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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Ich habe ihn unter deinem Kopfkissen hervorgeholt und ihn in den Wagen bringen lassen.“
    Ihre Augen wurden schmal. „Du wusstest, dass ich ihn bei mir trug?“
    „Natürlich.“
    „Ich wollte dich damit erstechen.“
    Er nickte lächelnd.
    „Wenn du nicht sofort gehst, schreie ich.“
    „Das wird dir nichts nützen, mein Engel. Dies ist mein Haus. Niemand wird dir zu Hilfe kommen.“
    „Kein Wunder. Mrs Humber wird das zu verhindern wissen. Sie hasst mich.“
    „Sei nicht albern. Essie hasst niemanden.“
    „Mrs Humber schert mich einen Dreck. Ich will, dass du endlich gehst.“
    „Ich ließ die Kutsche warten, um uns fortzubringen“, sagte er.
    „Pah! Die Kutsche wartete auf dich . Du wolltest mich diesem lüsternen Pack überlassen und verschwinden.“
    Er leugnete nicht. „Weißt du, wieso ich meine Meinung geändert habe?“
    „Woher soll ich das wissen? Weil du dir eine noch abscheulichere Gemeinheit ausgedacht hast, die du mir und meiner Familie antun kannst?“
    Er erhob sich und trat ans Bett. Mit der Mittagssonne im Rücken warf seine Gestalt einen bedrohlich dunklen Schatten über Miranda. „Vielleicht hast du recht.“
    „Lass es mich wissen. Und bitte die Wahrheit – ausnahmsweise.“
    „Mein ursprünglicher Plan war es, deine Familie vor Kummer in den Wahnsinn zu treiben, indem ich dich heirate, dir jeden Kontakt zu deinen Verwandten verbiete und dich bis ans Ende deiner Tage mit meiner Missachtung und meiner Gleichgültigkeit strafe.“
    „Ich erhoffe mir nichts sehnlicher als deine Missachtung und Gleichgültigkeit“, entgegnete sie giftig.
    „Lass mich ausreden.“ Er hob abwehrend die Hand. „Und dann kam mir eine noch wirksamere Vergeltung in den Sinn. Was wäre, wenn ich dich glücklich mache, so glücklich, dass du nie wieder den Wunsch hast, mich zu verlassen? Dagegen wäre deine Familie völlig machtlos. Wenn ich dich misshandle, könnten die Rohans auf die Idee verfallen, eine Eingabe bei Gericht zu machen oder sich an die Krone wenden und um Beistand ersuchen. Wenn ich dich lieben würde, könnten sie nichts gegen mich unternehmen.“
    Sie starrte ihn fassungslos an. „Du hast den Verstand verloren.“
    „Ich fürchte, du hast tatsächlich recht“, sagte er und begann seinen Gehrock auszuziehen.
    Miranda saß da wie erstarrt. „Denkst du tatsächlich, ich bleibe still liegen und lasse mich von dir noch einmal anfassen?“
    „Im Gegenteil. Ich hoffe nicht, dass du still liegst. Ich wünsche mir vielmehr deine lebhafte Beteiligung.“ Seine Weste landete auf dem Fußboden.
    „Erwartest du etwa, dass ich dir ins Ankleidezimmer folge, damit du im Stockfinstern über mich herfallen kannst? Dein Wahnsinn scheint keine Grenzen zu kennen.“
    „Nur, wenn es um deine Person geht.“ Er setzte sich auf den Stuhl und zog seine Stiefel aus, einen nach dem anderen. Dann streifte er sich das Hemd über den Kopf. Und zum ersten Mal sah sie seinen nackten Oberkörper im hellen Sonnenlicht, das durch die Fenster fiel.
    Er war schön wie ein griechischer Gott. Muskulös und sehnig mit breiten Schultern, kraftvollen Armen und flachem Bauch. Dann drehte er sich bedächtig um, und sie starrte auf seinen breiten, völlig entstellten Rücken.
    Ein Laut des Entsetzens entfuhr ihr. Es schien ihr wie ein Wunder, dass ein Mensch solche Folter lebend überstanden hatte. Breite tiefe Narben verliefen kreuz und quer über seinen Rücken, manche sahen aus, als hätten die Verletzungen einst bis auf den Knochen gereicht. So grauenvolle Wunden konnten nicht von einer einmaligen Züchtigung stammen. Die Striemen mussten ihm über Jahre durch eine Peitsche mit Widerhaken zugefügt worden sein, vielleicht schon als Kind. Einige Narben waren breiter geworden, als sein Körper gewachsen war. Lucien wandte sich ihr wieder zu und präsentierte ihr seine vernarbte Gesichtshälfte, Narben, die bis unter den Haaransatz reichten.
    „Also, wer bin ich?“, fragte er gleichmütig. „Richard der Dritte oder der missgestaltete Caliban?“
    Sie wusste, dass sie weinte, um ihn weinte, um die Schmerzen, die er hatte ertragen müssen. Miranda, die früher nie eine Träne vergossen hatte, weinte haltlos.
    Und dann lächelte sie unter Tränen. „‚Oh schöne neue Welt, die solche Menschen trägt!‘“, zitierte sie Shakespeares Miranda aus Der Sturm . „Komm zu mir, Geliebter.“
    Und er gehorchte.
    Es war später Nachmittag, als sie voneinander abließen und ermattet eindösten. Er hatte auch diese Wette

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