Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Heimkehr

Zeit der Heimkehr

Titel: Zeit der Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
Belustigung folgte. »Komm mit, Junge! Ich 'ab dir was zu zeigen.«
    Jon-Tom ließ es zu, daß er ihn zu der inneren Reling des Steuerbordrumpfs führte, auf dem sie standen. Zwischen den Zwillingsrümpfen hatte man Sicherheitsnetze gespannt, und einige der Passagiere tummelten sich in dem haifischfreien Becken, das. solcherart entstanden war. Wenn der Katamaran die Wellen schnitt, drückte der Strom die Schwimmer zurück ins hintere Netz, woraufhin sie aus dem Wasser kletterten, auf einem schmalen Steg entlang wieder nach vorn schritten, um dort erneut in das Netzbecken zu springen und den Vorgang zu wiederholen.
    »Siehst du sie nich?«
    »Wo denn?« Jon-Tom beugte sich über die Reling. In den Netzen schwammen ein Dutzend Passagiere. Da erblickte er eine, die wie ein undeutlicher Fleck im Wasser war. Während er zusah, beendete sie das Schwimmen und stieg die Stufen zum Hauptdeck hinauf. Dort schüttelte sie sich das Wasser vom Leib, trocknete sich weiter mit einem Handtuch ab und kuschelte sich in einen leeren Liegestuhl, damit die Sonne das Ganze beenden konnte. Sie trug einen winzigen Badeanzug, der mehr der Zierde als der Bedeckung diente.
    Mudge hatte die Ellbogen auf die Reling gestemmt und die Schnauze in die Pfoten gelegt. »Jetzt frag ich dich ganz ehrlich, Kumpel«, sagte er seufzend, »'ast du schon jemals in dieser Welt oder in irgend'ner anderen was aus Fleisch und Blut gese'en, das auch nur 'alb so schön war wie die?« Während er sprach, wand sich das Objekt seiner Begierde im Liegestuhl, zupfte ein Spitzentaschentuch aus einer kleinen Handtasche und trocknete sich damit einzeln die Barthaare.
    Jon-Tom musterte die Otterdame noch eine Weile, bevor Mudges Gesichtsausdruck seine Aufmerksamkeit zu fesseln begann. Die Benommenheit, die er schon zuvor bemerkt hatte, war noch immer da, inzwischen durch eine ganz besondere Intensität verstärkt. Das war nicht der übliche Blick ungezügelter Wollust, mit dem er schon vertraut war. Das war etwas anderes.
    »Ihr Name is Weegee.« Mudges Stimme klang fern, unkonzentriert. »Sie is 'ne typische Einkäuferin von Waldprodukten, unterwegs nach 'ause, kommt gerade von 'ner Einkaufsreise den Tailaroam 'och zurück. Ich glaube, die ganze Erde dreht sich um sie.«
    Der Ton des Otters, seine Wortwahl und seine Körperhaltung verbanden sich zu einer Aussage, die Jon-Tom schon bald entziffert hatte. Nur sein natürlicher Unglaube ließ ihn noch zögern, bevor er das Offensichtliche bemerkte. Es war ihm, als sei ein Naturgesetz auf den Kopf gestellt worden, als sei eine der großen Pyramiden von Gizeh an einem einzigen Tag zu Staub zerfallen.
    »Mudge, du bist ja verliebt!«
    »Nett, daß du das merkst.« Er wandte kein einziges Mal den Blick von der braunpelzigen Schönheit, die sich wie eine Erscheinung dort unten, gar nicht weit entfernt, auf dem Liegestuhl aalte.
    »Nein, ich meine, richtig verliebt, Mudge. Im Gegensatz zu Wollust. Ich kann es an deiner Stimme erkennen und sehe es in deinem Gesicht.«
    »Dann wird es wohl so sein, Bannsänger. So 'ab ich mich noch nie gefühlt, 'ab ich mich nich. Mannomann, meine ganzen Eingeweide sind nur noch 'n einziges Gelee.«
    »Du kennst sie beim Namen, offensichtlich habt ihr euch also kennengelernt. Warum stellst du mich nicht vor?«
    »Wa? Jetzt?«
    »Warum nicht jetzt?«
    »Na, ich weiß nich... doch, weiß ich doch. Komm schon, Kumpel!«
    Jon-Tom ließ sich von dem Otter auf das Mitteldeck führen. Die Dame schlief schon halb, und Jon-Tom mußte seinen Begleiter knuffen, damit er etwas sagte, denn es hatte den Anschein, als sei Mudge völlig zufrieden gewesen, einfach nur dazustehen und zu starren, bis sie schließlich in Orangel anlegten.
    »Bernsteingesicht, bist du wach, Liebchen?«
    Sie öffnete die Augen und musterte sie beide schnell. »Hallo, Mudge.«
    Eine liebliche, verführerische Stimme, dachte Jon-Tom, eine, die sich so glatt um jeden Vokal kringelte, wie ein Otter sich um einen Fisch gekringelt hätte: damit spielend, ihn neckend, bevor sie ihn schließlich verschlang. Er war sich der abgrundtiefen schwarzen Augen bewußt, die ihn intensiv musterten. »Das muß der Freund sein, von dem du mir erzählt hast.« Halb drehte sie sich, halb sprang sie vom Liegestuhl, ein Bein ein letztes Mal abschüttelnd. Wassertröpfchen funkelten in der Luft.
    »Dann komm schon, großer Mann, beug dich vor und gib uns einen Kuß.« Unsicher blickte Jon-Tom seinen Gefährten an, nur um festzustellen, daß Mudge zurückgrinste.

Weitere Kostenlose Bücher