affäre … dann hätte ihr Mann doch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, wenn er sie loswerden und ihrem Geliebten den Mord anhängen konnte.«
    »Seien Sie still«, sagte Ross mit lauter werdender Stimme. »Seien Sie still, ja? Sie hatte keinen Geliebten. Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden.«
    »Schon gut …« Eli hob beschwichtigend die Hände.
    Ross zwang sich, wieder ruhig zu werden. »Ich will bloß sagen … sie hatte keine Affäre. Sie haben sie nicht gekannt.«
    Eli starrte ihn an. »Sie auch nicht.«
     
    ZEUGENAUSSAGE
    Datum: 22. September 1932
    Uhrzeit: 8 Uhr 15
    Vernehmung von: Lemuel Tollande
    Vernehmende Beamte: Officer Duley Wiggs und
    Detective F. Olivette vom Polizeirevier Comtosook
    Ort: Polizeirevier Comtosook
– Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihre Adresse fürs Protokoll.
– Lemuel Tollande, Chestnut Street 45A, Burlington.
– Wo arbeiten Sie, Mr. Tollande?
– Im »Rat Hole« in Winooski. Ich bin Barkeeper.
– Kennen Sie John Delacour alias Gray Wolf?
– Klar. Ist ein guter Bekannter, ein Stammgast.
– Haben Sie besagten Mann am Abend des 18. September gesehen?
– Ja. Er ist so gegen acht, halb neun gekommen und um eins gegangen.
– Hat er zwischendurch mal das Lokal verlassen?
– Höchstens mal, um eine zu rauchen.
– Wie lange war er weg?
– Weiß ich nicht. Die Kneipe war an dem Abend gerammelt voll.
– Na, ungefähr. Fünf Minuten? Eine Stunde?
– Ich … ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß nur, dass er weg war und dann wieder da.
– Hat er Ihnen erzählt, dass man ihn rausgeschmissen hatte? – Nein … aber Gray Wolf erzählt allgemein nicht viel von sich. Er ist ziemlich schweigsam. [Pause] Aber er ist kein Mörder. Schon bei der ersten Geschichte nicht und diesmal auch nicht.
– Mr. Tollande, haben Sie Gray Wolf in den letzten Tagen gesehen?
– Nicht mehr seit dem Abend in der Kneipe.
– Wissen Sie, wo wir ihn finden könnten?
– Er ist ziemlich viel unterwegs.
– Das seid ihr doch alle. Und ihr lügt auch alle, nicht wahr?
     
    Als Eli die stickige, übervolle Stadtbibliothek von Comtosook betrat, war sein erster Gedanke, dass jemand, der so viel Frische ausstrahlte wie Shelby Wakeman, nicht an einen so muffigen Ort gehörte.
    Shelby blickte von ihrem Computerbildschirm auf. »Na, das ist aber eine Überraschung«, sagte sie, stand auf und kam um die Theke herum. Sie sah Watson an, der so heftig mit seinem Schwanz wedelte, dass sein ganzer Kopf bebte. »Du darfst eigentlich nicht hier rein«, sagte sie tadelnd und streichelte ihn dabei. »Aber einem Polizisten kann ich ja wohl kaum Vorschriften machen.«
    Als sie ihn anlächelte, fing Elis Herz an zu rasen. »Hi«, brachte er heraus. Und kam sich sehr unoriginell vor.
    »Irgendeine bestimmte Lektüre vor Augen?«, fragte Shelby, und erst als Eli den Mund schon geöffnet hatte, merkte er, dass sie mit Watson sprach. » Der Hund von Baskerville könnte dir gefallen.«
    »Heute begleitet er mich bloß«, grinste Eli. »Ich suche nach standesamtlichen Unterlagen aus den 1930er-Jahren.«
    In Wirklichkeit war er nur gekommen, um Shelby zu sehen.
    Shelby blickte ihn neugierig an, fragte sich wahrscheinlich, wieso ein Polizist nicht wusste, dass sämtliche standesamtlichen Unterlagen in der Stadtverwaltung lagerten, gleich nebenan vom Polizeirevier. »Hm … aber die sind nicht hier.«
    »Können Sie sie mir zeigen?«
    Shelbys Kollegin gab ihr ein Zeichen, dass sie ruhig gehen könne. Gemeinsam gingen sie die Treppe hinunter, Watson zwischen ihnen. Draußen angekommen, blinzelte Shelby in die Sonne.
    »Herrliches Wetter, nicht?«
    Sie nickte. »Ich weiß schon nicht mehr, wie hell es wird, manchmal.«
    »Sie meinen, weil Sie den ganzen Tag in der Bibliothek arbeiten?«
    »Und weil ich

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