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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Indianer leben. Nach dem Tod seines Vaters wuchs der jetzige Earl dort auf und kehrte erst vor wenigen Jahren nach England zurück. Und ich bin wegen meiner angegriffenen Gesundheit ja leider ans Haus gefesselt … Da der Earl sich nur selten in der Öffentlichkeit zeigt, ist es ein merkwürdiger Zufall, dass du ihm heute begegnet bist.“
    Miranda verdrängte das unheimliche Gefühl, das sie beschlich. „Würdest du ihn nicht auch gerne kennenlernen? Wir müssen nicht lange bleiben, wenn es dir nicht gefällt.“
    „Nein danke, meine schwache Gesundheit lässt das leider nicht zu!“, klagte Louisa. „Aber ich sehe keinen Grund, warum du die Einladung nicht annehmen solltest.“
    Miranda sah sie zweifelnd an. Obgleich beide Damen keineswegs mit dem neuesten Gesellschaftsklatsch vertraut waren, genoss der Skorpion einen Ruf, der sogar in ihre Abgeschiedenheit drang. Ein Ruf von Verworfenheit und Niedertracht. Aber die Welt war voller Lügen, übler Nachrede, Missgunst und Neid, das hatte er selbst gesagt.
    Im Übrigen hatte niemand in der Familie je eine Bemerkung über diesen Mann gemacht. Er konnte kein so furchtbar schlechter Mensch sein, da keiner ihrer Brüder sich je über den verruchten Lebenswandel des Earls geäußert oder ihre Schwester vor ihm gewarnt hatten.
    Sie wollte die Einladung annehmen. Wann war sie zum letzten Mal zu einer Soiree eingeladen worden? Diese Abendgesellschaft würde ihrem ohnehin ruinierten Ruf nicht mehr schaden.
    Nein, sie würde absagen. Eine Freundschaft mit Lucien de Malheur war gewiss keine gute Idee. Sie hatte keine Ahnung, warum man ihn Skorpion nannte. Allerdings sollte ihr der Name eine Warnung sein, andernfalls hätte Lucien de Malheur den Beinamen Musterknabe.
    Als am Mittwochabend gegen halb zehn der Türklopfer ertönte, stand Miranda festlich gekleidet im Salon. Ihre tugendhafte Schwägerin Annis hatte ihr vor einiger Zeit hilfreich geraten, nach ihrem gesellschaftlichen Debakel Halbtrauer zu tragen. Gedecktes Grau oder Braun, vielleicht auch Lavendel wären ihrer Situation angemessen, keine unschuldigen Pastellfarben, hatte Annis ihr empfohlen.
    „Sie hat keinen Grund, etwas zu betrauern“, hatte ihre Mutter energisch widersprochen. Und seitdem tat Miranda sich keinen Zwang an, all die prächtigen Farben zu tragen, die ihr zu Gesicht standen. An diesem Abend hatte sie ein moosgrünes Samtkleid gewählt und die passende Smaragdkette angelegt, als Lord und Lady Calvert angekündigt wurden.
    „Meine liebste Lady Miranda, welche Freude, Sie kennenzulernen!“, grüßte Lady Calvert sie, von einer Wolke französischen Parfums umweht. „Unser guter Lucien hatte die glorreiche Idee, es wäre Ihnen angenehm, wenn wir Sie zu seiner kleinen Soiree begleiten. Leider konnte er nicht persönlich kommen, da ihn seine Pflichten als Gastgeber zu sehr in Anspruch nehmen. Bitte verzeihen Sie unsere Verspätung. Aber ich konnte partout nichts Passendes für den heutigen Abend finden! Glauben Sie mir, wir werden uns köstlich amüsieren. Es ist ihm gelungen, Signor Tebaldi zu engagieren, den besten Tenor, den das Londoner Opernhaus seit Jahren verpflichten konnte. Und Mr Kean wird uns anschließend mit einer Lesung aus Shakespeares Werken erfreuen. Das dürfen Sie einfach nicht versäumen!“ Ihre aufgeregt helle Stimme überschlug sich beinahe, bevor sie endlich Atem holte. „Aber wie ich sehe, haben Sie gar nicht die Absicht, unserem Lucien eine Absage zu erteilen. Sie sehen himmlisch aus, meine Liebe. Neben Ihnen wirke ich beinahe wie ein Mauerblümchen.“
    Da Lady Calvert eine atemberaubende Schönheit war, zweifelte Miranda am Wahrheitsgehalt ihres Kompliments und erwiderte das Lob der Dame in aller Bescheidenheit. Es bedurfte keiner langen Überlegung, um Eugenia Calvert einzuordnen, eine Frau, die den ungeheuerlichen Schritt gewagt hatte, ihren ersten Mann zu verlassen und mit Sir Anthony Calvert durchzubrennen. Das Paar bewegte sich ebenso wie Miranda am Rande der Gesellschaft. Abgesehen von diesem Makel auf Lady Calverts weißer Weste, entstammte sie einer vornehmen Familie und genoss einen untadeligen Ruf.
    Darüber hinaus verfügte sie über ein gebieterisches Wesen. Ehe Miranda wusste, wie ihr geschah, saß sie in einer vornehmen Kutsche mit einer Wärmepfanne zu ihren Füßen und einer Pelzdecke über den Knien und wurde von Lady Calvert mit dem neuesten Gesellschaftsklatsch versorgt – vorwiegend auf Kosten der Herrschaften, von denen sie gemieden wurde. Sir

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